BattleTech 31: Im Herzen des Chaos
den Schnee.
Sie stand ein paar Augenblicke lang still da. Dann: »Warum?«
»Warum wir Ihnen helfen?« Er lächelte humorlos.
»Zunächst sollten Sie begreifen, daß wir Clanhändler keine Marionetten der Kriegerkaste sind.«
»Aber wir sind Feinde!«
»Sie sind nicht mein Feind, es sei denn, Sie wünschen es. Hören Sie zu: Der große Kerensky verließ die Innere Sphäre, weil ihre Herrscher ihren Ehrgeiz nicht vergessen und keinen Frieden schließen konnten. Jetzt beabsichtigt unsere Kreuzritterfraktion, ständigen Krieg um seiner selbst willen in die Wiege der Menschheit hineinzutragen. Das ist nicht der Weg.«
»Es geht also um Politik.«
»Nein. Es geht ums Überleben. Wenn der Waffenstillstand erst einmal abgelaufen ist, besonders wenn die Clans ihn aufkündigen, wird ein Krieg beginnen, der nur in Zerstörung enden kann. Weder Ihre Führer noch die unseren haben eine Alternative zu bieten. Nur der Mann, der uns hierhergeschickt hat, stellt – mit Ihrer Hilfe – eine Hoffnung auf eine andere Zukunft dar: Chandrasekhar Kurita.«
Neugier um ihrer selbst willen war kein Hauptbestandteil von Cassies Wesen, aber sie lechzte danach, ihm weitere Fragen zu stellen. Er hielt Stille gebietend eine behandschuhte Hand hoch.
»Keine weiteren Diskussionen. Sie werden sehen, warum.«
Zwei weitere Clanhändler, einer davon eine Frau, näherten sich. Zwischen sich hatten sie einen eher kleinen, klobigen Mann. Als sie näher kamen, warf er ungeduldig seine Kapuze zurück und enthüllte darunter ein formloses schwarzes Barett. Er nahm seine schwarze Hornbrille ab und putzte sie an seinem Mantelärmel.
»Sie müssen Miss Suthorn sein«, sagte er. »Ich bin Enrico Katsuyama. Sie können mich Ernie nennen; mir ist das egal. Ich halte nicht viel von Formalitäten. Ich bin froh, hier zu sein. Hi, hi.«
»Ahm«, sagte Cassie. Funkelte da Humor in Masons Augen? Sie dachte: Enrico Katsuyama? Abdulsattah hatte die Caballeros über ihn informiert. Er hatte den Propagandafeldzug gegen das Siebzehnte geleitet, während die Interne Sicherheitsabteilung versuchte, Onkel Chandy damals vor zwei Jahren daheim auf Hachiman zu töten. Er war leitender Assistent Takura Migakis, des auf ordinäre Weise eleganten Oberhaupts der propagandistischen Stimme des Drachen. Was bedeutete, daß Katsuyama ein hochrangiger ISA-Offizier war. So ungeeignet er für diese Rolle auch erscheinen mochte.
Er stand da und blinzelte feucht zu ihr hoch.»Schön Sie zu treffen, Ernie«, sagte sie. Weil sie nichts besseres zu tun wußte, streckte Cassie ihm die Hand hin.
Er umfaßte sie mit zwei schlaffen Händen und schüttelte ihre Hand wie einen Pumpenschwengel. »Toll, hier zu sein. Ist das Towne?«
»Wir müssen jetzt gehen«, warf Mason ein. »Und zwar eher um Ihretwillen als um unseretwillen.«
Auch er schüttelte Cassie die Hand, ein fester Händedruck von Unterarm zu Unterarm. »Leben Sie wohl«, sagte er. »Mögen Sie weise und gut bieten.«
»Sie auch«, sagte sie mit trockenem Hals. Sie hatte nie im Leben erwartet, daß sie einmal einem Clanner etwas Gutes wünschen würde. Sie hatten ihr Patsy genommen…
Die drei Clanner wandten sich zum Gehen. »Tschüß, Jungs!« rief ihnen Ernie nach. Sie wandten sich um und winkten nicht unfreundlich.
»Nette Leute, das«, sagte Ernie zu Cassie, als die Clanner wieder in ihrem Schiff verschwanden. »Glaube nicht, daß es Draconier sind, und ich glaube auch nicht, daß sie vom VC sind. Könnten sie von irgendwo aus der Peripherie sein? Einige von ihnen waren ganz schön groß.«
Sie starrte ihn an. War es möglich, daß ein Beigeordneter Direktor der allwissenden ISA so ahnungslos war, daß er Clanner nicht erkannte, wenn er sie sah? Auch wenn ihre Kleidung, soweit sie hatte sehen können, keine Clanabzeichen aufgewiesen hatte – was an sich schon ungewöhnlich war –, so war ihre Identität für Cassie doch offensichtlich gewesen.
Aufgrund ihrer kurzen, aber bereits erschöpfenden Bekanntschaft mit diesem Mann konnte sie glauben, daß er so unschuldig war… fast. Hatte Onkel Chandy dem Lächelnden das tödliche Geheimnis seines Umgangs mit den Clans enthüllt? Oh, was für ein Spiel spielst du, Großvater?
Sie konnte nur hoffen, daß der fette Mann wußte, was er tat.
Die Rampe glitt in den Rumpf hinauf und saugte das Licht mit hinein. Ernie lächelte raffiniert und steckte eine Hand in den Mantel. Er hatte eine große Lücke zwischen seinen beiden vorderen Schneidezähnen.
»Jetzt, wo sie weg sind«, sagte er, »habe
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