BattleTech 16: Wolfsrudel
»Wo ist Shin Yodama?« Von den versammelten Wachen kam keine Antwort. Niemand wagte eine Vermutung anzustellen, wo sich der Befehlshaber der Wache befinden mochte. »Er war im Dienst. Findet ihn.«
Eine Frau in der Uniform von Yodamas Izanagi-Kriegern eilte davon. Immer noch unsicher, blieben die anderen Wachen in der Nähe der Tür stehen. Takashi kniete nieder und legte das blutverschmierte Schwert auf den Boden. Er sah erschöpft aus. »Das wird zu nichts führen.«
»Hast du sie alle getötet?«
Takashi zuckte die Achseln. »Es können auch noch mehr gewesen sein. Vielleicht ist es eine gute Idee, den Garten absuchen zu lassen.«
Theodore warf einen Blick zu den Wachen und nickte einmal. Alle bis auf zwei eilten davon. Die beiden verbleibenden Wachen bezogen Stellung an der Tür. Theodore kniete sich neben seinen Vater.
»Du brauchst einen Arzt.«
»Zuerst mußt du hören, was hier geschehen ist.«
Ein Ausdruck der Verwirrung huschte über Theodores Gesicht. Er rückte näher, um Takashis geflüsterte Schilderung der Konfrontation mit Indrahar zu verstehen. Takashi schloß seinen Bericht mit den Worten: »Trotzdem ich keinen Wert darauf lege, daß mir die Entscheidung abgenommen wird, hat Indrahars Einschätzung der Situation eine Menge für sich. Ich war zu sehr von meinen eigenen Belangen verblendet, um zu erkennen, worin ein Duell mit Wolf resultieren würde.«
»Vielleicht könnte eine Aussöhnung mit Wolf…«
»Hai. Der Koordinator hat sich nicht falsch verhalten. Wolfs öffentliche Beleidigung kann nicht ignoriert werden.« Takashi schloß die Augen. »Doch ich sehe jetzt, was Michi Noketsuna sah, bevor er sein Leben für das Kombinat opferte.«
»Gewiß können wir einen anderen Weg finden.«
»Du hast dich mit dem Kodex nie recht wohl gefühlt.« Takashi lächelte fast. »Ich bin ein Samurai und glaube an die alten Sitten. Das ist vielleicht nicht das, was notwendig ist, um unser Reich durch dieses neue Zeitalter zu führen. Auf jeden Fall hast du mir gezeigt, daß neue Wege beschriften werden müssen, um mit neuen Problemen fertig zu werden. Vielleicht kann ich dir bei dieser Gelegenheit zeigen, daß auch die alten Wege nicht zu verachten sind. Unter gewissen Umständen ist Bushido die Antwort auf Probleme, die keine noch so große Flexibilität überwinden kann.«
»Vater, dies ist nicht die Antwort.«
»Dies ist die Antwort eines alten und müden Samurai.« Takashi deutete mit dem Kopf auf Michi. »Welch seltsames Karma. Er hat seine persönliche Ehre zum Wohl des Reiches beiseite gestellt und mein Leben gegen jene verteidigt, die es unrechtmäßig nehmen wollten. Er hat von mir verlangt, daß ich noch heute Seppuku begehe, und noch heute werde ich seinem Ansinnen folgen. Aber ich – wir – dürfen nicht zulassen, daß die Wahrheit bekannt wird. Mein ehrenhaftes Dahinscheiden muß mit einer unehrenhaften Lüge verkleidet werden. Zum Wohle des Reiches. Indrahar wollte die Menschen glauben machen, ich sei im Schlaf gestorben. Soll seine Lüge uns ebenso dienen wie ihm. Du darfst niemandem die Wahrheit erzählen, nicht einmal Jasmine.«
»Damit bin ich nicht einverstanden«, sagte Theodore fest.
»Ich bin der Koordinator. In dieser Angelegenheit brauche ich dein Einverständnis nicht.«
»Ich mag deine Sicht des Kodex nicht teilen, aber vergiß nicht, daß du mich in den Fragen des Bushido gründlich hast schulen lassen. Du kannst im Angesicht deiner Feinde nicht klein beigeben. TetsuharaSensei wäre nicht damit einverstanden.«
»Vielleicht hast du recht, aber der alte Mann ist ein noch strengerer Verfechter des Kodex als ich. So wie ich strenger bin als du. Ich glaube, er würde dir sagen, daß die Ehre eines Menschen in seinem Herzen wohnt, nicht in den Augen anderer Leute. Er hat den Tod seines Sohnes Minobu verstanden. Vielleicht kennzeichnet mich der von mir gewählte Kurs als schwach, vielleicht als stark. Das mußt du für dich selbst entscheiden. Ich habe die Entscheidung getroffen, die Verantwortung an meinen Erben weiterzugeben. Um des Kombinats willen, werde ich die Fehde mit den Dragonern mit ins Grab nehmen. Das bedeutet zwar, daß ich mit befleckter Ehre sterbe, doch dieser geringe Makel an meiner Ehre dient einer bedeutenderen. Das Reich muß überleben. Als Angehörige des Kurita-Clans ist es unsere heilige Pflicht, für sein Überleben zu sorgen.«
Theodore versuchte zu argumentieren, doch sein Vater befahl ihm zu schweigen. Resigniert verließ Theodore das Dojo, um
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