BattleTech 31: Im Herzen des Chaos
ungeschützten Menschen töten konnte, besonders wenn er nicht ausgebildet und geübt war, ihr standzuhalten. Genauer noch, selbst ein Luft/Raumpilot, der wie eine Muramasa Klinge gehärtet und geschärft war und einen Druckanzug trug, konnte sich in einem Kampfflugzeug buchstäblich zu Tode fliegen. In der Praxis hätte das Zusammenspiel von Druckbelastung und emotionalem Stress die Einschätzungen, die Wahrnehmung und die Reflexe des Piloten schon derart geschwächt, daß die Wahrscheinlichkeit eines fatalen Mißgeschicks sich asymptotisch Richtung Gewißheit bewegte, lange ehe dieser Punkt erreicht war.
Selbst unter der aufgeklärten Führung Theodore Kuritas, zunächst als militärischer Befehlshaber und dann als Herrscher des gesamten Kombinats, verlangten die Vereinigten Soldaten des DraconisKombinats viel von ihren Kriegern. Aber die VSDK hatten schon lange auf die harte Tour begreifen müssen, daß es schlicht die Verschwendung teurer Maschinen bedeutete, einen Piloten länger als eine Stunde am Stück im tatsächlichen Kampf zu halten, wenn es nicht unbedingt nötig war, vom Leben der Piloten ganz zu schweigen. Und obwohl das Leben der Einzelnen nichts bedeutete, kostete ihre Ausbildung den Drachen ein Sprungschiff voll Geld.
Als die Shilone langsamer zu werden begann, lenkte Maus die Maschine von der Landebahn und rollte, geführt von einem dickvermummten BodenTech, der Leuchtstäbe schwenkte und Ohrstöpsel trug, zu einem Parkplatz auf dem Vorfeld in der Nähe einiger Hangars. Sie ließ sich aus der Einstiegsluke im flachen Bauch der Maschine fallen und winkte ab, als ihr ein Tech die behandschuhte Hand als Hilfe reichen wollte, dann ging sie vornübergeneigt unter der schnell abkühlenden Maschine durch zu einem wartenden Kleinbus. Die Tür glitt auf, als sie die rutschfest gepolsterten Metallstufen erklomm.
»Willkommen in Towne«, ertönte die Stimme ihres Geschwaderkommandanten.
Sie blieb in der Tür stehen und verneigte sich. »Der Tai-sa erweist dieser Unwürdigen große Ehre«, erwiderte sie, ohne sich die Mühe zu machen, das Grinsen zu unterdrücken, das das Visier ihres Helms nicht verbarg. Kurita-Luft/Raumpiloten legten Wert auf ihr Erscheinungsbild, aber wie Kampfflieger zu allen Zeiten neigten sie besonders bei denen, die mit ihnen gekämpft hatten, zu äußerster Informalität. Respekt verdiente der, der gut flog. Alles andere waren nur Kinkerlitzchen.
»Oh, kommen Sie endlich rein und holen Sie mal tief Luft. Und nehmen Sie Ihren Arsch aus der Tür, Maus. Diese Ver-Ratten halten nicht allzuviel von Komfort, also verschwenden Sie die schöne Warmluft nicht.«
In der Tat hatte Tai-i Sharon Omizuki den kalten Wind oder den wehenden Schnee aufgrund des warmen Siegesrauschs und des Isolationseffekts ihres vakuumfähigen Druckanzugs noch gar nicht bemerkt, aber sie ging zu einem Stuhl, der dem ihres Kommandanten auf der anderen Seite des Ganges gegenüber stand. Sie nahm ihren Helm ab, als der Fahrer die Maschine in Bewegung setzte.
An Maus Omizuki war nichts auffällig Mäuseartiges.
Allerdings hatte sie auch nichts besonders Japanisches an sich. Sie war 172 Zentimeter groß, mit lockigem, kastanienbraunem Haar –
das ihr im Augenblick verschwitzt an der Stirn klebte –, heller Haut und Sommersprossen; keine besonders hübsche Frau. Ihre Nase war zu groß und ihr Mund zu unregelmäßig. Die Anziehungskraft ihrer großen, leuchtenden, haselnußbraunen Augen ließ sich nicht leugnen, und unter den richtigen Umständen – sie war sehr wählerisch – konnte sie geradezu verheerend sexy wirken. Momentan grinste sie ihren KO nur an und fühlte sich ein wenig doof.
Tai-sa Kondracke war ein hochgewachsener Mann mit schwarzem Haar, das kurzgeschoren an seinem schmalen, totenkopfartigen Schädel anlag. Seine Augen waren dunkel und tiefliegend und verliehen ihm ein grimmiges Aussehen, das außer im Kampf nicht seinem Wesen entsprach.
»Ich glaube nicht, daß Sie heute noch einmal Ausgang bekommen, es sei denn, die Dinge gehen in einer takara-bune zum Teufel«, sagte Kondracke. »Das Wetter wird zusehends schlechter.«
Maus grunzte und runzelte leicht die Stirn. Das war das Üble an Operationen in der Atmosphäre. Ein heftiger Windstoß hätte selbst die 100-Tonnen-Stuca, die sie abgeschossen hatte, wesentlich schneller zerstören können, als es der schlagkräftigen Bewaffnung ihrer Shilone gelungen war – ganz zu schweigen davon, was er mit ihrer 65-Tonnen-Maschine und noch leichteren
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