BattleTech 41: Freigeburt
Lagerräume zu betreten.
Sie trat an das Regal, in dem der Behälter lag, den sie regelmäßig hier besuchte. Er war noch versiegelt, und es gab kein Anzeichen dafür, daß er jemals geöffnet worden war.
Auf der Seite des Zylinders prangte eine Reihe von Klassifikationsnummern, deren Kodierung Peri bestens vertraut war. Als sie diese spezielle Information zum erstenmal entschlüsselt hatte, war ihr ein erschrecktes Keuchen entfahren. Das in diesem Behälter eingelagerte genetische Material war eine Kopie der Erbinformationen Aidan Prydes.
Es hätte sie nicht schockieren dürfen. Sie wußte, daß Kopien dieser Art für Experimente benutzt wurden. Trotzdem war es ein gespenstisches Gefühl, einen Behälter mit einer Kopie von Aidans Genen in der Hand zu halten. Möglicherweise war gespenstisch auch das falsche Wort. Vielleicht paßte korrupt besser. Der Genfundus war heilig. Wenn Peri in ihrem Leben irgend etwas gelernt hatte, dann dieses.
Als Jadefalkin wußte sie, daß ein Öffnen dieses Zylinders eine derartige Entweihung gewesen wäre, daß sie sich nicht vorstellen konnte, es jemals zu tun. Aber die Wissenschaftlerin in ihr wußte gleichzeitig, daß sein Inhalt ganz gewöhnliches Erbmaterial war, das sich äußerlich in nichts vom Inhalt sämtlicher anderer Behälter unterschied.
Und doch. Wenn sie hierher kam und sich bewußt machte, daß etwas von Aidans Essenz sich in Greifweite befand, brachte das, so wie immer, die Erinnerung an ihre letzte gemeinsame Nacht zurück. Sie hatten einander in den Armen gelegen, als sie den Senkrechtstarter über die Wipfel des nahen Waldes hatten näherkommen hören. In jener Nacht waren Falknerin Joanna und der Tech Nomad gekommen, um Aidan aufzuspüren und zurück nach Ironhold zu holen, auf den Auftrag eines hochrangigen FalkenOffiziers hin. Erst später hatte Peri erfahren, daß er sich dort als Freigeborener ausgeben und mit einer Einheit freigeborener Kadetten trainieren sollte, um eine nie dagewesene zweite Chance zu bekommen, sich zum Krieger zu qualifizieren.
Mit Ausnahme dieser letzten Sekunden waren die Einzelheiten seines kurzen Aufenthalts auf Tokasha weitgehend verblaßt. So geht es mit Erinnerungen. Sie lassen sich nicht in einen computerisierten Datenspeicher innerhalb des Gehirns laden, von wo man sie jederzeit abrufen kann. Als die kostbaren Augenblicke sich ereigneten, ahnte ich noch nicht, wie verzweifelt ich später versuchen würde, mich an sie zu erinnern.
Den Behälter noch in den Händen, starrte Peri einen Augenblick lang in eine unbestimmte Ferne, versetzte sich zurück an einen anderen Ort, in eine andere Zeit. Dann legte sie den Zylinder hastig zurück und drehte sich um. Sie wünschte sich, nie wieder hierher zu kommen. Bei jedem Besuch nahm sie sich genau das vor, und in der Regel betrachtete sie es als reichlich morbiden Zug, daß es ihr nie gelang, den Vorsatz einzuhalten.
Sie verließ den Lagerraum und machte sich durch den Mittelgang auf den Weg zum Ausgang des Labors. Sie war sich Gashis heimlicher, aufmerksamer Blicke dabei nur zu bewußt. Ohne Zweifel wunderte die Tech sich über ihre regelmäßigen Besuche in dem verschlossenen Raum. Peri nickte ihr kurz zu, als sie an ihr vorbeikam, ohne sich darum zu kümmern, ob die Tech den Gruß erwiderte oder nicht.
18
Forschungsstation Falkenhorst, Östliche Berge, Diana
Kerensky-Sternhaufen, Clan-Raum
13. April 3059
Als Peri das Forschungslabor betrat, stand Sterncolonel Bren Roshak am Kopfende eines langen Tisches und rieb sich beiläufig mit dem Handrücken das rechte Auge. Das Labor befand sich in einer am Ende eines langen Tunnels ausgehobenen Höhle. Die Felswände waren geglättet und anschließend getäfelt worden, um das Gefühl eines normalen Raums zu vermitteln. Durch Schlitze in den Wänden fiel künstliches Sonnenlicht, das entsprechend der Arbeitszyklen stärker und schwächer wurde, so daß die hier Beschäftigten nicht das Zeitgefühl verloren. Hinter den ›Fenstern‹ waren winzige Landschaftsbilder plaziert, um die Höhlenwände zu verdecken.
Der Aufbau des Labors sollte den hier Arbeitenden das Gefühl geben, sich in einem Gebäude an der Oberfläche zu befinden. Auf Peri hatte es jedoch eine beunruhigende Wirkung, denn im Gegensatz zur tatsächlichen Planetenoberfläche war das Licht hier zu einheitlich und planmäßig. Vor kurzem hatte Roshak angeordnet, zusätzlich Außengerüche durch die Lüftungsschächte zu speisen. Als Peri an der Tür stehenblieb, bemerkte sie den
Weitere Kostenlose Bücher