BattleTech 37: Loyal zu Liao
meldete sich wieder, bevor Leutnant Harris
antworten konnte. »Unser Ingenieur berichtet, daß der Antrieb wieder arbeitet. Wir können mit eigener Kraft
andocken, wären aber für Schlepper dankbar.« Harris nickte. »Tut das. Ich werde den Stationskommandeur anpiepen.« Sie nahm den Hörer auf und wählte das Quartier des Kommandeurs an. Bevor sie aber das Rufzeichen aktivierte, wandte sie sich dem fünften Mitglied der Brückenbesatzung zu. Der Posten hielt ein Sturmgewehr in den Händen und trug die graue Uniform der Militärakademie Sarna.
»Besser, du weckst jetzt deine Kumpels«, sagte sie ihm. »Wir verdoppeln die Wachen. Die restlichen Leute können sich unten im Wartungsdock nützlich machen und mithelfen, Tote und Verletzte zu bergen.« Shen war schon bei der Arbeit, gab über seine eigene Kommunikationsanlage Befehle weiter und holte, wenn nötig, zur Rückversicherung Computerdaten ein. Eines war sicher, dachte er. Niemand würde sich künftig über langweilige Freischichten beschweren.
2
Sprungschiff Liu
Zenit-Sprungpunkt, Kaifeng-System
Souveränität Sarna, Chaos-Marschen
10. Juli 3058
Auf dem Grav-Deck der Liu befanden sich zwei Erholungsräume, ein Gemischtwarenladen, Mannschaftskojen und drei Kabinen, die für die Offiziere des Sprungschiffs bestimmt waren. Ty Wu Non hatte eine von diesen mit Beschlag belegt und für die Operation als Hauptquartier eingerichtet.
Lanzenführer Aris Sung stand gerade in der Tür und wartete ungeduldig darauf, daß der ältere HiritsuKrieger ihn zur Kenntnis nahm. Dieser saß an seinem Schreibtisch und studierte seelenruhig die Grundrißpläne der Aufladestation der O/ymp -Klasse. Unruhig sah Aris immer wieder auf seine Uhr. In weniger als dreißig Minuten würde die Liu an die Jodo Shinsa andocken. Aris ballte die Fäuste, so fest, daß sich die Fingernägel schmerzhaft in die Handballen gruben. Diese Zeit könnte man nutzen, um die Einsatztruppe zu instruieren, natürlich aber auch, um - wie Ty es tat - die Pläne der Aufladestation zu betrachten. Auf jeden Fall konnte man die Zeit sinnvoller verbringen, als damit, sich von der zweitmächtigsten Person des Hauses Hiritsu ignorieren zu lassen oder mit ihr zu streiten.
Bei Ty und Aris war eines von beiden immer der Fall.
Aris Sung war bei dem Fünfkilometerlauf vor elf Jahren nicht gestrauchelt. Er glaubte nicht, daß Ty Wu Non ihm das jemals vergeben hat. Die Erinnerung an jene Zeit kam immer wieder hoch, wenn Aris Tys Anwesenheit ertragen mußte. Diese langen fünf Kilometer - Staub schlucken, Muskelkater und Blasen an den Füßen. Und dazu noch der stechende Schmerz in seinem wunden Rücken - nach den Peitschenhieben. Und Ty rannte mit der Nakjama-Laserpistole in der Hand immer neben ihm her, beleidigte ihn ohne Unterlaß. Aris hatte es dem damaligen Lanzenführer nie gesagt und er wollte es sich selber auch nicht eingestehen -, daß es Tys Schmähungen waren, die ihn diesen Lauf überstehen ließen.'
Ty Wu Non war ihm seit diesem Lauf nicht mehr von der Seite gewichen. Als Aris' persönlicher Ausbilder gehörte der Lanzenführer zu seinem Leben; er lehrte ihn die Gebräuche und Traditionen des Hauses Hiritsu und beaufsichtigte sein gesamtes Training. Alle Kriegerhäuser umfaßten ein MechBataillon und ein Bataillon spezialisierter Infanterie. Im Hause Hiritsu verbrachten die MechPiloten-Anwärter ihre ersten vier Jahre zusammen mit der Infanterie, damit sie sich aneinander gewöhnen und starke Bande entwickeln konnten - viel stärkere als sonst -, die MechKrieger und ihre verkannten Kameraden miteinander verbinden. Ty hatte einige Infanterie-Ausbilder - welche von der boshafteren Sorte - um Unterstützung gebeten. Sie schlugen ein hartes Tempo an, damit Aris die Zeit, die durch seinen späten Einstieg mit dreizehn Jahren verlorengegangen war, aufholte. Aris lernte Anti-MechTaktiken genauso wie sich beim Feind einzuschleusen oder als Assassine zu arbeiten und vieles andere. Als er mit sechzehn während einer Übung selbständig Virginia Yorks eigenen Mech stoppte, lobte die HausMeisterin Tys Arbeit als Ausbilder, beförderte ihn und nahm ihn in ihre BattleMech-Ehrengarde auf.
Aris durfte nun an den höheren Ausbildungsgängen teilnehmen, einschließlich MechOperationen und
-Taktiken. Das gefiel ihm gut, alles war in Ordnung.
Mit zwanzig Jahren besiegte Aris Haus-Meisterin York im MechSimulator. Damit verdiente er sich seine Katana, das Schwert, das jedem Haus-Krieger verliehen wurde. Auch Ty wurde zur
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