BattleTech 26: Robert Thurston - Ich bin Jadefalke
keinerlei Insignien trug. Aber wenn dem so war, wieso wurde seine Fracht von Elementaren bewacht, die ganz eindeutig Jadefalken-Uniform trugen? Waren die Wölfe so falsch, daß sie ihre Krieger allen Ernstes in die Farben eines anderen Clans kleideten? Das konnte sie einfach nicht beantworten. Grundsätzlich konnten ClanKrieger es nicht ertragen, die Kleidung eines anderen Clans – oder, schlimmer noch, einer anderen Kaste – auf dem Körper zu spüren. Andererseits war es denkbar, daß ein Clan, der falsch genug war, überhaupt Spione einzusetzen, auch ehrlos genug war, seine Truppen zu verkleiden. Vielleicht waren die Träger der Jadefalken-Uniformen auch gar keine echten Krieger gewesen. Sie konnten Ausgestoßene, Banditen, gewesen sein, die zu diesem Zweck shanghait worden waren. Denen würde es nichts ausmachen, in die Uniformen der Kriegerkaste zu schlüpfen.
Die ganze Problematik der Verkleidung irritierte Joanna. Sie war immerhin eine Jadefalkin, und Jadefalken haßten jede Art der Täuschung, aber wer konnte sagen, wozu die Wölfe imstande waren? Wie sie auch Pershaw gesagt hatte, erschien ihr der Gedanke, sich als etwas anderes auszugeben, als unnatürlich, auch wenn sie den Auftrag angenommen hatte. Die Wahrheit über Ravill Prydes ungewöhnliches Generbe geheimzuhalten, war ihr ebenso schwergefallen, aber das hatte zumindest einen Sinn ergeben.
Diese Mission ließ ihr den Kopf schwirren. Joanna war vielleicht eine verbitterte Kriegerin, die dazu neigte, die Überzeugungen anderer zu verspotten, aber sie war ganz und gar dem Wesen der Clans verpflichtet, dem Wesen der Jadefalken-Kriegerin, und selbst wenn sie es gelegentlich haßte, so hatte dieses Leben doch einen Sinn für sie. Jetzt aber ergab nichts mehr einen Sinn. Alte Männer, die in Wirklichkeit jung waren, Spione des Wolfsclans, Geheimmissionen, schwarze Landungsschiffe, die plötzlich aus dem Nachthimmel auftauchten. Joanna wußte nicht mehr, was sie damit anfangen sollte. Sie wußte nur, daß sie in dieses Tohuwabohu irgendeine Art von Ordnung bringen mußte – und vor allem mußte sie einen Weg aus dieser überalterten Ansammlung nutzloser Krieger zurück finden – ja, wohin eigentlich? Zurück nach Sudeten und Ravill Pryde und zum nächsten Landungsschiff mit Kurs auf die Nestwelten, um Kanisteramme zu werden?
Bei dem Gedanken lief es ihr eiskalt über den Rücken. Das kam immer häufiger vor. Ihr bot sich nicht eine vernünftige Option. Die einzige Möglichkeit eine zu finden bestand darin, sie selbst zu erschaffen. Vielleicht konnte sie das schwarze Landungsschiff entführen, wenn es zum nächstenmal kam, seine Kontrollen übernehmen und in eine andere Galaxis fliegen, eine, in der man eine überalterte Kriegerin noch zu schätzen wußte. Natürlich hatte sie nicht die leiseste Ahnung davon, wie man ein Landungsschiff steuerte, aber in Anbetracht ihrer übrigen Probleme schien das ein unbedeutendes Detail. Die kalten Abende Doggs verbrachten die Solahma-Krieger mit Aktivitäten von schockierender Trostlosigkeit. Manche saßen um das Feuer und erzählten murmelnd von vergangenen Zeiten – von uralten Schlachten und Überfällen, von Manövern vor der Invasion der Inneren Sphäre, von alten BattleMechs, die wahrscheinlich schon vor Jahren endgültig auf dem Schrottplatz gelandet waren. Andere hüllten sich in ihre löchrigen Decken oder räudigen Pelze und legten sich auf den Boden, als wollten sie früh Schlafengehen. Aber Joanna bemerkte, daß bei vielen von ihnen die Augen offen blieben. Ihr Blick jedoch war leer. Einige wenige beschäftigten sich mit rudimentären Fitnessübungen, aber ihre nachlassende Kondition beleidigte das Auge des Betrachters.
Ein alter Krieger war darunter, der einfach nur dasaß und in die Flammen starrte, während das Licht über das metallisch glänzende Neuralimplantat spielte, das wie eine Tätowierung sein Gesicht bedeckte. Er war einer jener Jadefalken-Krieger, die sich für eine Abkürzung auf dem Weg zum Ruhm entschieden hatten, mit dem Ergebnis, daß er innerhalb weniger Jahre seine Hirnwindungen gargekocht hatte. Joanna hatte den Mann nie auch nur ein Wort reden hören. Sie hatte ihn auch nie etwas anderes tun sehen als dasitzen und vor sich hin starren, ohne etwas zu sehen, möglicherweise ohne etwas zu fühlen. Die anderen lachten über ihn und erzählten, die einzige Möglichkeit, Pytor zu einer Bewegung zu veranlassen, sei, ihm eine Waffe in die Hand zu drücken.
Obwohl es sich hier um eine
Weitere Kostenlose Bücher