BattleTech 26: Robert Thurston - Ich bin Jadefalke
mir würde soweit gehen, seinen Vorgesetzten zum Duell um das Recht herausfordern, den Befehl abzuändern. Ich weiß das, und auf eine seltsame Weise bin ich stolz darauf. Wäre Aidan hier, würde er sagen, das ist typisch für dich, Joanna.
Aber ich fühle mich in keiner Weise unloyal. Ich weiß nicht, warum das so ist. Ich weiß nur, daß ich mich mein ganzes Leben, mein ganzes Kriegerleben, davor gefürchtet habe, alt genug für eine erniedrigende Versetzung wie diese zu werden. Ich dachte, das Schlimmste, was mir passieren könnte, wäre, als Kanonenfutter in einer Solahma-Abteilung zu enden, Teil einer kleinen Truppe greiser Krieger zu werden, die keinen Wert mehr für ihre Einheiten haben und dankbar ihre Pflicht erfüllen, indem sie sehenden Auges in den sicheren Tod marschieren, um den echten Kriegern Zeit zu erkaufen. Verflucht, ich bin eine echte Kriegerin, bin immer noch eine echte Kriegerin. In Flammen zu Boden gehen, in einer Schlacht fallen, die einen Sinn erfüllt – das ist ein Schicksal, wie ich es mir immer erhofft habe. Mit feuernden Kanonen untergehen wie Aidan Pryde. Freigeburt, all die Schlachten, in denen ich gekämpft habe – und immer habe ich gesiegt, oder wenigstens überlebt.
Ich könnte uralt werden. Es könnten Jahre im Kanistergarten vor mir liegen. Jahre! An so etwas kann ich nicht einmal denken. Es ist widerlich, so alt zu werden. Wie können die älteren Krieger, Kael Pershaw, Natascha Kerensky und die anderen, das ertragen? Sicher, sie haben ihre Pflichten, aber was nützen die, wenn die Knochen schmerzen und das Lenken eines Mechs nur noch eine Erinnerung ist? Pershaw ist ein Wrack, aber er macht weiter. Warum?
Vielleicht wäre es besser für mich, diese kleine Auseinandersetzung mit Ravill Pryde zu verlieren. Jeder weiß, er ist ein Komet, drei auf einen Schlag, ein geschenkter Blutname, Sternhaufenkommandeur noch bevor er eine echte Schlacht gesehen hat. Es wäre sogar ein heroischer und ehrenhafter Tod, in einem Ehrenduell mit einem zukünftigen Helden. Könnte ein wichtiger Teil seiner epischen Verse in der Erinnerung werden. Ich kann es regelrecht vor mir sehen, wie er meinen Leichnam zurück zu seinen kleinen Prydelingen schleppt. Es paßt alles zusammen. Nur kann ich auch so nicht sterben. Irgend etwas zwingt mich, weiterzumachen. Irgend etwas zwingt mich, weiterzukämpfen. Ich bin Jadefalke. Vielleicht ist es das. Ich bin Jadefalke.
Dieser Gedanke gefiel ihr. Jadefalke zu sein, war genug. Es hatte einen Helden aus Aidan Pryde gemacht – der schließlich auch kein normaler Krieger gewesen war. Auf seine Art war er ebenso widerspenstig gewesen wie sie.
Aber er hat es geschafft zu sterben, verdammt soll er sein! Egal, solche unclanmäßigen Meditationen hatten keinen Sinn. Es war besser, nach Ravill Pryde und dessen Waldwolf zu suchen und sie beide zu Schrott zu schießen.
Aber wo, zur Hölle, steckte er?
Der nächste schwere Schritt brachte die Sensoren wieder in Gang. Ein Blick auf den Sekundärschirm zeigte Joanna einen massiven Kamm aus Eis und Schnee ein Stück voraus. Wenige Schritte reichten, dann konnte sie die Eisklippen hoch in den Himmel ragen sehen.
»Beeindruckend, nicht wahr, Sterncommander Joanna?« Zum ersten Mal, seit der Kampf begonnen hatte, brach Ravill Pryde die Funkstille.
Joanna fühlte sich verwundbar. Er konnte von hinten angreifen. Sie drehte den Bluthund augenblicklich um seine Achse, keine leichte Aufgabe auf dem Eis. Der Mech war zu schwer, um zu fallen, aber das hinderte ihn nicht daran, zu rutschen, während sie ihn schwerfällig durch die 180°-Drehung lenkte. Ihre Laser waren feuerbereit, aber der Waldwolf war nicht da, wo er hätte sein sollen. Laut ihrer Ortung hätte sie ihm direkt gegenüberstehen müssen, aber alles, was sie auf der Sichtscheibe erkennen konnte, war chaotisch umherwirbelnder Schnee.
»Der Sturm hat auch meine Systeme durcheinander gebracht, Joanna. Aber ich weiß, wo du bist. Mal sehen.«
Links von ihr trat der Waldwolf aus dem Schneevorhang. Von vorne betrachtet, wirkte der Mech weit weniger wild als sein Namenspatron. Mit dem niedrigen Kopf, den unter den Raketenlafetten scheinbar hängenden Schultern und zögernd gebeugten Armen machte er einen geradezu demütigen Eindruck.
Nachdem sie die erste Salve verschwendet hatte, entschied Joanna, auf eine gute Schußgelegenheit zu warten. Eine schnelle Systemüberprüfung, und sie erkannte eine ungewöhnlich hohe Innentemperatur ihres Mechs, möglicherweise als Ergebnis
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