BattleTech 16: Wolfsrudel
Als ihr Flüstern endete, verbeugte er sich vor dem Wolf und sagte lächelnd: »Wenn Sie es wünschen. Wenn nicht, können auch andere Zerstreuungen für Sie und Ihre Männer arrangiert werden.«
»Ich werde mir den Mech ansehen«, sagte der Colonel frei heraus.
»Wir stehen zu Ihren Diensten, Colonel Wolf«, sagte der General mit einer weiteren Verbeugung.
Ich persönlich bezweifelte das, aber sie führten uns tatsächlich zu einem blaugoldenen Schütze, bei dem Farbe und Zeichnung von Jaime Wolfs Maschine täuschend ähnlich nachgeahmt waren. Wir verbrachten den Nachmittag damit, ihn zu überprüfen, und stellten fest, daß er praktisch in allerbester Verfassung war, obwohl seine Munitionskammern leer waren. Der Colonel schien mit dem Mech zufrieden zu sein, aber ich machte mir nach wie vor Sorgen darüber, was die Kuritas wohl vorhatten.
Die Gobi-Raumstation kreist in einer geosynchronen Umlaufbahn um Outreach, die sie stationär über einer kleinen Insel 160 Kilometer östlich des kleineren Kontinents schweben läßt. Aus den Gesetzmäßigkeiten dieser Umlaufbahn resultierte eine kurze Flugzeit von Harlech zur Station und eine längere Reisedauer von der Station herunter. Nützlich aus politischen Gründen, nützlich jetzt für Elsons Zwecke. Er sorgte dafür, daß er im Hangar war, als Alpin Wolfs Shuttle eintraf.
»Ich habe Ihre Botschaft erhalten«, sagte Alpin, als er zu Elson ging. Direkt. »Ich bin froh, daß Sie kommen konnten. Ich hielt es für das Beste, Ihnen die Nachricht als erstem mitzuteilen.«
»Nachricht? Der ganze Planet kennt Ihre Nachricht. Ihr seid – entschuldigen Sie, Sie sind mit den versteckten Schiffen zurückgekommen.«
»Diese Nachricht meine ich nicht.« Elson drehte sich ein wenig, so daß Licht auf das Rangabzeichen an seinem Kragen, den Stern eines Colonels, fiel. Das helle Glänzen der längsten Spitze kennzeichnete den Stern als Rangabzeichen des Ersten unter den Offizieren. Elson würde es nicht viel länger tragen, doch jetzt würde es ihm noch gute Dienste erweisen.
Alpins Augen wurden von dem Glanz angezogen. Was er auch hatte sagen wollen, blieb ihm im Halse stecken, als er den offensichtlichen Schluß zog. Sein Mund stand sperrangelweit offen wie das Maul eines nach Luft schnappenden Fisches. Schließlich stammelte er: »Mein Vater ist tot?«
»Ich spreche Ihnen mein Mitgefühl für Ihren Verlust aus«, sagte Elson feierlich. »Er starb bei einem Überfall. An Bord einiger Schiffe hielten sich Plünderer auf. Wir hatten noch mehr Verluste zu beklagen.«
Alpin schüttelte langsam und mit gerunzelter Stirn den Kopf. Mehrmals setzte er zum Sprechen an, hielt dann jedoch inne, bevor er ein Wort herausbrachte. Elson wartete.
»Waren Sie dabei?« fragte Alpin zögernd.
»Ich führte das Entermanöver gegen das Landungsschiff der Plünderer. Als ich erfuhr, daß sich Plünderer auf dem Schiff befanden, das er betreten hatte, sind wir so schnell wie möglich zur Alexander gewechselt, doch wir kamen zu spät. Sein Dahinscheiden hinterließ eine Lücke.«
Mit bitterer Stimme, der jedoch jegliche Schärfe fehlte, sagte Alpin: »Und da sind Sie eingesprungen.«
Elson neigte den Kopf. »Die Offiziere hielten es für richtig, mich zum Ersten unter den Offizieren zu ernennen. Ich konnte ihn auf der Mission ersetzen, doch nicht hier. Sie sind noch am Leben, und die Dragonerbräuche scheinen vorzuschreiben, daß Sie jetzt Jaime Wolfs Erbe sind, da sein einziger noch lebender Sohn viel zu jung ist, das Kommando zu übernehmen.«
»Aber das ist nicht…«
»Sollte MacKenzie nicht bei Jaimes Rücktritt dessen Stellung übernehmen? Seit dem Tag, an dem ich Leibeigener der Dragoner wurde, habe ich nichts anderes gehört. Es ist nur logisch, daß Sie jetzt Jaimes Nachfolger als Anführer der Dragoner werden.«
»Aber ich…«
»Ich weiß, mein Freund. Ich verstehe.« Elson legte Alpin eine Hand auf die Schulter. Der Junge zitterte. »Natürlich sind Sie auf eine derartige Verantwortung nicht vorbereitet, da Sie so lange im Schatten Ihres Vaters gestanden haben. Doch Sie werden sich bewähren. Ich habe Vertrauen in Sie. Sie werden sich gute Männer auswählen, Männer, die verstehen, wie Sie unter den Händen eines eifersüchtigen Vaters gelitten haben. Welcher aufrechte Mann würde Ihren Anspruch nicht unterstützen?«
Die Schlaffheit von Alpins verblüffter Miene straffte sich zu einer Grimasse der Berechnung.
»Sie werden mir helfen?«
»Ich sehe keinen anderen Weg.«
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