BattleTech 44: Falke im Aufwind
eine gehörige Tracht Prügel.«
»Wie geht es Ihnen, Joanna?«
»Wie immer. Wütend. Angewidert.«
»Ihre Verletzung tut mir leid.«
»Das? Das ist nicht der Rede wert. Man läßt mich nicht mehr in einen BattleMech, das ist alles. Aber ich bin zufrieden. Ich bin nicht ausgemustert oder zur Solahma gemacht worden. Ich war Kriegerin, solange es ging. Schließlich hat es Jahre gekostet, mich loszuwerden.«
»Sie sind legendär, Joanna. Sie werden noch lange eine berühmte Kriegerin sein.«
Joanna schnaubte. »Ruhm. Stravag. Ich stehe jetzt schon in der Erinnerung, habe ich gehört.«
»Gehört?«
»Ich weigere mich, sie zu lesen.«
»Wir werden von jetzt an zusammenarbeiten, Joanna. Ich freue mich, daß Sie den Alltag der Geschko übernehmen. Wenn Sie mit ihnen fertig sind, werden sie bereit für die Kadettenausbildung sein, frapos?«
»Dessen kannst du dir sicher sein.«
Draußen hatte sich die Geschko versammelt und unterhielt sich aufgeregt über den Neuankömmling. Sie hatten Peri bei ihrer vorherigen Dienstzeit alle kennengelernt, aber keiner von ihnen hatte erwartet, daß sie als neue Direktorin des Ausbildungszentrums triumphal zurückkehren würde. Und sie hatten auch vom Sturz Etienne Balzacs erfahren. Das Interesse an ihr nahm jedoch noch erheblich zu, als das Gespräch auf die Schlacht um Waldorff kam.
»Sie ist die Mutter Diana Prydes«, meinte Idania. »Der Heldin von Waldorff.«
»Sie hat Aidan Pryde gekannt, heißt es«, stellte Andi fest. Wie üblich lächelte er. »Hat mit ihm trainiert. Sie muß tolle Geschichten kennen.«
»Mir gefällt, wie sie geht«, sagte Nadia. »Habt ihr gesehen? Stolz und zäh.«
»Sie ist nur eine Wissenschaftlerin«, erklärte Naiad. »Sie ist keine Kriegerin. Sie ist keine Heldin, wie ihr behauptet.«
»Ich dachte, du magst sie«, erwiderte Andi.
Naiad kochte einen Augenblick, dann antwortete sie: »Ich mag sie auch, irgendwie. Aber sie ist keine Heldin. Du bist ein Idiot, das zu denken.«
»Du bist der Idiot.«
»Nicht ich.«
»Du.«
Naiad warf sich auf den lächelnden Andi und stieß ihn zu Boden. Er sprang sofort wieder auf und schlug nach ihr. Die anderen formten einen Kreis um die beiden. Die meisten von ihnen feuerten Andi an.
»Diana hat sich auf Waldorff gut gehalten«, meinte Joanna. »Sie nennen sie eine Heldin.«
»Freut mich zu hören«, antwortete Peri.
»Du weißt wahrscheinlich, daß sie mich vor dem Ertrinken gerettet hat, zusammen mit Hengst.«
»Ich weiß.«
»Hätte mich untergehen lassen sollen. Dann bräuchte ich jetzt nicht hier zu sein. Ich wäre einigermaßen ruhmreich gestorben, als Kriegerin am Dæmonstrand, selbst wenn es durch Ertrinken gewesen wäre und nicht bei der Explosion meines Mechs.«
»Sie sind hier nützlicher.«
»Wenigstens hat sie auch Ravill Pryde gerettet. Ich habe gehört, daß es ihn beschämt hat. Das hätte ich gerne miterlebt. Leider war ich da gerade ohnmächtig.« Joanna verstummte. Ihr Blick wirkte ungewohnt gelassen.
»Wir werden doch zusammenarbeiten, Joanna? Sie und ich?«
Joanna starrte Peri lange an. »Verlaß dich lieber nicht darauf«, riet sie schließlich.
Von draußen drang Lärm herein. Joanna humpelte zum Fenster, um nachzusehen.
»Die kleinen Surats prügeln sich.«
Peri sah ihr über die Schulter, und der Anblick des gut einen Dutzends Kinder, die sich um die Prügelei drängten, traf sie. In den neun Monaten außerhalb des Zentrums hatte sie vergessen, wie sehr sie alle Aidan Pryde glichen. Die Erkenntnis stimmte sie melancholisch. Sie sah Aidan als Individuum, und der Gedanke an so viele genetische Kopien von ihm behagte ihr irgendwie nicht. Ist in diesem Haufen ein zweiter Aidan Pryde?
»Eine von den dreckigen kleinen Surats, die sich da draußen prügeln, ist Naiad«, stellte Joanna wütend fest. »Eine Unruhestifterin, wie sie im Buche steht. Mit der werde ich noch eine Menge Ärger haben.«
»Ich kenne sie. Sie erinnert mich an Sie, Joanna.«
Joanna knurrte. »Dafür könnte ich dich umbringen. Wenn es nicht stimmen sollte.«
Sie humpelte - ziemlich schnell - aus der Kaserne. Peri starrte ihr nach und fragte sich, ob Joanna ihr neues Leben wirklich so sehr haßte, wie sie vorgab.
Kaum hatte die humpelnde Joanna das Gebäude verlassen, als sie schon eine Serie von Beschimpfungen ausstieß, die in all ihrem Einfallsreichtum und ihrer Bildhaftigkeit nur ein schwacher Vorgeschmack auf die verbalen und körperlichen Torturen waren, die der Geschko in den nächsten Jahren noch bevorstanden.
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