BattleTech 18: Das Antlitz des Krieges
früher oder später werden sie abziehen. So funktioniert ein Guerillakrieg. Der Gegner wird zermürbt, ausgelaugt, dazu gebracht, alles einzusetzen, was er aufzubieten hat.«
»Aber Gibson ist jetzt ihre Heimat. Der Generalhauptmann hat ihnen erlaubt, sich hier anzusiedeln.«
»Er hätte vorher etwas gegen Hsiang tun müssen.«
»Das wußte er nicht.«
»Da haben Sie’s.«
»Was wird geschehen, wenn die GFL an die Macht kommt?«
»Das wäre auch schlimm. Viele von ihnen sind Diebe und Sadisten und genauso grausam wie die Wahren Gläubigen.«
»Foltern sie Wahre Gläubige?«
»Sie foltern jeden. Was glauben Sie, warum ich Sie verstecke? Weil ich nicht versorgen darf, wen ich versorgen will, nicht helfen darf, wem ich helfen will. Die GFL hat die Ernte dieses Dorfes beschlagnahmt. Ich habe keine Stimme. Wenn sie herausfänden, was ich tue, würden sie mich umbringen. Sie stellen sich selbst als Retter der Bauern hin. Pah! Sie dienen sich dem Fürstentum Regulus an, denselben Unterdrückern, von denen wir uns vor hundertfünfzig Jahren befreit haben. Regulus hat nur ein Ziel – unsere Welt wieder für sich zu beanspruchen. Und die GFL ist bereit, uns gegen die Regierungsgewalt auf Gibson zu verkaufen.«
»Sie machen sich also keine Sorgen wegen Blakes Wort?«
Lee lachte. »Sorgen. Ich zittere vor Angst. Haben Sie auf Atreus wirklich von nichts gehört?« Er seufzte. »Sir Masters, bestimmte Fraktionen von Blakes Wort haben Prinzipal Hsiang eine Menge Geld dafür bezahlt, ihren Willen zu bekommen. Sie erheben überhöhte Steuern, sie haben Schlüsselpositionen in der planetaren Regierung übernommen, und wir haben Angst, möglicherweise grundlose Angst, daß sie uns ihre Religion aufzwingen wollen. Diese beiden Punkte, Steuern und Religion, waren die Gründe für unseren Bruch mit Regulus vor hundertfünfzig Jahren. Wir werden uns das auch jetzt nicht gefallen lassen.«
»Aber wenn Blakes Wort zwar hier auf Gibson bliebe, jedoch keine Bedrohung mehr darstellen würde…«
»Wenn so etwas möglich wäre. Aber die Gräfin scheint mit dem Lauf der Dinge zufrieden.« Masters hatte zu wissen geglaubt, wie die Dinge lagen, als er auf Gibson eingetroffen war, aber jetzt wurde ihm klar, daß er keinen Schimmer gehabt hatte. Sprach der Bauer die Wahrheit? Oder vielleicht war es nur die Wahrheit, wie Lee sie kannte, und es ging noch weit mehr vor. Ideale bedeuteten nichts im Angesicht der Ignoranz. »Ich reise heute noch ab.«
»Sie sind noch nicht kräftig genug.«
»Danke für Ihre Besorgnis, aber ich kann nicht länger warten.« »Nun gut. Aber Sie werden mir erlauben, Ihnen etwas Proviant mitzugeben.«
Das Angebot rührte Masters. »Wie können Sie so großzügig zu mir sein, der ich bis vor kurzem noch mit Ihren Unterdrückern zusammengearbeitet habe?«
»Sie haben mich nicht erschossen, oder?«
»Verzeihung?«
»Sie haben eine Maschinenpistole dabei, Sir Masters. Sie haben sie nicht benutzt. Im Krieg gibt es mehr als genug Grausamkeit. Ich habe es satt. Ich behandele Sie gut, weil Sie mich gut behandeln. Ich bete, daß Sie Blakes Wort und die GFL dazu bringen, sich ähnlich zu verhalten.«
»Das übersteigt meine Macht.«
»Aber ich sehe Ihnen an, daß Sie es versuchen werden. Deswegen helfe ich Ihnen. Und wünsche Ihnen viel Glück.«
19
Nam
Gibson
Prinzipalität Gibson
Liga Freier Welten
20. Februar 3055
Masters brach spät in der Nacht auf. Er wanderte unter mondlosem Himmel zügig durch den Wald, bewaffnet nur mit Proviant und einem Kompaß. Die Maschinenpistole hatte er in einem Feld vergraben. Er hatte nur noch ein paar Schuß Munition gehabt, und die Waffe hätte nur unnötige Aufmerksamkeit erregt. Als Verkleidung trug er ein Baumwollhemd und einen breitkrempigen Strohhut, Sachen, die ihm der Bauer mitgegeben hatte.
Als die Sonne am Horizont erschien, suchte Masters sich unter den Wurzeln eines großen Baumes einen Unterschlupf und verschlief den Tag. Erst nach Sonnenuntergang machte er sich wieder auf den Weg. Sieben Tage lang war er nur nachts unterwegs. Tagsüber hielt er sich versteckt. In der dritten Nacht hörte er in der Ferne Gefechtslärm – Artillerie und Laser. Er beachtete ihn nicht und marschierte weiter auf die Stadt zu.
In der siebten Nacht überquerte er einen Hügelkamm und sah die hellerleuchteten Häuser von Omen. Das Mondlicht spiegelte sich am Alten Wall. Er wanderte über eine weite Ebene in die Stadt.
Die Sonne stand bereits am Himmel, und die Bewohner der
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