BattleTech 11: Blut der Kerensky 2 - Blutiges Vermächtnis
der Konföderation zu leiten, würde ich ihm abraten. Wenn ich nie mehr von Kämpfen zwischen unseren Reichen höre, werde ich glücklich sterben können.«
Ohne den Overall seines Vetters loszulassen, stand Kai auf und zerrte Sun-Tzu auf die Füße. »Du übernimmst die erste Wache.«
Sun-Tzu stolperte zurück, sagte aber nichts, als Kai ihn freigab. In Kais Ohren pochte das Blut. Er drehte sich um und verließ den Steinkreis, der das Lager umgab. Er wanderte um einen kleinen Hügel, außer Sicht der anderen. Dann setzte er sich auf einen Stein und legte die Arme um seinen Körper.
Wie konnte ich nur so dumm sein? Er wußte, daß es keine Lösung war, Sun-Tzu zu verprügeln. Wahrscheinlich würde es keine vierundzwanzig Stunden dauern, bis der Fürstenrat ihn erneut vorlud und eine Rechtfertigung für sein Verhalten forderte. Kais Wangen glühten, als er sich das Mißfallen seiner Eltern vorstellte.
Hinter sich hörte er den Kies unter Stiefel schritten knirschen. Er wußte sofort, daß es nicht Sun-Tzu sein konnte. Das Knirschen war nicht laut genug. »Schon gut, Zandra. Ich bin okay.«
»Verzeihen Sie, Lieutenant Allard«, sagte Hohiro. »Ich wollte nicht stören.«
Kai drehte sich langsam um. Trotz des Halbmonds und der zwölf kleineren Satelliten verschiedener Farben, die über ihnen am Himmel standen, konnte er nicht mehr als die Umrisse des Draconiers erkennen. »Du störst nicht, Hohiro. Ich bin es, der sich bei allen für sein Verhalten entschuldigen sollte, und ich kann gerne bei dir den Anfang machen. Es tut mir leid, daß du Zeuge geworden bist, wie ich ...«
»Die Beherrschung verloren hast?« Hohiro schüttelte den Kopf. »Keine Entschuldigung vonnöten, Kai. Ich bin gekommen, um dir zu sagen, wie sehr ich deine Selbstbeherrschung bewundere. Ich an deiner Stelle hätte ihm das letzte bißchen Verstand aus dem Schädel geprügelt.«
»Genau das ist das Problem. Sun-Tzu hat auch kein bißchen Verstand mehr. Ihn zu verprügeln, würde für ihn nur das bestätigen, was er sein ganzes Leben gekannt hat. Und so sehr du auch finden magst, daß ich mich beherrscht habe, es muß eine andere Möglichkeit geben.«
Der Kurita-Prinz lehnte sich gegen einen schwarzen Findling. »Es gibt Momente, in denen Gewalt die einzige Lösung ist.«
»Hohiro, wir sind beide Krieger. Wir haben keine Probleme damit, Gewalt als Lösung für Schwierigkeiten anzuwenden, und ich muß zugeben, daß sie gelegentlich der einzige Ausweg zu sein scheint.« Das Bild von unter Steinmassen begrabenen Clanmechs trat vor sein inneres Auge. »Aber Sun-Tzu umzubringen, ist keine realistische Option, und ihn zu prügeln, vertieft nur noch seine Angst.«
»Seine Angst?« Hohiro kratzte sich die Bartstoppeln. »Ich habe in ihm noch nie etwas anderes als Haß gesehen.«
Kai verschränkte die Hände im Nacken und preßte die Unterarme gegen den Kopf. »Sie ist da, glaub es mir. Ich sah sie in seinen Augen, bevor er mich erwischte. Überleg doch mal. Er ist in einem einzigen Alptraum aufgewachsen. Er hat gelernt, mich zu hassen und zu fürchten, wie Romano meine Mutter haßt und fürchtet. Er war kaum fünf, als sein Großvater angeblich Selbstmord beging, also ist er mit den Gerüchten groß geworden, daß seine Mutter ihn ermorden ließ. So sehr er Romano liebt, irgendwie muß er das liebende Antlitz, das sie ihm zeigt, mit der dämonischen Fratze versöhnen, die sie anderen gegenüber zur Schau stellt. Mit derselben Spontaneität, mit der sie ihm aus heiterem Himmel ein Geschenk macht, kann sie den Tod Tausender befehlen. Sie hat die Folter als Test der Loyalität institutionalisiert, und so sehr er es auch bestreiten mag, er muß Angst davor haben, daß sie eines Tages von ihm verlangt, seine Loyalität auf diese Art zu Leweisen.« Kai schluckte schwer. »Irgendwie hat er in diesem Irrenhaus überlebt. Er hat lange und hart daran gearbeitet, seine Mutter zu beruhigen und ihre mörderischen Wutausbrüche zu lindern. Er hat darum gekämpft, ein Reich zusammenzuhalten, das seine Mutter mit Leichtigkeit zerfetzen könnte, und wofür? Er schaut auf den St.-Ives-Pakt und das Vereinigte Commonwealth und weiß, daß wir die Capellaner jederzeit überwältigen könnten. Er weiß, daß seine Truppen uns nicht einmal bremsen könnten. Die einzige Methode, uns zahlen zu lassen, bestünde darin, sein Volk in einen selbstmörderischen Blutrausch zu hetzen, der alles vernichten würde, um dessen Bestand er sich bemüht hat.«
»Aber du hast ihm gesagt, daß du
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