BattleTech 24: Auge um Auge
ist ihr Rufzeichen gleichzeitig auch ihr Vorname. Im Hintergrund ertönt die Fernartillerie der Caballeros. »Sprich weiter.«
Väsquez hat die Stimme eines fröhlichen kleinen Mädchens. Und auch die dazugehörigen Manieren, trotz ihres tödlichen Berufs als Pilotin eines Katapult der Einheit. Sie ist schüchtern, eine schlanke, hübsche Frau mit Händen wie braune Tauben, die gerne die extravaganten hiesigen Blumen im Haar trägt. Sie unterscheidet sich grundlegend vom typischen Mechpiloten, was es Cassie ermöglicht, sie beinahe zu mögen.
»Dein Signal ist vor Ort und eingeschaltet«, sagt Cassie.
»Ich habe es jetzt auf meinem Schirm, Abtacha. Danke.«
Cassie grinst. Von allen Mechkriegern denkt ausgerechnet Diana daran, ihr für die Erledigung ihrer Aufgabe zu danken.
Sie versteift sich, als sie ein Rascheln im Unterholz hört, das Dröhnen achtloser Schritte, ein Gemurmel mürrischer Stimmen. Dann dreht der Wind und trägt ihr den Geruch von Zigarettenrauch und ungewaschenen Leibern zu.
Verdammt, denkt sie. Die Basura sind für gewöhnlich unbeholfen und faul. Warum müssen sie ausgerechnet an diesem Morgen eine Fußstreife ausschicken? Und warum muß sie hier lang kommen?
Sie entfernt sich ein paar Meter von dem eingeschalteten Signalgeber. Die meisten der kleinen Überraschungen, die sie in den umgebenden Wäldern versteckt hat, sind zu gut verborgen, als daß eine widerwillige, achtlose Streife sie zufällig entdecken könnte. Wenn aber jemand über den Peilsender stolpert, wird wirklich die Hölle los sein.
Da waren sie. Keine dreißig Meter entfernt, und kamen direkt auf sie zu: eine Frau und drei Männer. Zwei haben tatsächlich ihre Sturmgewehre umgehängt. Ein anderer trägt sein Gewehr am vorderen Griff, Mündung nach unten, wie ein guter alter Junge, der von der Jagd zurückkommt.
Natürlich ist es ausgerechnet der linke Flankenmann, der so aussieht, als hätte er eine Vorstellung von dem, worum es hier geht. Und der kommt direkt auf Cassie zu. Ein O-beiniger, bärtiger kleiner Bursche in einer schmutzigen dunkelbraunen Tunika, Shorts und zu großen Dschungelstiefeln mit einem DCMS-Dschungelbarett auf dem Kopf und dem Sturmgewehr im Anschlag. Er könnte sogar ein Deserteur der Draconier sein.
Die Streife watet durch einen Sumpfarm. Die Stimme der Frau übertönt das Platschen. Wimmernd wie ein Moskito, beklagt sie sich über die allgemeine Ungerechtigkeit. Cassie grinst. Nöl ruhig weiter, Schwester.
Sie tritt beiseite, wird eins mit einem blühenden Busch, wartet. Der Mann in der abgelegten Drac-Uniform geht direkt am Busch vorbei und schafft es wenigstens, etwas weniger Lärm zu machen als ein Atlas mit Hüftschaden.
Cassie bewegt sich geräuschlos. Ihr linker Arm gleitet von hinten um seinen Hals, ihre Finger umklammern sein bärtiges Kinn und verschließen den Mund. Ihre Rechte stößt Bluttrinker mit einem Vorhandstoß in die Seite seines Halses. Sein Körper biegt sich im Todeskampf. Sie hält ihn fest und stößt die gewellte Klinge inmitten eines scheußlichen Blutstrahls vorn aus seiner Kehle wieder heraus.
In den Holovids sterben die Leute mit Messerwunden schnell und lautlos. So ist es nicht. Cassie zieht ihn rückwärts mit sich zu Boden, dreht ihn aufs Gesicht, so daß alle Geräusche, die aus seinem Mund dringen – oder das Zischen der Luft, die aus seiner zerfetzten Luftröhre entweicht – von der schwammigen Erde verschluckt werden.
Seine Zuckungen lassen nach. Cassie kauert auf ihm, horcht, bereit, beim leisesten Hinweis darauf, daß die Kameraden des Mannes seine Todeskrämpfe gehört haben, aufzuspringen. Sie nörgeln nur weiter und machen mehr als genug Lärm, um ihr Deckung zu bieten.
»Cassie?« fragt Diana. »Bist du in Ordnung? Ich habe ein Geräusch gehört.«
Sie krabbelt auf allen vieren zu dem Busch zurück, bei dem sie ihren Rucksack und ihr Sturmgewehr liegengelassen hat. »Mir geht es gut, Diana. Tiburon? Abtacha.«
Cassie säubert die Klinge des Krises und steckt den Dolch dann in die Scheide. Sie zieht eine Handeinheit von der Größe und Form eines Personalkommunikators aus ihrem Rucksack.
»Hier Tiburon«, antwortet jemand. Es ist die tiefe, spanisch eingefärbte Stimme eines kräftigen Mannes in fortgeschrittenem mittlerem Alter. Für Cassies Ohren klingt er auch müde und traurig. »Sprich weiter, Abtacha.«
»Bereit?«
Die Basura ist in zwanzig Metern Entfernung stehengeblieben. »Leo?« fragt sie. »Leo, wo bist du hin?«
»Bestätigung, Abtacha«, antwortet
Weitere Kostenlose Bücher