BattleTech 36: Blindpartie
gerade ein Nachteil gewesen.
Es beunruhigte sie immer noch, daß Sun-Tzu Liao ausgerechnet jetzt ein Interesse an der Peripherie entwickelte, wo die Operation der Toyama so gut voranging. Aber sie ließ sich davon nicht übermäßig aus dem Gleichgewicht bringen. Der Reiz seines Geschenks würde schnell genug verfliegen. Und so wie sich diese Begegnung entwickelte, würde der Botschafter bis zum Abend in Schimpf und Schande zurück ins All geschickt werden.
Dieser Gedanke schien auch dem Botschafter nicht fremd zu sein. Das capellanische Sprungschiff befand sich noch immer am Nadirsprungpunkt des Systems. Für den Fall, daß der Botschafter nicht lange bleibt. jetzt war sie doppelt froh, daß die Magestrix ihr erlaubt hatte, den Mann zur fürstlichen Residenz zu begleiten. Angesichts seiner selbstgefälligen Ankunft gab ihr dies reichlich Gelegenheit zu überlegen, wie sie ihn so manipulieren konnte, daß er am Hofe mit Sicherheit in Ungnade fiel.
Alltägliche Arbeit.
Als die Schweber näher kamen, trat Jamie vor, um ihre Aufmerksamkeit zu erregen. Der vorderste drehte ab und hielt auf der anderen Seite ihres Wagens an. Die Limousine stoppte wenige Schritte vor ihr, und der dritte Schweber blieb dicht hinter ihr. Ein Zischen ertönte, als sich die Versiegelung der hinteren Flügeltür der Limousine löste und die Tür nach oben aufschwang. Jamie setzte sich in Bewegung, um den capellanischen Gesandten zu begrüßen, als zwei Männer aus der Tür stiegen, und links und rechts Aufstellung nahmen. Sie waren ganz in Schwarz gekleidet und mit Maschinenpistolen bewaffnet. Sie stockte mitten im Schritt, dann kam sie stolpernd zum Stehen, als ihr Blick auf die knochenweißen Totenkopfabzeichen an den Stehkragen ihrer Uniformen fiel. Todeskommandos! Aber das kann nur bedeuten ...
Plötzlich war ihr Mund wie ausgetrocknet. Jamie knickte fast mechanisch in der Hüfte ab und blickte vorsichtig in den dunklen Innenraum der Limousine. Als sie deren Passagier anstarrte, konnte sie nur daran denken, wie unglaublich dumm sie gewesen war.
»Sie müssen Demipräzentorin Nicholas sein«, meinte Sun-Tzu Liao mit milder Stimme. »Meine Begleitung. Ich nehme an, Sie haben nichts dagegen einzuwenden, in meinem Wagen zum Palast der Magestrix zu fahren?«
Emma Centrella atmete tief ein, als sie in die unbewegte Miene des jungen Liao blickte.
Die Magestrix saß auf etwas, was im Magistrat einem Thron am nächsten kam: einem großen, runden Sessel, reich gepolstert und auf einer flachen Empore, die in bewußtem Bruch der Symmetrie etwas versetzt zur Mitte an einer der Wände plaziert war. Ein Sessel, auf dessen Kante sie bequem sitzen, aber auf dem sie auch die Beine zu einer entspannteren Haltung unter sich ziehen konnte. Im Augenblick aber saß sie auf der Kante. Ihre linke Hand lag entspannt an ihrer Seite, die rechte spielte mit einer von einer nahen Statuette emporgehaltenen Marmorkugel. An derselben Wand - wie ihre kleine Empore - befand sich ein sehr viel platzaufwendigerer künstlicher Wasserfall mit einem Teich aus Kunstfels. Es paßte zur Vorliebe der Canopier für formlose Empfänge, daß dieses Wasserspiel den Mittelpunkt des Raumes bildete.
Auch wenn ich arg bezweifle, daß irgend jemand außer mir darauf in den letzten Minuten einen Gedanken verschwendet hat.
Die Spannung im Fürstensaal nahm nach ihrer formellen Begrüßung des Kanzlers allmählich ab, aber die Wachen standen immer noch in Hab-Acht-Stellung, die Mienen hart, die Hände an den Gewehren. Sun-Tzus zwei Todeskommandos wirkten entspannt, aber wachsam. Sie standen zwei Meter hinter ihrem jungen Herrscher, einer auf jeder Seite.
Zwei gegen Sechs. Nach allem, was sie über die Todeskommandos gehört hatte, war das mehr als genug.
Die Magestrix hatte sich inzwischen wieder voll im Griff, auch wenn sie durchaus verunsichert ausgesehen hatte, als Sun-Tzu in der prächtigen roten Seidenrobe seines Amtes durch die Tür am Ende des Saales getreten und sich vorgestellt hatte. Ihre Wachen hatten größere Geistesgegenwart gezeigt. Nur eine leichte Versteifung in ihrer Haltung und eine geringfügige Veränderung der Postur hatten erkennen lassen, daß sie nur auf den Befehl zum Eingreifen warteten. Naomi hatte sich weniger gut gehalten und wiederholt zwischen ihrer Mutter und dem Kanzler der Konföderation Capella hin und her gesehen, bevor sie sich unter Kontrolle bekam. Hinter den Posten hatte die junge Frau, die Naomi als Gefährtin für den Liao-Botschafter
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