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Bator, Joanna

Bator, Joanna

Titel: Bator, Joanna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandberg
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den
glänzenden Augen wie frisch aus der Schale geplatzte Kastanien bestanden
darauf, dass der Kuss, dessen Zeugen sie geworden waren, sündig und in jeder
Hinsicht pervers gewesen war. Er blickte auf seine Tochter, prall in ihren
Levis-Jeans, mit schaukelndem Busen ohne Büstenhalter in einem T-Shirt mit dem
Bild einer Georgia O'Keeffe und bedauerte zum Tausendsten Mal, dass dieses Geschöpf, dem man seit früher Kindheit sagte, dass es dem
Vater glich wie gespuckt, kein Sohn war. Ja, man konnte mit ihr Skilaufen gehen
und sogar Ringkämpfchen machen, aber trotzdem. Er hoffte so sehr, dass sie
Medizin studieren und seine Praxis übernehmen würde, obwohl eine Frau und
Gynäkologie nicht richtig zusammenpassten. Malgosia nahm von dem großzügigen
Doktor Lipka immer mehr, denn wenn er sonst nichts zu geben hatte, konnte sie
ihrer Meinung nach dieses Geld besser nutzen als er mit seiner Vorliebe für
kackfarbene Ledermöbel und Landschaften in güldenen Gipsrahmen. Das Geld, das
ihr Vater für Ausschabungen und Ätzungen bekam, gab sie für Bücher und
Bildbände aus, die sie in Antiquariaten aufstöberte, und für Theaterbesuche in
Breslau, wo sie ihre erste Geliebte kennenlernte, die magere, nervöse
Polonistin Iza mit dem hennaroten Haar, woran man damals die Studentinnen der
Geisteswissenschaften erkennen konnte. Je mehr sie für Toilettenwasser - das
gut ein Viertel eines durchschnittlichen Monatsgehalt kostete — und Abendessen
im Hotel Wroclaw ausgab, desto mehr hungerte sie nach Gefühl, wie sie es in
Izas Bett nicht fand, wo sie jeden zweiten Sonntag verbrachte und sich ihre
schlechten Gedichte und gespielten Orgasmen anhörte. In Dominika sah sie die
Erfüllung all ihrer Sehnsüchte, die sie immer schon gehabt hatte, und träumte
davon, sich in diesem Geruch nach feuchten Fichtennadeln zu wälzen wie ein
Fohlen, das Gesicht hineinzutauchen, ihn von den Fingern zu lecken, und dann
würden sie Watbrzych verlassen, irgendwohin fahren, wo es immer warm und hell
war. Sie stellte sich vor, wie sie in einem Kabrio sitzen würden, das über die
Straße sauste wie in amerikanischen Filmen, durch eine hitzeflimmernde
ziegelrote Wüste. Dominika würde eine Sonnenbrille tragen, und sie würde
fahren, mit einer Hand am Steuerrad.
    Leider hatte
sich Dominika in Kaplan Adas verliebt, und diese Gefühle waren nach der
Rückkehr von den Bieszczaden nach Walbrzych nicht vorüber. Die beiden trafen
sich heimlich nach den Zusammenkünften der Katholischen Jugend, trennten sich
und kamen nach zwei Tagen wieder zusammen, die Lippen rissig von Fieber und
Schlaflosigkeit, um sich am Grab der zu Staub und Erde gewordenen Paulinka zu
küssen und zu schwören, dass dieses Mal wirklich das letzte Mal sei. Für
Dominika wurde Kaplan Adas all das, was eine erste Liebe sein kann oder sogar
sein sollte, er fügte sich geradezu ideal in den Platz der verlorenen
Zwillingsschwester, des versagenden Vaters und der Mutter, die, wie viele
Mütter, gleichzeitig zu viel und zu wenig liebte. Jedes Buch, das sie las,
handelte von ihnen beiden, obwohl sie für unmöglich hielt, dass überhaupt
schon jemand so etwas erlebt hatte. Höchstens Stachura. Woher kam am Rand des Todes dieses Wunder lebendig und wahr hier zwischen
leeren, toten Zeilen II Hier, wo nichts als grauer Staub lag II Die weiße Lokomotive. Dieses Gedicht hängte sich Dominika über den Schreibtisch, und Jadzia
wunderte sich. Weiße Lokomotive? Mädelchen, jetzt bist du aber vollends
übergeschnappt. Kaplan Adas, zehn Jahre älter als Dominika und über diese Liebe
zehnmal erschrockener als sie, bewegte sich langsam, aber sicher von seiner
Sicht Dominikas als Geschenk Gottes weg zu dem Glauben, dass sie die Probe war,
auf die Gott ihn stellte und die er wegen seiner fleischlichen Gelüste nicht
bestand. So bezeichnete er in Gedanken sein sexuelles Verlangen, das ihm den
Schlaf raubte, woher sollte er auch andere Worte finden. Wahrlich, wahrlich
furchtbar schüttelte ihn die Lust. Das Problem einer mangelnden Lokalität, das
vielen Paaren auf Piaskowa Göra vertraut war, wurde im Fall von Dominika und
Kaplan Adas besonders schmerzlich. Die Kommunikation war auch schwierig. Die
Eheleute Chmura hatten nie ein Telefon zugeteilt bekommen, obwohl Stefan gleich
nach ihrem Einzug im Babel einen entsprechenden Brief geschrieben hatte. Nach
seinem Tod sah Jadzia ein, dass nichts zu machen war, Schmiergeld würde sie
keines geben, und ohne dieses würde man wohl eher Rost ansetzen als eine

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