BattleTech 05: Warrior 1 - En Garde
erfüllten. Nach dem fünften Schlag legte Ishiyama den Hammer zurück, neigte den Kopf und wartete.
Langsam, wie es ihrem hohen Alter entsprach, öffnete sich die Tür. Selbst durch das Visier seiner Kapuze erkannte Ishiyama das Gesicht seines Gastes. Die funkelnden schwarzen Augen und die lange, schmale Nase verliehen Yorinaga-ji ein nobles Aussehen, für das viele Menschen alles gegeben hätten. Aber das Exil war diesem Mann nicht gnädig gewesen, wie Ishiyama an den tiefen Falten um Yorinaga-jis Augen erkennen konnte.
Yorinaga-ji bewegte sich mit der geschmeidigen Eleganz eines erstklassigen MechKriegers, als er in der Teekammer in die Hocke ging und die Tür zuschob. Er drehte sich langsam um, aber Ishiyama wußte, daß Yorinaga-ji trotz der respektvollen Neigung seines Kopfes die Kammer studierte wie ein Feldkommandant das Schlachtfeld. Ishiyama hatte eine Reaktion seines Besuchers auf die rote Matte auf der anderen Seite des Tisches erwartet, aber Yorinaga-ji ließ mit keiner Miene erkennen, daß er sie bemerkt hatte.
Der MechKrieger-Mönch kam an seinen Platz und kniete sich auf die rosenfarbene Tatami. Er warf keinen Blick in Ishiyamas Richtung. Statt dessen verneigte er sich tief vor dem leeren Platz des Koordinators und behielt diese Haltung länger bei, als es die meisten Menschen ausgehalten hätten. Dann richtete er sich langsam wieder auf.
Ishiyama wurde von dem Mon, das Yorinaga-jis Kimono auf Brust, Ärmeln und Rücken zierte, so abgelenkt, daß er zögerte und beinahe die ganze Cha-no-yu verdarb. Das Mon zeigte einen wilden gelben Vogel, der sich im Auge eines Drachen spiegelte. Das Bild entsprach der ersten Zeile in Yorinaga-jis Haiku und war das Abbild seiner Schande. Der Gelbe Vogel war der einzige Feind des Drachen, das wußte jeder Draconier. Und Yorinaga-ji hatte auf die Gelegenheit verzichtet, den Gelben Vogel zu töten, als er ihn sah.
Ishiyama rettete die Zeremonie, indem er sich tief vor dem Platz des Koordinators verbeugte und noch länger in dieser Stellung verharrte als Yorinaga-ji. Dann verbeugte er sich fast ebenso lange vor Yorinaga-ji.
»Der Koordinator sagt komban wa, Kurita Yorinaga-ji.« Hinter der Maske war Ishiyamas Stimme kaum mehr als ein Flüstern; sie klang beinahe wie ein Echo der Worte des abwesenden Koordinators.
Yorinaga-ji verbeugte sich, gab jedoch keine Antwort. Ishiyama hob die blaue Teeschale auf den Lacktisch. Mit Urizens Kelle schöpfte er dampfendes Wasser aus dem Topf. Dabei bewegte er die Kelle so langsam, daß sich der Dampf zu einem weißen Vorhang zwischen Urne und Tisch verdichtete. Mit drei geschmeidigen Bewegungen füllte er die Schale mit Wasser, und jede seiner Bewegungen ließ eine neue Dampf wölke entstehen.
Als der Dampf sich auflöste, flüsterte Ishiyama: »Der Koordinator sagt, er möchte sich dafür entschuldigen, daß er Eure alljährliche Bitte, Seppuku begehen zu dürfen, nicht beantwortet hat. Er gesteht ein, daß seine eigene Schwäche ihn davon abhielt, ein Leben ohne Euch in Betracht zu ziehen. Er sagt, er hat nie geantwortet, da er Eure Bitte nur hätte ablehnen können, und diese Ablehnung hätte Euch Schmerz bereitet.«
Wieder senkte Yorinaga-ji stumm sein Haupt in Richtung des unsichtbaren Koordinators. Er schenkte dem Mann, der als Stellvertreter des Koordinators agierte, keine bewußte Aufmerksamkeit, da er nicht existierte, solange er das schwarze Gewand trug. Und doch war die Kunstfertigkeit des Teemeisters, als er zerstampfte Teeblätter ins Wasser streute und mit einer geschickten und leichten Bewegung des Besens mischte, so groß, daß Yorinaga-ji sich unwillkürlich für den Bruchteil eines Augenblickes entspannte.
Ishiyama, dessen Sinne während der Cha-no-yu fast übernatürlich empfindlich waren, spürte Yorinaga-jis momentane Entspannung, und sein Herz hüpfte. Aber er hatte sich augenblicklich wieder unter Kontrolle und legte den Besen zurück auf die Tafel. Er nahm die Teeschale in beide Hände, ignorierte die Hitze, die von ihr ausging, und stellte sie vor den Platz des Koordinators.
»Der Koordinator sagt, daß er eine Möglichkeit gefunden hat, Euch die Befreiung zu gewähren, nach der Ihr verlangt. Zugleich will er Euch gestatten, Eure Pflicht ihm gegenüber zu erfüllen und sich damit den Kummer Eures Todes zu ersparen.« Ishiyama griff nach der Teeschale, drehte sie langsam und präzise um 180 Grad und hob sie über den Tisch. Ohne einen Laut und ohne die Oberfläche des Tees in Bewegung zu bringen, setzte
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