BattleTech 17: Natürliche Auslese
Lächeln verzogen, erkannte er seinen Irrtum. »Ich hätte es getan, wärst du ein Krieger.«
Nelson schluckte; dann gab er sich einen Ruck. »Wäre ich ein Krieger, dann wäre ich tot, frapos?«
Es schien sie zu überraschen, daß er einen Clanausdruck benutzte, aber er konnte nicht erkennen, ob diese Überraschung positiv oder negativ für ihn war. Sie musterte ihn noch einmal von oben bis unten, dann drehte sie sich um und deutete auf den nächstbesten Gefangenen unter ihnen auf dem Hangardeck. »Du, übernimm seine Arbeit.«
Mit einem Satz war Spider die Treppe hoch. Er hob den Compblock auf, und Nelson reichte ihm schweigend den Stift. Spider blinzelte ihm zu, das Gefangenenzeichen für »Sieht gut aus«. Nelson nickte, dann sah er die Rote Korsarin an und wartete.
Sie ließ ihn warten. Sie musterte seinen Körper, fixierte seinen Unterleib, dann die verstümmelte Hand. Offensichtlich wollte sie eine Reaktion provozieren. Im Geist ging er eine komplizierte Rechenaufgabe durch und versuchte, eine unbeteiligte Miene aufzusetzen. Er hatte Erfolg, aber das schien ihr Interesse nur zu steigern.
»Folge mir.« Sie drehte sich um und ging zurück zur Luke. Er ging ihr nach. Einen Augenblick ließ seine Konzentration nach, als er den sinnlichen Schwung ihrer Hüften bemerkte.
Zwei mal 32 768 ist 65 536. Zwei mal 65 536 ist 131 072… Er konzentrierte sich auf die rote Haarmähne, die ihren Rücken bedeckte, und multiplizierte weiter.
Die Rote Korsarin trat durch die Luke und schloß sie hinter ihm. Sie trat an einen Interkom und nahm Verbindung mit der Brücke auf. Der KommTech richtete sich kerzengerade auf, als er sie auf dem Monitor sah. »Captain?«
Die Rote Korsarin schob eine Haarsträhne hinters Ohr. »GAZ für das letzte Landungsschiff?«
»In einer Minute, Madam.«
»Gut. Wenn es angekoppelt hat, erhöhst du die Geschwindigkeit auf 1,2 g. Wir verlassen das System, sobald wir den Sprungpunkt erreicht haben.«
»Verstanden. Brücke aus.«
Nelson runzelte die Stirn. Die Beschleunigung würde das Ausladen des Landungsschiffes weit schwieriger machen als bisher. Das machte keinen Sinn, außer für eine Flucht oder Verteidigungsaktion.
»Du machst dir Sorgen um deine Freunde, frapos?«
»Genau wie Sie um Ihre Leute.«
»Gut, du zeigst etwas von deinem alten Kampfgeist.« Sie packte seine verstümmelte Hand und führte ihn den Gang hinab zur zentralen Aufzugsachse. Sie drückte einen Wandknopf, und ein Türenpaar öffnete sich. Nachdem sie die Kabine betreten hatten, wählte sie ein Deck. Die Aufzugskabine setzte sich in Bewegung, und Nelsons Beine drohten wegzuknicken. Seine Schwäche überraschte ihn. Dann erkannte er, daß das Schiff beschleunigte. Er packte die Haltestange der Kabine und zog sich hoch. Die Rote Korsarin ließ mit keiner Miene erkennen, daß sie seine Probleme bemerkt hatte.
Der Aufzug hielt auf einem der oberen Decks an. Sie stiegen aus. Nelson folgte ihr den Gang entlang, bis in eine Kabine. Die Tür glitt hinter ihnen zu, und sie schaltete das Licht ein.
Er war überrascht, als er sich offensichtlich in ihrer Privatkabine wiederfand, aber er hatte sich schnell gefangen. Unmittelbar nachdem das Licht anging, hatte Nelson das Gefühl, in die Kulisse eines reißerischen Holovids geraten zu sein. Der Raum wurde von grellen Rot-, Gold- und Purpurtönen beherrscht, wobei das Gold vor allem von Ketten, Lampen und kleinen Schmuckstücken kamen, die zwar wunderschön waren, aber ohne Überlegung zusammengeplündert schienen. Bestickte Brokatschals hingen von den Lampen und verliehen dem Licht einen roten Farbton. Auf einem Buffet standen halbvolle Kristallkaraffen mit bunten Likören.
Der Raum paßte zur Roten Korsarin und doch auch wieder nicht. Aus allem, was Nelson während seiner zwei Monate bei dieser Banditenbande gesehen hatte, wußte er, daß die meisten ihrer Mitglieder Clanner waren – wahrscheinlich Renegaten. Eine solche protzigbunte Umgebung aber paßte überhaupt nicht zu jemand, der bei den Clans geboren worden war. Schlachtensouvenirs, Erinnerungen an vergangene Triumphe hätte er akzeptieren können, aber nicht diese extravagante, selbstgefällige Zurschaustellung. Er konnte praktisch den Holovidregisseur vor sich sehen, der dieses Quartier entworfen hatte, um für eine billige Miniserie die romantische Seite der Roten Korsarin zu betonen.
Plötzlich traf ihn die Wahrheit wie eine Lenkrakete. Sämtliche Gefangenen waren längst zu dem Schluß gekommen, daß diese Rote
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