BattleTech 14: Jade Phoenix-Trilogie II - Blutrecht
stinkenden Eßwaren, in ihre Nase stieg, wurde ihr ihre Lage abrupt klar. Jemand lag auf ihr, die Brust auf ihrem Gesicht, den Kopf etwas oberhalb des ihren. Es preßte noch etwas anderes gegen ihren Körper, aber sie wußte nicht, was. Im Augenblick war es egal. Zumindest hatte sie schon einmal etwas herausgefunden.
Dann folgte eine neue Explosion, aber diesmal erkannte sie, daß es in Wirklichkeit ein Stöhnen war. Der Körper bewegte sich, wich etwas zur Seite, schuf eine Öffnung, und Luft strömte über Joannas Gesicht. Das Tuch, das sie erstickt hatte, mußte sich mitbewegt haben. Sie atmete hastig mehrmals tief ein und versuchte, soviel Sauerstoff wie möglich in ihre Lungen zu ziehen, für den Fall, daß die Luftzufuhr wieder abgeschnitten wurde.
Der Körper bewegte sich erneut, und ihre rechte Hand kam frei. Sie griff nach oben hinter sich, und die Schultermuskeln schienen vor Schmerz bersten zu wollen. Ihre Fingerspitzen berührten Haut, suchten, strichen an etwas vorbei, das sich nach einem Wangenknochen anfühlte, fanden in der anderen Richtung etwas Haar und ein Ohr. Durch eine unnatürliche Verrenkung der Hand, die das Gelenk schmerzen ließ, konnte sie das Ohr packen und leicht daran ziehen. Der Kopf bewegte sich und verringerte den Druck auf Joannas Kopf. Jetzt war der Winkel noch ungünstiger. Ihre Schulter pulsierte vor Schmerzen, das Handgelenk drohte zu brechen, aber sie schaffte es, ein Haarbüschel zu packen und den fremden Kopf irgendwie auf ihre schmerzende Schulter zu ziehen.
Sie hob ihren Kopf vom Boden, vielleicht ein, zwei Zentimeter. Ihre Nackenmuskeln wetteiferten mit Schulter und Handgelenk darum, wer mehr Schmerzwellen durch den gepeinigten Körper schicken konnte. Es gelang ihr nicht, das andere Auge zu öffnen, aber das war ohne Bedeutung. Sie konnte ohnehin nichts erkennen. Es schien Nacht zu sein, jedenfalls war es stockfinster.
Mit der frischeren Luft drang Brandgeruch an ihre Nase. Irgend etwas ganz in der Nähe hatte gebrannt. Aber das Feuer mußte inzwischen erloschen sein, denn es gab kein Licht.
Sie blinzelte mehrmals, aber die Sichtverhältnisse änderten sich nicht. Joanna senkte den Kopf, um die Schmerzen zu lindern, und überdachte ihre Lage.
Was sie auch versuchte, sie konnte den Körper nicht bewegen. Ihren rechten Arm, der vor Schmerz schier in Flammen zu stehen schien, konnte sie zwar bewegen, aber viel brachte das nicht. Sie konnte ihn dazu benutzen, den Körper, der auf ihr lag, etwas weiter zur Seite zu schieben, aber dazu mußte sie erst ein paar Minuten warten, bis die Schmerzen zumindest etwas nachließen.
Aber mit welchen sonstigen körperlichen Unzulänglichkeiten sie auch zu kämpfen hatte, eine mächtige Waffe hatte sie noch in ihrem Arsenal. Ihre Stimme.
Sie atmete tief ein, hielt den Atem einen Augenblick an und stieß ihn dann in einem furchtbaren, markerschütternden Schrei aus. Es war der Schrei des Jadefalken, wie sie ihn von einem lange vergessenen Geschelternteil gelernt hatte, vor langer Zeit, als sie noch ein wimmerndes, spuckendes Nesthäkchen in ihrer Geschko gewesen war. Man hatte ihr gesagt, daß sie den Schrei des Vogels recht gut traf, auch wenn es schon Jahre her war, daß sie ihn gehört hatte, und das nur von fern.
Der Kopf über ihr zuckte zur Seite und knallte dumpf auf den steinigen Boden. »Wa ...«, stieß sein Besitzer aus. Es war eine männliche Stimme, aber Joanna erkannte sie nicht.
»Steh auf, du«, sagte sie. Die Unzulänglichkeit ihres Wortschatzes in einer Krisensituation ärgerte sie.
Der Mann schob sich vor, stieß gegen ihren Kopf. Sie ignorierte den Schmerz. »Ich sagte, steh auf!«
»Was? Ich ... oh, verdammt, verdammt, verdammt!«
»Was ist los?«
»Meine Arme. Ich kann sie nicht bewegen.«
»Nomad? Bist du das?«
»Ich werde eine Studie darüber in Auftrag geben. Natürlich bin ich's, Joanna.«
»Keine Vertraulichkeiten.«
»Joanna, wir liegen auf einem Berghang aneinander gepreßt und sind beide ziemlich übel mitgenommen. Das ist nicht der Zeitpunkt für Formalitäten.«
»Ich werde dich melden.«
»Mach doch, was du willst. Oh, verdammt!«
»Was soll das Fluchen?«
»Du würdest auch fluchen, wenn deine Arme so schmerzen würden. Ich kann sie nicht bewegen. Dadurch kann ich nicht aufstehen. Daran, daß meine Beine höher liegen als mein Kopf, kann ich erkennen, daß wir auf einem Hang liegen. Mein Körper ist so verrenkt, daß beide Seiten schmerzen. Ich kann meine Beine bewegen, aber sie scheinen von
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