BattleTech 22: Fernes Land
die Beine. Geschlafen hatte er kaum. Statt dessen hatte er sich mit der Überlegung herumgequält, ob es noch irgendeinen Sinn hatte weiterzumachen. Aber sein ganzes Wesen rebellierte gegen diese Frage. Natürlich mußten sie weitermachen – natürlich mußte er weitermachen. Seppuku war ein ehrenvolles Ende für einen Krieger, aber nicht akzeptabel als Flucht vor der Verantwortung. Und Takuda trug jetzt die Verantwortung für die Leben der zwölf Mitglieder seines Draconis-Elitesturmtrupps, ebenso für die der elf Söldner und die vier Besatzungsmitglieder von Sprung- und Landungsschiff. Alles in allem würden siebenundzwanzig Menschen lernen müssen, harmonisch zusammenzuleben.
Takuda ging seine Gruppe in Gedanken durch. Zum Führungsteam gehörten er selbst, sein Adjutant, Sho-ko Saitan Yura, und Kashira George Bustoe. Sie dienten schon seit Jahren unter ihm, und würden seinen Befehlen bis in den Tod folgen. Unter normalen Umständen würde das für den gesamten Trupp gelten, aber ihre derzeitige Lage ließ sich kaum als normal bezeichnen.
Die drei Einsatzsektionen des Trupps unterstanden jeweils einem Gun-sho von beträchtlicher Erfahrung. Shawn Arsenault, Anführer der ersten Sektion, verbrachte etwas zuviel Zeit mit der Pflege seiner äußeren Erscheinung, aber er war unerschütterlich und immer guter Laune. Emmerdean Knyte, der zweite Sektionsführer, war intelligent und introvertiert. Er war Offiziersmaterial, ein Mann, der ohne großes Aufheben durch sein Vorbild führte. Auch er würde die Dinge nehmen, wie sie kamen. Ariake Sanae führte die Schwere-Waffen-Sektion an. Kein Kommandeur konnte sich eine aufrechtere Untergebene wünschen, aber sie hatte eine Tendenz zum Dogmatismus in religiösen Fragen. Sie besaß keinerlei Gefühl für Humor und konnte mit Knyte außer in militärischer Hinsicht nichts anfangen.
Die Söldner kannte Takuda weniger gut. Er hatte nur mit Garber Vost, ihrem Anführer, direkten Kontakt gehabt, und der war ein Beispiel für alles, was Takuda verachtete. Vost war ein Angeber, der die übrigen Mechpiloten mit kaum verhüllter Herablassung behandelte. Holly Goodall, die einzige MechKriegerin, war für ihn ein Objekt offener Verachtung. Warum sie sich dieser Einheit angeschlossen hatte, war Takuda ein Rätsel, aber MechKrieger waren eine ganz eigene Spezies, und Söldner ganz besonders. Von den Techs der Söldnereinheit wußte er nur, daß es sich um sechs Personen handelte, je drei Männer und Frauen. Alle sechs schienen sich vor allem um den Söldnerführer und dessen Bedürfnisse zu kümmern.
Die Schiffsbesatzungen waren ein weiterer unbekannter Faktor. Parker Davud, der Landungsschiffspilot, war ohne Zweifel ein Profi höchsten Ranges. Allein wie er es geschafft hatte, sein Schiff praktisch steuerlos zu landen, ohne daß es beim Aufprall auseinanderbrach, war dafür Beweis genug. Daß er keinen ausgeprägten Sinn für Rangordnung hatte, war verzeihbar: Landungsschiffspiloten waren nun einmal so. Bannin, der Kommandeur des Sprungschiffs, erhielt von Takuda eine weit schlechtere Benotung. Der Mann war in der Krise zusammengebrochen, und jetzt war kaum etwas von ihm zu erwarten. Die Navigatorin und der Ingenieur des Sprungschiffs waren besser, aber inwiefern sie etwas zu ihrer Zukunft hier beitragen konnten, stand in den Sternen.
Diese bunt zusammengewürfelte Gruppe würde zusammenarbeiten müssen, um zu überleben. Sie war alles andere als Takudas Wunschteam für einen Notfall wie diesen, aber das Schicksal hatte die Karten so ausgeteilt, und er mußte damit klarkommen. Er stand auf und sah sich um. Die verschiedenen Lager legten Zeugnis von der Haltung ihrer Besitzer ab. Die DEST-Lager waren zwischen dem Gras und Gestrüpp der Lichtung kaum auszumachen. Ohne Zweifel waren die Waffen aller Sektionen jederzeit einsatzbereit. Das Söldnerlager dagegen erinnerte in seiner Geschäftigkeit an einen Ameisenhaufen. Alles, was dort vorging, fand völlig offen statt, ungeschützt vor den Augen eines möglichen Fremdwesens unter den Bäumen. Die Gruppe der Piloten war noch immer unter der verformten Tragfläche des Landungsschiffes.
Als Vost das Söldnerlager verließ und auf Takuda zukam, fühlte der Sho-sa, wie Yura und Bustoe hinter ihm näher kamen. Er wußte, sie würden in respektvoller Distanz bleiben, außer Hörweite normaler Konversation, aber bereit, ihn bei Bedarf wortlos und gut bewaffnet zu unterstützen. »Tja, Major«, stellte Vost fest, und verzichtete auf die
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