BattleTech 02: Gray Death Trilogie 2 - Der Söldnerstern
nicht«, erklärte Tor. Er stand mit Grayson im von Kabelsträngen durchzogenen Zentralkorridor, der parallel zur Längsachse der Ärgernis verlief. Ein kurzes Stück vor ihnen lagen die Schleusen, die durch die Dockringe des Sprungschiffs zu ihren beiden Reitern führten. Deimos und Phobos waren kommerzielle Systemtransporter, die in Design und Kapazität den militärischen Standardlandungsschiffen der Union-Klasse ähnelten, die von allen Nachfolgerstaaten eingesetzt wurden. Sie waren jedoch nur leicht bestückt. Die Geschütze waren am ungepanzerten Rumpf montiert, so daß die Deimos und die Phobos weniger gut geschützt waren als die militärischen Landungsschiffe, denen sie äußerlich glichen.
Mit Spritzsystemen, die an Schwerelosigkeit und Vakuum angepaßt waren, hatten sie auf dem Flug von Galatea zum dortigen Sprungpunkt die Dracheninsignien des Kombinats, einen neuen Namen und eine neue Kennziffer auf den Rumpf der Phobos gemalt. Die Arbeiten waren in fiebriger Eile durchgeführt worden, und niemand in Graysons Stab wagte vorherzusagen, wie erfolgreich ihr Täuschungsmanöver sein würde. Jedes Landungsschiff, das sich einem Planeten näherte, wurde von Computerortung und Transpondersendungen identifiziert, lange bevor patrouillierende Jäger nahe genug herankommen konnten, um ein verdächtiges Schiff in Augenschein zu nehmen. Eine Überprüfung während des Fluges jedoch konnte leicht ernste Folgen nach sich ziehen. Vor ihrem Abflug von Galatea hatte Grayson lange nachgedacht, ob sie eine bessere Landungsschiffbewaffnung brauchten, aber sie hatten dafür kein Geld mehr zur Verfügung gehabt. Auf Grund ihrer erschöpften Geldreserven lag die gesamte Zukunft Graysons und seiner Männer auf Verthandi.
Aber zuerst mußten sie durch die Kombinationsblockade.
»Ich müßte lügen, wollte ich sagen, daß es mir gefällt«, erwiderte Grayson, »aber wenn wir an den Dracos vorbeikommen, sollten wir erst einmal in Sicherheit sein.«
»Sie werden Patrouillen unterwegs haben.«
»Und wir werden wie ein Kurita-Schiff der UnionKlasse aussehen. Sie werden uns zwar nicht erwarten, aber wahrscheinlich schieben sie das auf ungenaue Zeitpläne. Außerdem bezweifle ich, daß sie einen Einbruch erwarten.«
Tor blickte eher zweifelnd drein. »Ich komme wieder. Ihr habt die Funkgeräte?«
»Alles sicher verstaut. Wir schicken genau 900 Standardstunden nach der Landung einen Codeimpuls. Mach dir keine Sorgen.«
»Mach dir keine Sorgen. Das sagst du so einfach in deinem jugendlichen Leichtsinn. Na gut, in genau 980 Stunden ist die Ärgernis wieder hier. Dann kannst du mir mitteilen, was ihr braucht — oder mich hier treffen, wenn ihr fliehen müßt.« Der Ausdruck in Tors Augen zeigte, was sie beide nur zu gut wußten. Wenn die Legion das System verlassen mußte, war nicht damit zu rechnen, daß sie sich dabei an irgendeinen vorgegebenen Zeitplan halten konnten.
Sie drückten sich noch einmal die Hände, dann kletterte Grayson durch den Dockring an Bord der Phobos. Die Luken schlössen sich mit dem charakteristischen Zischen der Druckversiegelung, während die Bordlautsprecher der Ärgernis die Startfreigabe bekanntgaben. Druckluft brach lautlos ins All, die Dockklammern schwangen zur Seite, und die Phobos fiel mit einer Geschwindigkeit von drei Metern pro Sekunde von der langgestreckten Nadel des Sprungschiffs. Sobald das Landungsschiff weit genug von der Ärgernis und ihrem empfindlichen, sich immer noch entfaltenden Sprungsegel entfernt war, richteten die Korrekturdüsen die Phobos auf den Lichtfleck Verthandi aus. Ihre Haupttriebwerke flammten auf, und sie stürzte mit stetig wachsender Geschwindigkeit auf ihr Ziel zu. Hinter ihr, an Bord der Ärgernis, hatte der Aufbau der zum Sprung in den interstellaren Raum erforderlichen Energie bereits wieder eingesetzt. Kapitän Tor wartete fast drei Stunden, dann teilte er den wartenden Dracos per Funk mit, daß die Phobos vom Zenitsprungpunkt des Systems aus zu ihnen unterwegs war.
Das traurige Schluchzen der als Chirimsims bezeichneten Ornithoiden schallte über die offene Steppe des Azurgrashochlands bis in die Universitätsgärten. Es war sogar laut genug, die Verkehrsgeräusche des viel näheren Regis zu übertönen. Von den oberen Turmstockwerken des Verwaltungskomplexes war der Dschungel als fleckige, schwarzgraue Linie vor dem grünstichigen nördlichen Firmament zu erkennen. Generalgouverneur Masayoshi Nagurno nippte an seinem Drink und runzelte die Stirn.
»Amnestie.«
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