Bator, Joanna
Kaffee
spucken, er wird selbst über solche Menschen richten und manchmal wird er
ihnen sogar vergeben. Nein, erklärte er Frau Pasiak, die sich im Beichtstuhl
natürlich nicht namentlich vorgestellt hatte, nur anfing, ganz grundsätzlich
und anonym mit Gelobt sei Jesus Christus, aber in so einer Gemeinde weiß man ja
schnell, wer wer ist, insbesondere, wenn die betreffende Person jede Woche
beichtet, allerdings nicht ihre eigenen Sünden. Nein, sie darf ihrem Mann
nicht erlauben, dass er die erwachsene Tochter ins Gesicht schlägt, nein, Gott
erwartet nicht, dass er sie auf andere Körperteile schlägt, und er hat sie
auch gezwungen, auf trockenen Erbsen zu knien mit dem Gesicht zur Wand und
hochgereckten Armen. In seinem besänftigenden und doch Respekt gebietenden
Flüstern, das die Gläubigen so liebten, erklärte er, dass Herr Sledz keine
deutschen Pornohefte angucken sollte, und er konnte nichts dagegen tun, dass
jede Fleischessünde, die er sich anhörte, sogar die ganz öden und ohne jedes
Erzähltalent vollkommen schmucklos vorgetragenen, in ihm die Lust weckten,
sofort Dominika zu erkennen, und seine erbaulichen Ermahnungen waren von einer
Erektion begleitet. Unbefleckt und verführerisch, kindlich und fraulich, fremd
und so vertraut weckte sie in Kaplan Adas das ihm doch nicht ganz ausgebleute
Verlangen nach Zärtlichkeit. Nichts bedeutete ihm die Soutane mit ihrem Geruch
nach Mottenpulver und Grüner-Apfel-Seife, die er immer rechtzeitig zusammen mit
Eingemachtem von seiner liebenden Mutter Leokadia erhielt. Ihn quälte die Sehnsucht
nach Dominikas jungem Madonnengesicht, den vorstehenden Schlüsselbeinknochen,
den kleinen Brüsten, den dünnen langen Beinen in Armeestiefeln unter dem roten
Kleid. Gottseibeimir! Er fuhr sein Moped schneller als sonst, doch kein
Fahrtwind konnte seinen glühenden Kopf mehr kühlen, Funken stoben unter den
Reifen auf, die Soutane stand in Flammen, denn nach dem letzten Treffen der
Jugendgruppe war Dominika erst mit den anderen hinausgegangen, aber dann
wieder hereingekommen und hatte ihm einen Kuss gegeben. Ja, das hatte sie
getan, sie hatte ihm Siekierezada von Stachura gegeben, mit einer Widmung »von Dominika«, beredt in ihrer
Schlichtheit, was allerdings nicht Absicht war, sondern daran lag, dass ihr
die Worte fehlten, sie war nie redselig gewesen. Sie hatte herausbekommen,
dass an diesem Tag sein Geburtstag war, und schenkte ihm das Buch, sie küsste
ihn auf die Wange und verschwand in einem roten Hauch, und als er zur Tür ging,
sah er nur doch den in dem Novemberabend verschwimmenden Umriss des Mädchens,
ein Tropfen Licht in einem Meer aus Grau. Am selben Abend noch komponierte er
ein Lied mit diesem Titel und sang es so lange, bis Hochwürden Postronek ihm
sagte, er solle jetzt Schluss machen und schlafen gehen. Wenn er die Kraft
hätte, wenn er nur die Kraft hätte, dachte Kaplan Adas, wohlwissend, dass er
sie nicht hatte, dann würde er den Winterausflug in die Bieszczaden mit der
Gymnasiastengruppe der Katholischen Jugend absagen. Ach, die Bieszczaden,
seine liebsten Berge, wo er immer das Gefühl hatte, seine Berufung sei ein
Paar Flügel und nicht das Kreuz. Wie jedes Jahr wollte er auch diesmal mit der
Jugend in einer gipfelstürmenden Mission wandern, beten und singen. Nicht nur
für sich und die Musen, sondern vor allem für die jungen und alten Anwohner in
den vermieften Katechetensälchen und kaltblauen Schulen, wo es zwischen
November und März keine anderen Attraktionen gab als den Nikolaus, der
unerwünschte Brettspiele und steinharte Bonbons verteilte. In diesem Jahr war
Dominika in der Jugendgruppe, und Kaplan Adas spürte trotz des Frostes ein
Feuer, in dessen Flammen seine Willenskraft dahinschmolz wie Wachs. Seine Soutane
war mit Feuer gefüttert, mit Feuer war sein Flanellschlafanzug überzogen,
seine Blöße strömte eine Hitze aus wie alle brodelnden Geysire Islands. An dem
Januardienstag der Abfahrt sah er Dominika auf dem Bahnhof Walbrzych Stadt. In
denselben Armeestiefeln wie immer, in demselben roten Kleid wie immer, unter
dem sie aber vorsichtshalber Jeans trug, und mit derselben Malgosia Lipka wie
immer. Dominika lächelte ihn an, und einen in seiner ketzerischen Schönheit
idealen Moment lang dachte Kaplan Adas, das Feuer, das ihn verzehrte und
bewirkte, dass er sang und glaubte wie nie zuvor, sei himmlischen und nicht
höllischen Ursprungs.
Als Kaplan Adas
Dominika zum ersten Mal küsste, unter einem verschneiten Baum, wohin sie,
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