BattleTech 05: Warrior 1 - En Garde

Draconis-Kombinats wurde, weil etwas ganz und gar Japanisches dem Koordinator das Leben gerettet hatte.
    Ishiyama lächelte, als er die Kelle auf den Boden stellte. Urizen blieb Koordinator, bis er mit 101 Jahren zurücktrat und sich hierher nach Echo zurückzog. Er gründete dieses Kloster und leitete es unter dem Titel eines Kolonialgouverneurs — nichts Geringeres konnte ihm angemessen sein — bis zu seinem Tode. Wie passend, diese Kelle hier und heute zu gebrauchen.
    Vorsichtig wickelte Ishiyama die himmelblaue Teeschale aus und stellte sie auf den Tisch. Den Bambuslöffel und den Besen legte er daneben. Dann griff er wieder in den ersten Koffer und holte die schwarzlackierte hölzerne Teedose heraus, die er ehrfürchtig an seinem Ende des Tisches absetzte. Es war ein wundervolles Stück, dessen Korpus und Deckel von einem gewundenen Drachen in Rot und Gold bedeckt waren. Ishiyama wußte, daß diese Dose schon bei der Mahlzeit verwendet worden war, bei der Koordinator Takashi Kurita zum erstenmal seine spätere Gattin, die wunderschöne Jasmin, zu Gesicht bekam. Der Standort der Dose war zwar weitgehend von praktischen Gesichtspunkten bestimmt, würde es Ishiyamas Gast jedoch gestatten, sie eingehend zu betrachten.
    Schließlich hob Ishiyama noch den persönlichen Wassertopf des Koordinators aus dem Koffer. Die einfache Schale war in keiner Weise so prächtig wie die übrigen Objekte in diesem Raum, aber ihre eher grobe Konstruktion gab Anlaß zu wilden Spekulationen über ihren Ursprung. Ishiyama bevorzugte eine der populäreren Erklärungen, nach der die Kanne vom Koordinator selbst aus der Panzerung des ersten von ihm abgeschossenen Mechs gefertigt worden war, oder aber, daß sie alles war, was ihm von seinem ersten Mech geblieben war. Schon bei der bloßen Berührung fuhr ein Schaudern durch seinen Körper. Er gestattete sich den Tagtraum, einem jungen Takashi Kurita dabei zuzusehen, wie er den Topf in Form hämmerte, um Wasser erhitzen und Tee trinken zu können, während um ihn herum der Krieg tobte.
    Ishiyama lief ein neuerlicher kalter Schauer über den Rücken, als er daran dachte, daß Yorinaga-ji möglicherweise dabei gewesen war, als der Koordinator den Topf formte. Bis zum Zeitpunkt seiner Schande war Yorinaga-ji Bataillonskommandeur im 2. Schwert des Lichts des Koordinators gewesen. Manche Stimmen bringen ihn sogar in Verbindung mit dem Tod Prinz lan Davions! Ishiyama schüttelte den Kopf. Wie konnte jemand von seiner Tapferkeit solche Schande über sich bringen?
    Ishiyama nahm die Kelle in die rechte Hand und den Topf in die linke. Er näherte sich der Urnengrube, in welcher der Porzellankrug mit Wasser verborgen war. Er setzte den Wassertopf zwischen die Knie und neigte eine Seite bis zum Boden. Dann öffnete er den Krug und senkte die Kelle ins Wasser. Gemächlich ließ er ein volles Maß Wasser in den Topf fließen und drehte ihn dabei vorsichtig, um die Innenseite abzuwaschen. Obwohl sich keine Ablagerungen oder Schmutzteilchen im Wasser zeigten, schüttete Ishiyama es in die Grube und füllte den Topf mit drei frischen Kellen Wasser.
    Ishiyama setzte den Deckel wieder auf den Wasserkrug und stellte die Kelle zurück auf seine schmucklose Tatami. Dann hob er den Wassertopf auf die Messingurne, als böte er unsichtbaren Göttern ein Opfer an. Mit seinen Vorbereitungen zufrieden, ließ sich Ishiyama wieder auf die Fersen sinken und genoß erneut den Frieden des Hauses.
    Nach einer kurzen Erholungspause ging er wieder zurück zu den lackierten Koffern. Vorsichtig faltete er Mantel und Stiefel und legte sie sorgfältig in den nun leeren Koffer. Nachdem er ihn geschlossen hatte, schob Ishiyama den Koffer gerade so weit beiseite, daß er noch zu sehen war. Sein Gast würde ihn bemerken und sich sicherlich fragen, welche Geheimnisse er enthielt.

16
    Echo V
Militärdistrikt Pesht, Draconis-Kombinat
     
    1. Januar 3027
    Jiro Ishiyama, Teemeister des Cha-no-yu, öffnete den zweiten Koffer und holte einen kleinen Gong mit dazugehörigem Hammer heraus. Nachdem er beides an seinen Platz am Tisch getragen hatte, stellte er den Gong so auf, daß sein Körper ihn vor den Blicken des Gastes abschirmte. Ishiyama kehrte zum Koffer zurück, legte seinen Kimono ab und zog den schwarzen Kimono an, der wie ein gefrorener Schatten auf dem Boden des Koffers lag. Danach zog er eine schwarze Kapuze mit einem Maschenvisier heraus, die sein Gesicht verdeckte und ihm trotzdem gestattete, alles zu sehen, was er sehen