BattleTech 18: Das Antlitz des Krieges
Slums gingen ihren Geschäften nach. Die meisten von ihnen ähnelten dem Bauern, der ihm geholfen hatte – kräftige Schultern, von harter Arbeit gezeichnete Hände – , aber ihre von Angst und Trauer zerfurchten Gesichter verrieten die Trostlosigkeit ihres Daseins. Zwischen ihnen bemerkte er stolzierende junge Burschen, anscheinend eine Art Schläger, die durch die Straßen wanderten und die Slumbewohner mit Beleidigungen und herablassendem Gelächter verspotteten.
Er hatte Hunger. Sein Proviant war aufgebraucht, deswegen blieb Masters an einem kleinen Obststand stehen. Er suchte sich zwei der besten Äpfel aus und bezahlte mit Geld, das er von Lee bekommen hatte. Er wollte gerade weitergehen, als er einen Pistolenlauf im Rücken spürte.
»Sir Masters«, sagte eine leise Frauenstimme. Er erkannte sie, wußte sie aber nicht einzuordnen. »Bitte bleiben Sie ruhig und machen Sie keine hastigen Bewegungen. Dreißig Meter von hier steht eine Hütte aus vernietetem Blech. Können Sie sie sehen?.«
Er nickte. Plötzlich erkannte er, wer mit ihm sprach. Es war Jungfer Kris.
»Sie werden langsam dorthin gehen. Wenn Sie sich schneller als mit gemächlichem Spaziergängertempo bewegen oder nicht direkt auf die Hütte zusteuern, werde ich Sie erschießen.«
Konnte er sie überwältigen? Er war sich nicht sicher. Fürs erste gehorchte er wohl besser. »Okay.«
Während er die Straße hinunterging, beobachtete er die Leute, denen er begegnete. Er wollte wissen, ob sie Jungfer Kris halfen, wußten, was sie tat. Aber ihm fiel niemand auf.
Sie erreichten die Hüttentür, und er öffnete sie. Sie traten ein. Einen Moment spielte er mit dem Gedanken, die Tür hinter sich zuzuschlagen, aber bevor er handeln konnte, wurde er mit einem Tritt in den Rücken auf den Lehmboden gestoßen.
Während er sich herumwälzte, fiel die Tür zu. Dunkelheit umfing ihn. Die Sonne auf dem Metalldach und den Wänden hatte die Hütte in einen Glutofen verwandelt. Schon nach wenigen Sekunden war Masters schweißgebadet. Das einzige Licht fiel durch die dünnen Ritzen zwischen den Metallbögen. Langsam paßten sich seine Augen an die Dunkelheit an.
»Sie sind ein vielbegehrter Mann, Sir Masters.«
»Wirklich?« Das erste, was er bemerkte, als er zu ihr aufsah, war die schwere Sternsacht-Pistole in ihrer Hand. Dann stellte er belustigt fest, daß sie ebenfalls ein einfaches Hemd und einen Strohhut trug. »Sind Sie auch verkleidet?«
»Besser als Sie.«
»Ohne Zweifel.«
»Vor drei Wochen hat Blakes Wort versucht Sie festzunehmen. Die GFL will Sie zurück, und in den letzten Tagen hat das Fürstentum Regulus seine diplomatischen Anstrengungen, Sie für den Angriff auf Kolonel Roush auf Atreus zur Rechenschaft zu ziehen, weiter verstärkt. Gerüchten in der Altstadt zufolge ist eine Delegation von Regulus auf dem Weg nach Gibson, um die Sache direkt zu regeln.«
»Nein«, stieß er mit gespieltem Entsetzen aus und setzte sich an die Wand.
»Doch. Und Ihr Lehnsherr hat natürlich auch nachgefragt, wie es Ihnen geht.«
»Es tut gut, Freunde zu haben.«
»Ja. Ja, das tut es.« Sie lächelte und setzte sich auf den Boden. Ihre Waffe blieb jedoch auf ihn gerichtet.
»Wer sind Ihre Freunde, Jungfer Kris? In wessen Gewalt bin ich?«
»Wieder bei der GFL, fürchte ich.«
Er blinzelte überrascht. »Ich hätte schwören können, Sie wären ein Maulwurf Hsiangs.«
»Wenn es ein Trost für Sie ist, Hsiang hat tatsächlich eine ungemein üble Geheimpolizei.« Ihre Miene verriet düstere Erinnerungen, aber sie schüttelte sie schnell wieder ab. »Nein. Ich gehöre zur GFL.«
»Gibt es viele GFL-Mitglieder in der Altstadt?«
»Mehr als genug.«
»Und Sie arbeiten für die Gräfin. Haben Sie sich bei ihr eingeschlichen?«
»Ja.«
»Ich scheine verflucht wenig darüber zu wissen, wie das politische System Gibsons funktioniert. Können Sie mir sagen, wo die Loyalitäten der Gräfin liegen? Zu welchem Lager gehört sie?«
»Wie meinen Sie das?«
»Ich meine, offiziell ist sie eine Vasallin Thomas Mariks, aber soweit ich es beurteilen kann, hat sie ihm einiges von dem Elend auf dieser Welt verschwiegen. Arbeitet sie mit Hsiang zusammen? Mit Blakes Wort? Oder ist sie tatsächlich loyal und bekommt nur nichts mit?«
»Ist das Ihr Ernst?«
»Absolut. Ich…« Er stockte. Die Erinnerung daran, mit welchem Selbstvertrauen er auf Gibson angekommen war, war ihm peinlich. »Ich bin völlig blind hier gelandet und versuche seitdem, so schnell wie möglich
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