BattleTech 41: Freigeburt
abzuwenden.
Aber diese Eigenschaft machte ihn bei der Chefwissenschaftlerin der Station, Peri Watson, keineswegs beliebter. Er fühlte, wie seine Augen wäßrig wurden, als er jetzt mit ihr sprach. Er konnte nur hoffen, daß sie seinen Zustand einem anderen Umstand zuschrieb, selbst wenn sie es sich damit erklären mochte, daß er zuviel trank. Trunksucht war unter Jadefalken-Kriegern eher selten, bei Kommandeuren abgelegener Garnisonen allerdings nicht unbekannt. Roshak jedoch trank kaum und gestattete sich keinen Rausch. Die anschwellende Tränenflut ließ ihn beinahe wünschen, weniger streng mit sich zu sein. Betrunken zu sein wäre dieser Erniedrigung vorzuziehen gewesen.
* * *
Peri sah Bren Roshak prüfend an. Sie fragte sich wieder einmal, wie es kam, daß dieser Krieger so häufig am Rande eines Heulanfalls schien. Schließlich glänzte er in fast jeder anderen Hinsicht durch Trockenheit.
»Was hast du heute zu berichten, Peri Watson?« fragte er jetzt auf eine leicht stotternde Art, die sie an ein Kind erinnerte, das versuchte, die Tränen zurückzuhalten.
Er sprach ihren Namen auf abfällige Weise aus. Meistens zog er ihn dabei noch mit einem unbetonten ›I‹ zusammen, so daß er zu Peri Watson wurde. Viele der Jadefalken-Krieger, die größte Personengruppe in der Station, sprachen mit Angehörigen der niederen Kasten in diesem abwertenden Ton. Peri war eine Wahrgeborene, hatte selbst die Kriegerausbildung mitgemacht, aber sie war ausgesiebt und in eine niedrigere Kaste zurückgestuft worden. Das Kastenprivileg gehörte zum Wesen der Clans, und sie war gezwungen, das zu akzeptieren.
Die Wissenschaftler waren bei den Kriegern besonders unbeliebt, obwohl sie ein gewisses Prestige genossen. Die Wissenschaftlerkaste hatte sogar die Erlaubnis, Nachnamen zu tragen. Es handelte sich um reine Ehrennamen, die nur innerhalb ihrer eigenen Kaste benutzt wurden. Sie stammten auch nicht aus der aus den Tagen Nicholas Kerenskys überlieferten Liste der Blutnamen. Aber für Krieger klang die Verwendung jedes Nachnamens zu sehr wie eine Aneignung ihrer Blutnamenstradition. Sie haßten Nachnamen bei NichtKriegern.
»Es gibt nichts zu berichten, Sterncolonel Bren Roshak. Alle Experimentalphasen laufen erwartungsgemäß ab, in manchen Fällen sogar sehr vielversprechend, aber noch haben wir keine neuen Erkenntnisse. Wie Sie wissen ...«
»Ja, ja. Ihr Wissenschaftler wollt nur bestätigte Ergebnisse melden.«
Und unerträgliche Kommandeure im Ungewissen halten, dachte Peri. Aber was sollte ich ihm schon erzählen? Ich habe fast ebensolche Schwierigkeiten, meine Wissenschaftler dazu zu bringen, daß sie mir Bericht erteilen. Sie bewachen ihre Ergebnisse wie kostbare Schätze und informieren mich nur, wenn sie dadurch Anerkennung gewinnen. Die Naturalisten gehen ihrer Arbeit nach, als wäre sie ein Sport. Die Mech- und Waffenspezialisten streiten so unablässig miteinander, daß es ein wahres Wunder ist, wenn sie tatsächlich etwas erreichen. Und die Genetiker ... Vergessen wir die Genetiker. Die Götter selbst könnten denen ihre Geheimnisse nicht entreißen. »Unsere Methoden der Berichterstattung haben Tradition, Sterncolonel.«
»Du brauchst mich nicht über JadefalkenTraditionen zu belehren.« Roshak strich sich in einer beiläufigen Geste, die lange eingeübt schien, mit dem Handrücken eine Träne aus dem Augenwinkel. »Versuchen wir einmal folgendes«, schlug er mit vor Sarkasmus triefender Stimme vor. »Sind Falken für die Jagd verfügbar, oder testen deine Naturalisten sie auf Federstruktur oder irgendwas in der Art?«
Obwohl Peri seit vier Jahren auf dem Falkenhorst Dienst tat, hatte sie sich nie an Roshaks abfällige Behandlung seiner Untergebenen gewöhnen können. »Es stehen mehrere Vögel für die Jagd zur Verfügung, Sterncolonel. Sie brauchen nur ...«
Eine andere von Roshaks Eigenschaften, die Peri zur Weißglut treiben konnte, war seine Neigung, anderen mitten im Satz das Wort abzuschneiden. »Ich kenne das Verfahren. Wie du weißt, ist die Jagd eine der wenigen Möglichkeiten, die ich besitze, die Langeweile auf dieser Mission zu bekämpfen.«
Peri kannte die Litanei zur Genüge und hoffte, Roshak würde endlich auf sie verzichten. Jeder wußte, daß die Krieger des Falkenhorstes wenig zu tun hatten. Die Parder ließen die Falken in deren Hochgebirgshorst weitgehend in Frieden, und die Jadefalken wagten es ihrerseits nicht, die Geduld ihrer ›Gastgeber‹ zu sehr auf die Probe zu stellen.
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