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Bator, Joanna

Bator, Joanna

Titel: Bator, Joanna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandberg
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die
Zungen miteinander verflochten, gesunken waren, hatte er keinen Zweifel, dass
er verloren war, denn dieses zerbrechliche Mädchen mit dem gefräßigen Mund und
den überraschend muskulösen Armen und Beinen umfasste ihn fest wie eine
Krabbe. Sie waren auf dem Heimweg vom Besuch einer Dorfschule, wo
unterernährte Kinder mit verrotzten Nasen und Augen, so schwer und träge, als
wären sie voll Wasser, die feuchten Pfötchen mit Trauerrändern in ihre Hände
schoben, um mit ihnen zu singen Ehre sei Gott, obwohl dieser nie Zeit hatte, bei ihnen in der kalten Schule
vorbeizuschauen, wo es von Schwindsucht- und Wundbranderregern wimmelte. Sie
blieben hinter den anderen zurück, er, Dominika und die in ihrem Futteral frierende
Gitarre, der Schnee knirschte unter ihren Füßen, die immer kleinere Schritte
machten, damit der Abstand zu den anderen vor ihnen größer wurde, bis diese
anderen schließlich hinter der nächsten Biegung des steil ansteigenden Pfads
verschwanden. Eigentlich tat er den ersten Schritt und nicht sie, aber sicher konnten
sie dessen nicht sein, denn beide hatten sie sich auf bisher unbekanntes
Gelände gewagt, auf dem Pfad eisglatt und abseits davon tief verschneit und
abschüssig, so wälzten sie sich in einem Gewirr fallender Handschuhe, Mützen
und Schals, im Takt mit einem entfesselten Himmel, der Purzelbäume schlug.
Während sie sich küssten, war der Himmel mal über, mal unter ihnen, er suchte
Dominika unter der wattierten Jacke, und als er die kleinen Brüste mit den
aufgerichteten Brustwarzen fand, entglitt sie ihm wieder, während sie immer
schneller den Abhang hinunterrutschten. Unten, wo Kaplan Adas' Gitarre als
Erste hingepoltert war, blieben sie im weichen Schnee liegen, Schnee rieselte
auch von den Fichtenzweigen, vielleicht hatte es auch wieder angefangen zu
schneien, und der Schnee verwischte die Spuren, verwehte ihre Flugbahn und
Dominikas rote Pudelmütze. Dominika dachte, dass sie nie zuvor einem Menschen
so nah gewesen ist. Der Himmel kehrte zurück an seinen Platz und erstarrte zu
einer Fläche aus schwarzem Glas; die Sterne sahen aus wie hineingebohrte Offnungen,
durch die Licht aus der besseren Seite des Universums fiel. Sie hielten sich
schweigend an der Hand und irrten sich, als sie dachten, dass dieser
vollkommene Augenblick etwas verhieß, denn er war ein einmaliges Geschenk, das
leicht zerbrach, wenn man die richtigen Lagerbedingungen nicht kannte. Auch
eine so leidenschaftliche Liebe wie ihre hat es im Januar schwer. Dominika
musste Pipi, und Kaplan Adas fühlte, wie sich sein Pullover und Hemd
verheddert hatten und dass der Frost ihn in den Rücken stach. Sie standen auf
und klopften sich gegenseitig den Schnee ab, verlegen, denn unter anderen
Umständen wäre es der lustige Schlussstrich unter ein paar Küsse gewesen, doch
bei ihnen war kein lustiger Schlussstrich vorgesehen. Die rote Pudelmütze, die
Oma Haiina der Enkelin für die Reise gestrickt hatte, blieb verschwunden. Ich
werde ihr sagen, dass der Herr Kaplan mir suchen geholfen hat, sagte Dominika,
denn in einer verbotenen Liebe ist es für die erste Lüge nie zu früh. Bis zum
Ende des Aufenthalts in den Bergen bewegten sich Dominika und Kaplan Adas auf
den Spuren ihres ersten Kusses, blieben zurück oder liefen voraus, um sich ein
paar Augenblicke zu zweit zu stehlen, sie schlichen sich über den knarrenden
Boden der Berghütte zwischen dem Schlafraum der Jungen und dem der Mädchen, um
sich im Niemandsland des Kaminzimmers zu küssen und an den Ohren zu lecken
und hineinzubeißen. Er wagte sich mit den Lippen nicht weiter als bis an ihre
aus dem schwarz gefärbten Büstenhalter befreiten Brustwarzen, die einen süßlich-salzigen
Nachgeschmack hatten. Wie Hostien, dachte Kaplan Adas unwillkürlich und ohne
Absicht, Gott sei sein Zeuge. Ganz genau genommen würde man in der Waagschale
ihrer Sünden auch noch ein paar feucht gewordene Schlüpfer von ihr und
Unterhosen von ihm finden. In Augenblicken der Leidenschaft sagte er zu Dominika
mein Pfirsich, Rehkitz, Liebste und verzeih, und sie sagre liebster Adas, ich
verzeih dir, Geliebter, und vor anderen weiterhin - bitte, Herr Kaplan, in
schafsköpfiger Blindheit für die Tatsache, dass ihre Stimme von Pfirsichsaft
triefte und die ihm entgegeneilenden Blicke wie ein Tornado alles andere in
ihrer Bahn platt walzten.
    Pass ein
bisschen auf! sagte Malgosia zu Dominika, denn sie gehörte zu den Frauen, die
einen Menschen sogar dann schützen wollen, wenn er vor

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