BattleTech 44: Falke im Aufwind
wirklich seltsam, dachte Samantha Clees, diese winzigen Gestalten zu beobachten, die beiden Mechs auf der Miniaturausgabe eines Hochplateaus, das in Wahrheit der höchste Punkt dieser Region ist, wie ein Duell zwischen zwei Spielzeugfiguren. Und wie die Erregung steigt, während wir zusehen. Und sich klarzumachen, daß der echte Kampf wenige Kilometer von hier zwischen der echten Diana und dem echten Sterncommander Ethan stattfindet. Wirklich seltsam.
Bevor irgend jemand im Holovidraum es bemerkt hatte, war Diana aus ihrem Cockpit geklettert und ließ sich an der Seite des Mechs zum Boden hinab. Die winzige holographische Gestalt Dianas rannte auf den Bluthund zu, als sich die Kameraaufbauten immer stärker neigten und die Beine des Mechs immer weiter ins Leere rutschten.
Während die winzige Diana über das Plateau rannte, deckten die Jadefalken-Krieger im Raum sie mit Beschimpfungen ein. Aber sie alle verstummten, als Diana den Bluthund erreichte. Auf einer Seite des Holovidaufbaus war ein deutlich sichtbarer Riß entstanden, und die Beine des OmniMechs hingen jetzt komplett im Leeren.
»Was, in Kerenskys Namen, macht sie da?«
»Sie klettert auf den Bluthund. Was für eine Freigeburtsnärrin ist das?«
Eine mutige, wie es scheint, dachte Samantha.
Die winzige Diana kletterte zum rautenförmigen Cockpit des Bluthund und stieg ein. Als die Gestalt in der Luke verschwand, wurde der Riß in den Aufbauten größer, und die oberen Verankerungen mußten jeden Augenblick reißen. Der Bluthund würde abstürzen, bevor die Rettungsteams das Plateau erreichen konnten.
Niemand im Raum sagte etwas, und Samantha schien es, als würden sie sogar den Atem anhalten.
Die Mini-Diana stieß die Luke auf und zwängte sich mühsam ins Freie. Alle im Beobachtungsraum sahen, daß sie eine Miniaturversion ihres Gegners aus der Pilotenkanzel zerrte. Sein Körper war schlaff. Sterncommander Ethan war entweder ohnmächtig geworden, oder (was Samantha für die wahrscheinlichere Erklärung hielt) Diana hatte ihn niedergeschlagen.
Nachdem sie ihren Gegner vom Rumpf des Bluthund geworfen und sich davon überzeugt hatte, daß er auf sicherem Boden landete, ohne an den aufgerissenen und verbogenen Trümmern seines Mechs hängenzubleiben, schaute Diana zu den Aufbauten, gerade rechtzeitig, um zu sehen, wie sich deren obere Hälfte wie in einer formellen Verbeugung in ihre Richtung neigte. Ohne Zweifel spürte die echte Diana, wie der Bluthund unter ihren Füßen ins Rutschen geriet, als das Gewicht seiner Beine ihn in den Abgrund zog.
Das schwere Atmen im Beobachtungsraum verschmolz zu einem einzigen ohrenbetäubenden Keuchen, als die Zuschauer Diana den Rumpf der Maschine hinaufrennen sahen. Scheinbar im letzten Augenblick sprang sie durchaus elegant vom Torso des Mechs. Möglicherweise war es der Schwung, mit dem sie sich abgestoßen hatte, oder vielleicht auch ein verrückter Impuls, jedenfalls machte sie einen Salto, bevor sie leicht schwankend, aber sicher mit beiden Beinen aufsetzte.
Die Zuschauer auf der einen Seite der Holovidhochebene sahen den Bluthund über dem Rand des Blutplateaus verschwinden, die anderen starrten mit offenem Mund dem winzigen, ohne jede Spur von Eleganz in die Tiefe stürzenden Mech hinterher. Das Holovid konnte unmöglich alle zerstörerischen Einzelheiten wiedergeben, aber trotzdem erkannte man, daß die Maschine in hundert nach allen Seiten davonfliegende Trümmer zerbarst, als sie auf dem Boden aufschlug.
Auf der Hochebene zerrte die Miniaturversion Dianas den Mini-Ethan vom Klippenrand fort. Nach mehreren Metern hielt sie an und legte den offenbar immer noch bewußtlosen Körper ihres Gegners auf den Boden. Sie setzte sich scheinbar erschöpft hin und winkte einem Rettungshubschrauber zu landen.
Samantha dachte: Ich bin froh, daß ich noch ein paar Tage länger auf Ironhold geblieben bin. Das sieht nach einem interessanten Wettbewerb aus. Und ich habe den Eindruck, daß mir diese Diana gefallen könnte. Sogar sehr.
Um sie herum gewann der Rest der Zuschauer seine Energie zurück und murrte ärgerlich. Die Krieger waren wütend, daß die Freigeborene nicht nur gesiegt, sondern ihren Gegner auch noch gerettet hatte. Das war ein dermaßen einzigartiger Ausgang eines Blutnamenskampfes, daß niemand so recht wußte, wie er damit umgehen sollte. Aber die meisten schienen deutlich die Ansicht zu vertreten, daß es einfach nicht in Ordnung sein konnte, weil diese verdammte Freigeborene es getan hatte.
Samantha
Weitere Kostenlose Bücher