BattleTech 31: Im Herzen des Chaos
durchlöchern kannst.
Ein Krachen und ein blendender rubinroter Blitz. Zu spät kniff Cassie die Augen zu. Grünflackernde Nachbilder leuchteten hinter ihren Lidern, während ihre Nase den Geruch von Ozon registrierte. Der Treffer auf der Windschutzscheibe hatte die Aufmerksamkeit des Piloten erregt, und der MechReiter hatte mit einem der vier nach vorn weisenden mittelschweren Martell-Laser des Kampftitan geantwortet.
Zu ihrem Erstaunen erwischte sich Cassie bei dem Wunsch, der Todesstrahl möge Ninyu Kerai verfehlt haben. Sie spürte, wie sie wieder zu rutschen begann, diesmal weg vom BattleMech. Wild strampelnd warf sie sich über den Rand und rutschte zwischen dem Geschoßwerfer und dem runden Kopf des Kampftitan hinab.
Die Wölbung des Mech hatte eigentlich ein Verschlußsystem, um die Infanterie der Inneren Sphäre in sprungfähiger Rüstung – und neuerdings auch die Clanelementare – vom Piloten fernzuhalten. Doch das war nur ein kleines Hindernis für Cassie, die jede Einzelheit der wichtigeren BattleMech-Modelle studierte wie Scharfschützen des Aufklärungstrupps ballistische Tabellen. Rettungsmannschaften mußten die Wölbung schnell öffnen können, um bewußtlose MechKrieger herauszuholen. Aus langen Sitzungen mit ›Zuma‹ Gallegos, dem Cheftech des Siebzehnten, wußte Cassie genau, wie das geschah. Mit dem Handballen schob sie eine verborgene Schalttafel direkt hinter der Wölbung auf und zog an dem darin befindlichen Dförmigen Zugring.
Mit einem Floppen und einem Zischen ausströmender Luft schwang die Wölbung auf. Der MechKrieger drehte sich in seinem gepolsterten Pilotensessel um. Durch die Gesichtsplatte des Helms und die grünen Streifen, die noch immer in ihrem Gesichtsfeld leuchteten, sah Cassie, wie sich der Mund des Kriegers zu einem erstaunten O formte. Eine Frau, bemerkte sie. Für sie machte das keinen Unterschied.
Die Pilotin des Kampftitan war sehr geistesgegenwärtig. Nachdem sie nur einen Herzschlag lang verblüfft gewesen war, griff sie nach einer Autopistole im Halfter unter ihrem linken Arm. Cassie hatte schon den Vibrodolch zwischen den Zähnen hervorgezogen. Sie schaltete ihn an. Als er in ihrer Hand zum Leben erwachte, stieß sie ihn wie einen Eispickel einmal, zweimal, dreimal durch die Vorderseite der Kühlweste der MechKriegerin. Blut spritzte Cassie ins Gesicht, das schon mit dem des ersten Angreifers bespritzt war, den sie getötet hatte. Die Angreiferin sackte in ihrem Sitz zusammen.
Cassie ließ den Dolch im Halsansatz ihres Opfers stecken und hieb auf die Schnellöffnungsvorrichtung ihres Sicherheitsgurts. Mit übermenschlicher Anstrengung kippte sie den Leib, der schlaff war wie ein Jutesack voll Weizen, aus dem Cockpit. Dann setzte sie sich in den vom schnell erkaltenden Blut klebrigen Kommandosessel und legte den Schalter um, der die Wölbung schloß.
Sie schloß sich wie Kiefer, die den kalten Wind, die Schreie von unten und den sich von hinten rasch nähernden Kampfeslärm abrupt abbissen. Gehüllt in einen Mutterleib aus Transpex und Durallexplatten atmete Cassie tief aus dem Zwerchfell und versuchte, ihren jagenden Puls unter Kontrolle zu bekommen.
Das war nicht, als ließe sie sich von einem Monster aus den Alpträumen ihrer Kindheit verschlucken, sie ließ sich von einem Monster aus den Alpträumen ihrer Kindheit verschlucken. Als Kind hatte sie auf Larsha mit angesehen, wie ein von Piraten gesteuerter Atlas ihren Vater getötet – zumindest hatte sie das immer geglaubt – und ihr Haus zerstört hatte. Seit dieser Zeit hatte sie Battle-Mechs mehr als alles andere im Universum gefürchtet und gehaßt; deshalb hatte sie sich ihrer Vernichtung geweiht. Was sie jetzt empfand, war Desorientierung, die durch eine merkwürdige Vertrautheit nur noch schlimmer wurde: Sie war zwar zuvor noch nie in einem MechCockpit gewesen, doch Cassie kannte das Ambiente aus ihren besessenen Studien so genau wie ein MechKrieger.
Ein Blitz erleuchtete die arg mitgenommene Pagode vor der Riesenmaschine. Muß was tun, sagte sie sich. Sie bediente den Schalter, der den Funk aktivierte.
»Schwert des Mitleids Drei, hier Schwert Zwei«, sagte eine Frauenstimme. »Schwert Drei, bitte melde dich. Schwert Sechs, sie antwortet noch immer nicht.«
»Schwert Zwei, Sechs. Versuchen Sie es weiter. Ende«, sagte ein
Mann.
»Schwert Sechs, hier Schwert Eins«, sagte ein anderer Mann. »Ich
sehe Schwert Drei jetzt. Meine Instrumente sagen, daß all ihre Subsysteme normal funktionieren,
Weitere Kostenlose Bücher