BattleTech 22: Fernes Land
Pesht wußte, daß dieses mythische Tier von den Draconiern verehrt wurde. Ein passendes Symbol für Sirayuki und den Rest seiner Bande, dachte er. Häßliche, dumme, egoistische Viecher.
Sirayuki sah Pesht mit reglosen, halb geschlossenen Augen an. Der kleine Söldner mit dem Rattengesicht hatte recht, aber bevor er antwortete, wollte er hören, was er noch zu sagen hatte.
»Er hat sich jetzt schon zweimal bis auf die Knochen blamiert«, fuhr Pesht fort. »Ich frage mich, wie lange Sie noch mit ihm verhandeln können. Und er hat noch andere Probleme und Interessen.«
Sirayuki nahm die Teeschale in beide Hände und ließ die Wärme der Flüssigkeit durch seine Arme strömen. »Ich verstehe nicht recht, wie Ihre Organisation funktioniert«, stellte er in einem Tonfall fest, der den Eindruck eines Selbstgesprächs vermittelte. »Ihre Einheit scheint keinerlei erkennbare Hierarchie zu besitzen. Dieser Garber Vost übernimmt das Reden und gibt die Befehle, aber ich kann keinen Grund für seine Stellung erkennen. Er ist weder reicher noch mächtiger als die anderen. Und was ist mit der Frau an seiner Seite? Ich verstehe ihre Funktion nicht.«
Pesht lehnte sich zurück, aber dann fiel ihm noch rechtzeitig ein, daß er auf einem Kissen saß und keine Rückenlehne zur Verfügung hatte. Er haßte es, auf Kissen zu sitzen. Sie boten keine Möglichkeit, seine Überlegenheit zu zeigen. »Der Status der Frau ist einfach erklärt«, meinte er. »Vost macht sie an.«
»Macht sie an?« Sirayuki wurde ungeduldig.
»Um das zu verstehen, müssen Sie Vost kennen. Er macht Jagd auf alles, was weiblich ist, und die Jagd macht ihm mehr Spaß als die Beute. Er ist scharf auf Hoond, und sie sträubt sich. Jedenfalls die meiste Zeit. Das macht ihn verrückt. Sie ist bei den Besprechungen dabei, weil er ihr schmeicheln will.«
»Ich verstehe immer noch nicht«, erwiderte Sirayuki. »In unserer Gesellschaft, hier und auch in den anderen Städten, haben Frauen einen besonderen Platz. Sie existieren, um den Männern zu dienen.« Der Shidosha schwenkte den Arm und umfaßte symbolisch das gesamte Restaurant. »Alle Bediensteten hier sind Frauen. So gehört es sich. Der Mann leitet den Betrieb, und die Frauen dienen. Selbst die Frauen, die hier essen, dienen den Männern, die sie begleiten. Versteht Ihre Hoond das nicht?«
»Bei uns ist das etwas anders. Hoond war ein Offizier auf dem Schiff, das uns hergebracht hat.« Pesht erkannte, daß die Konzepte eines weiblichen Offiziers und eines Raumschiffs über Sirayukis Begriffsvermögen hinausgingen. »Egal. Wir sind anders. Belassen wir es dabei. Jedenfalls ist das unser Problem, nicht das Ihre. Ihr Problem besteht in der Entscheidung, ob Sie mit uns als Gruppe oder als Einzelpersonen Geschäfte machen wollen. Und wenn Sie mit uns als Gruppe verhandeln wollen, dann über jemanden, der in der Lage ist zu liefern, was er verspricht. Ich denke, Sie befürchten, Vost kann das nicht.« Pesht hoffte, auf der richtigen Spur zu sein. Aber gleichgültig ob dies so war, jetzt blieb ihm nichts anderes übrig als weiterzumachen. »Womöglich werden Sie noch mit größeren Problemen als nur Vost fertig werden müssen. Eine Reihe von Leuten in der Stadt könnten nicht hundertprozentig begeistert über die derzeitige Lage sein.«
Sirayuki mußte zugeben, daß das Rattengesicht die Situation absolut korrekt einschätzte. Die Oberhäupter der sieben Oligarchien hatten sich bei ihrer letzten Besprechung äußerst kühl gezeigt. Und als Sirayuki ihnen erklärt hatte, was die Söldner wollten und welche Bezahlung sie forderten, waren sie ganz besonders frostig gewesen. Offensichtlich hatten die Oligarchen Kontakt mit wenigstens einem der anderen Söldner aufgenommen und versuchten, ein besseres Geschäft zu machen.
Der Shidosha wurde durch eine Abstimmung der sieben Oligarchen zum Oberhaupt Usugumos gewählt. Die Position war nicht erblich, auch wenn die Hommas sie seit drei Generationen innehatten. Durch ihre Klugheit und ein besonderes Geschick, die anderen Fraktionen zu entzweien, hatten sie es geschafft/ sich so lange an der Spitze zu halten, aber es war keineswegs sicher, daß dies auch so bleiben würde. Sirayuki hatte einen Sohn, der möglicherweise sein Nachfolger werden konnte, aber der Shidosha mußte sich vorsehen. »Haben Sie möglicherweise eine Lösung vorzuschlagen?«
Pesht sah, daß sich das Gespräch zu seinem Vorteil wendete. Sein Vorstoß wäre hoffnungslos abgeschmettert worden, wäre sich
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