BattleTech 44: Falke im Aufwind
zwischen der Idee, was sie sein konnte, praktisch eine Wahrgeborene mit zwei wahrgeborenen Eltern, die lebte, dachte und kämpfte wie jede in der Reagenz gezeugte Kriegerin, und der Realität dessen, was sie war, das Produkt einer menschlichen Gebärmutter, eine Freigeburt.
Der Gedanke zwang Joanna, sich den Körper in der Medkapsel anzusehen. Aus diesem Körper war Diana geboren worden. Möglicherweise hatte jemand mit einer helfenden Hand den Austritt erleichtert. Irgendein freigeborener Tech hatte sich um den Säugling gekümmert, seinen Körper gesäubert oder die Spuren entfernt, die vom Inneren der Gebärmutter zurückgeblieben waren. Jemandes Arme hatten das Baby in irgendeiner unverständlichen freigeborenen Sanftheit gehalten, bevor er es in die Umarmung seiner Mutter gelegt hatte. Die Gedanken an das wenige, was sie über natürliche Geburt wußte, und die sich ihr aufdrängenden Bilder, die sicher verzerrt waren wie mythische Ungeheuer in Kinderalpträumen, ließen einen solchen Ekel in ihr aufsteigen, daß sie das dringende Bedürfnis hatte, dieses Krankenzimmer sofort zu verlassen.
Sie tat einen Schritt zur Tür, dann blieb sie stehen. Sie konnte Diana nicht allein lassen. Nicht nur einer gewissen Kameradschaft wegen, sondern weil sie nicht zulassen konnte, daß sie den Kampf am nächsten Tag verlor, den Kampf, auf den Joanna sie mit so gewissenhafter Grausamkeit vorbereitet hatte. Sie mußte Diana von hier wegschaffen, ihre Gedanken zurück zum Blutrecht zwingen.
In diesem Augenblick verstand Joanna endlich ihre komplexen Gefühle für Diana. Diana konnte den Blutnamen erringen, der Joanna verwehrt geblieben war. Joanna brauchte ihren Sieg. Sie mußte sich durchsetzen. »Diana, wir gehen. Hier können wir nichts ausrichten.«
»Ich möchte mit...«
»Und genau das solltest du nicht. Genau das wirst du nicht. Und wenn ich dich am Hals packen und von hier wegzerren muß, werde ich das tun. Das ist kein Ort, um...«
»Schon gut, schon gut. Gehen wir. Du hast recht. Hier können wir nichts ausrichten. Das ist nur eine Frau in einer Behandlungskapsel. Sie hat für mich keine Bedeutung mehr.« Diana ging an Joanna vorbei zur Tür. »Ihre Schmerzen haben keine Bedeutung für mich, überhaupt keine.« Im Türrahmen drehte sie sich noch einmal zu Joanna um. »Aber ich wünsche ihr alles Gute.«
Joanna folgte ihr und schüttelte verwirrt den Kopf. Diese seltsame freigeboren-wahrgeborene Kriegerin würde sie wohl nie verstehen.
Sobald sich die Tür geschlossen hatte, öffnete Peri die Augen. Sie hatte kurz zuvor das Bewußtsein wiedererlangt und Joannas und Dianas letzte Worte gehört.
Ich hätte die Augen öffnen können, Diana wissen lassen können, daß ich wach war. Ich weiß selbst nicht, warum ich es nicht getan habe. Was ich gehört habe, gefällt mir. Sie klingt wie eine wahrgeborene Kriegerin, so ähnlich wie Aidan Pryde, wenn er in Fahrt war.
Sie erinnerte sich nicht, weshalb sie in dieser Medkapsel steckte. Aber das würde sie sicher bald herausfinden.
Im Innern einer Medkapsel waren die meisten Empfindungen betäubt, so daß sie nichts von den Schmerzen ahnte, die sie außerhalb der Kapsel fühlen würde, den Schmerzen, von denen Diana gesprochen hatte. Sie hatte eine unbestimmte Erinnerung, sich verirrt zu haben. Und an einen JadefalkenKrieger, der gar keiner war, der ihr geholfen hatte, aber sie konnte sich nicht ausreichend konzentrieren, um sich Einzelheiten ins Gedächtnis zu rufen.
Sollte ich überhaupt einen Versuch unternehmen, Diana wiederzusehen? Ich weiß es nicht. Aber ich will sehen, wie sie um den Blutnamen kämpft. Den Blutnamen gewinnt. Ja.
18
Jadefalken-Trainingsareal 14, Ironhold Kerensky-Sternhaufen, Clan-Raum
1. März 3060
Samantha Clees spürte die Blicke, die sie verfolgten, als sie im Holovid-Beobachtungsraum Platz nahm, um sich das Holovid des Gefechts zwischen MechKriegerin Diana und ihrem ersten Gegner anzusehen, einem Sterncommander des 8. Krallen-Sternhaufens. Obwohl der Kampf gerade erst begonnen hatte, erkannte sie, daß Diana ihn gewinnen würde. Als sie ihre Nova über das schmale Blutplateau bewegte, den von Sterncommander Ethan gewählten Austragungsort, waren ihre Pilotenfähigkeiten offensichtlich.
Diana schien von dem anderthalb Kilometer tiefen Abgrund, der sich unter ihr ausbreitete, als sie sich dem Rand des Hochplateaus näherte, unbeeindruckt. In einer einzigen, großartigen Bewegung wirbelte sie die Nova zum Bluthund ihres Gegners herum und
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