BattleTech 16: Wolfsrudel
Elson verstärkte seinen Griff um Alpins Schulter. »Hatten Sie nicht immer das Gefühl, daß es Ihre Bestimmung ist, die Dragoner zu befehligen?«
»Ja«, sagte Alpin leise. »Dieses Gefühl hatte ich tatsächlich immer.«
Er schien eine Sekunde in sich hinein zu horchen. »Sie wußten es auch. Mein Vater und mein Großvater, meine ich. Das wird mir jetzt klar. Sie haben meine Tests immer etwas schwerer gemacht, so daß ich keine guten Ergebnisse erzielen konnte. Das müssen sie getan haben, um bei den anderen keine Eifersucht aufkommen zu lassen. Ja, das ist genau das, was der alte Wolf getan hätte. Er hat sie alle getäuscht, damit sie mich nicht haßten.«
»Niemand haßt Sie, Alpin.« Du bist viel zu schwach, um Haß auf dich zu ziehen.
»Aber sie mögen mich nicht.«
»Es ist das Los eines Kommandanten, nicht gemocht zu werden. Ein Großteil dieser Gefühle beruht auf Eifersucht.«
»Ja, Sie haben recht. Sie sind eifersüchtig.«
»Sie werden noch eifersüchtiger sein, wenn Sie Jaimes Platz einnehmen.«
Alpin sah mit besorgter Miene zu ihm auf. »Sie werden doch nicht eifersüchtig auf mich sein, Elson, oder?«
»Ich habe keinen Grund dazu, mein Freund«, sagte Elson mit aufrichtigem Lächeln.
»Dann werden Sie mir helfen, frapos? Sie werden mir den Rücken frei halten, wenn ich das Kommando habe. Ich werde loyale Männer brauchen, Männer wie Sie, die wissen, was richtig ist.«
»Sie können sich auf meine Hilfe verlassen, aber Sie brauchen mehr Männer.«
»Sie das nur sagen zu hören, macht mich zugleich aufgeregt und besorgt. Ich bin froh, daß ich auf Sie zählen kann, aber Sie haben recht. Ich werde mehr Hilfe brauchen. Es gibt zu viele Dragoner, die den Ergebnissen dieser manipulierten Tests glauben. Und somit geht der Schuß des alten Wolfs nach hinten los. Seine alten Männer glauben, ich sei nicht zum Kommandanten geeignet.«
»Sie werden nicht immer da sein. Bei den Clans hätten sich derart alte Männer schon vor langer Zeit zurückgezogen, damit die nächste Generation das Blut der Führungskräfte frisch und nach vorn orientiert erhalten kann. Das ist der Lauf der Dinge, eine Generation gibt sich der nächsten, der besseren, geschlagen. Ihr eigener Großvater ermuntert die Alten in ihrem selbstsüchtigen Denken, indem er sich an sein eigenes Kommando klammert.«
Alpin nickte heftig. »Er ist ein schlechtes Beispiel.«
»Es ist, wie Sie sagen.«
»Doch was kann ich dagegen unternehmen?«
Elson legte den Arm um Alpins schlanke Schultern. »Kommen Sie mit«, sagte er. »Ich habe ein paar Ideen.«
29
Michi Noketsuna hatte nicht damit gerechnet, am Leben zu bleiben. Er hatte gedacht, seine Entscheidung, dem Koordinator gegenüberzutreten, würde auf jeden Fall mit seinem Tod enden, ob er seine Vendetta erfüllte oder nicht. Dann waren Indrahar und die ISA eingeschritten, und mit der Wahl, den ISA-Direktor anzugreifen, glaubte er den Pfad des sicheren Todes beschriften zu haben. Jetzt in der Obhut eines Arztes der Bruderschaft des Drachen zu erwachen, war eine bizarre Wendung des Schicksals, eine eigentümliche Belohnung für seinen eingeschlagenen Kurs.
Sein Karma war wahrhaftig seltsam.
Die Tatsache seines Überlebens war ein Rätsel, über das er nachgrübelte, während er zwischen Wachen und Schlafen hin und her trieb. Einmal glaubte er, einen Arzt flüstern zu hören, daß Takashi tot sei und Michi ihn vor einem Attentäter gerettet habe. Wie konnte beides stimmen? Seine eigenen Erinnerungen waren wirr, und seine ständige Schläfrigkeit verdunkelte die Dinge nur noch mehr. Mit der Zeit würde sich vielleicht der Nebel um seinen Verstand lichten.
Er schlief.
Als er wieder wach war, dachte er noch einmal darüber nach, was er die Ärzte sagen gehört hatte. Wenn Takashi tot war, welchen
Grund gab es dann für Michi noch weiterzuleben? Die Vendetta, die ihn getrieben hatte, war erfüllt. Takashi war tot. Das, dachte er mit plötzlicher Gewißheit, stimmte tatsächlich.
Doch der Koordinator war nicht durch Michis Hand oder als Buße für das Minobu-Sensei angetane Unrecht gestorben, was bedeutete, daß Michi seinen Zweck verfehlt hatte. Die Leitungen und Maschinen, welche die Bruderschaft benutzte, um sein Leben zu verlängern, machten ihn zum Gespött. Sein Leben war vorüber. Warum einen Körper am Leben erhalten, wenn kein Grund zum Leben mehr vorhanden ist? Ihm schwanden die Sinne, doch er blieb ein Gefangener seines Körpers.
Es gab keine Erlösung für ihn.
Karma.
Er
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