BattleTech 40: Die Jaeger
die Gelegenheit bekam, seinen Gegner näher in Augenschein zu nehmen, erkannte der Colonel, daß es sich bei diesem um eine alte ComGuardKönigskrabbe handelte, die modifiziert worden war, um das Bild eines Daishi zu bieten. Aber gleichgültig, mit welchem der beiden Mechtypen er es zu tun bekam, sein Orion war dem 100t schweren Metallmonster in Bewaffnung, Panzerung und Gewicht unterlegen.
Der Clanner-Mech hob die Arme. Xenon-Blitze zuckten aus den kastenförmigen Armschienen des simulierten Daishi. Amis’ Computer meldete Schäden an der Panzerung auf Torso und Beinen, aber keinen Bruch. Vier Salven simulierten Autokanonenfeuers ließen seinen Mech wanken. Jetzt wurden die Schäden schon bedrohlicher.
Ein Schauer simulierter Raketen stieg aus dem linken Handgelenk des Orion auf, gefolgt von einem doppelten Laserstoß und einem Hagel computergenerierter panzerbrechender Explosivgeschosse.
Der ›Daishi‹ war beschädigt, aber nicht beschädigt genug, um ihn an einer zweiten vernichtenden Breitseite zu hindern.
Aus dem Augenwinkel sah der Söldner eine große schwarze Silhouette näher kommen. Der Computer füllte die Pilotenkanzel mit blaustrahlendem Licht, als Major Eveline Eicher, seine Stellvertreterin, den Angreifer mit der Partikelprojektorkanone ihres Herkules attackierte.
Der gewaltige überschwere Mech geriet durch den plötzlichen Verlust nahezu einer Tonne Panzerung aus dem Gleichgewicht. Ein zweiter Feuerstoß aus Eichers Waffe, unterstützt von einer AK-Salve, zwang den Feindmech krachend zu Boden.
Als er seinen schwankenden Orion wieder unter Kontrolle hatte, galt Amis’ erster Gedanke seiner Einheit. Ein Blick auf die Taktikanzeige sagte alles. Die meisten seiner leichten Mechs waren zerstört oder schwer beschädigt. Seine Einheit wurde zerschlagen und zerfetzt.
Eine volle Sekunde starrte er reglos auf den Schirm. Dann kam ein Fluch über seine Lippen. Bedauernd schaltete er das Funkgerät ein.
»Brecheisen von Steinwall, Brecheisen von Steinwall.« Er ließ eine bewußte Pause zwischen jedem Wort und betonte die Silben exakt, um über dem Lärm und in der Verwirrung des Gefechts verständlich zu bleiben. »Signal Xanthippe Tango Hotel. Ich wiederhole: Xanthippe Tango Hotel. Gefecht einstellen und zurückziehen.«
Zögernd lösten sich die Eridani-Maschinen aus dem erbitterten Gefecht. Ein paar, darunter die Captain Izzats, fielen durch simulierte Schäden an den Beinen zurück. Nur zwei der beschädigten Mechs schafften es bis zum Regimentssammelpunkt. Der Izzats war nicht unter ihnen. Die angeschlagene Maschine des Captains war von einem ComGuard-›Ryoken‹ gestellt und vernichtet worden.
Noch bevor der letzte Nachzügler den RSP erreichte, drang Generalin Winstons Stimme aus den Funklautsprechern. »Brecheisen von Nagel. Signal Sechs. Romeo Zulu Bravo. Signal Sechs. Rückkehr zur Basis.«
* * *
Eine dreiviertel Stunde später warteten Winston und Kolonel Paul Masters im Kommandeursbüro der Leichten Reiterei auf die Leiter der Übung. In einer Ecke des trostlosen, spärlich eingerichteten Raums saß der Oberkommandierende der Einsatzgruppe, Marshal of the Armies Morgan Hasek-Davion von den Vereinigten Commonwealth-Streitkräften. Morgan war still und leise auf Defiance eingetroffen, noch bevor die meisten Einheiten der Einsatzgruppe auch nur ihre Garnisonswelten verlassen hatten. Zu seiner Rolle als Einsatzgruppenkommandeur gehörte es auch, das Training zu überwachen, die Gefechtsmanöver zu planen und die Nachbesprechung der ersten Integrationsübung zu leiten.
Morgan war einer der erfahrensten Gefechtskommandeure der VCS, wenn nicht der ganzen Freien Inneren Sphäre. Er hatte seine Laufbahn dreißig Jahre zuvor als Kompanieführer der Davion Heavy Guards begonnen und war schnell durch die Ränge aufgestiegen, bis er 3049 zum Oberkommandierenden der Vereinigten Commonwealth-Streitkräfte ernannt worden war.
Selbst mit dreiundfünfzig Jahren war er noch kein Schreibtischhengst. Er war ein ausgezeichneter, inspirierender Menschenführer, dessen berühmte schnelle Auffassungsgabe und verbissene Courage ihn zu einem der besten Gefechtsfeldkommandeure machte, die je einen Mech gesteuert hatten. Diese Kombination machte ihn zur natürlichen Wahl für den Führungsposten der Einsatzgruppe. Im Laufe der Jahre war sein flammendrotes Haar silbergrau geworden, und tiefe Sorgenfalten hatten sich in seine Stirn gegraben. Aber die grünen Augen unter dieser Stirn leuchteten noch immer hell und scharf
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