BattleTech 44: Falke im Aufwind
woher der Wind wehte. Als Joanna, Hengst und sie näherkamen, erhob sich ein lautes Murren, das sich allmählich in erkennbare Wörter auflöste, wobei die Beleidigung ›Freigeburt‹ eine deutlich beherrschende Rolle spielte.
Es gab kaum physische Drohungen, da Angriffe auf im Wettkampf befindliche Krieger verboten waren. Es war eine schon vor langer Zeit aufgestellte Regel, als zu viele Blutnamenskämpfe außerhalb der formellen Tests stattgefunden hatten. Außerdem waren eine Menge der stärker gebauten Techs zeitweilig zum Sicherheitsdienst abkommandiert worden und in regelmäßigem Abstand am Wegrand postiert, um die Menge zurückzuhalten. Diana fragte sich allerdings, ob die Schutz-Techs irgendeine Chance gehabt hätten, wenn eine Horde dieser Größe losstürmte.
Obwohl der ungeschriebene Ehrenkodex der Krieger verlangte, auf jeden deutlichen Angriff zu reagieren, verlangten die Gebräuche von Kriegern in einem Blutrecht, Beleidigungen der Zuschauer zu ignorieren. Also gingen Diana und ihre beiden Begleiter an der tobenden Menge vorbei, ohne sich anmerken zu lassen, daß sie irgend etwas bemerkten. Das Echo der Beleidigungen verfolgte sie noch eine ganze Weile.
In der Nähe ihrer Baracke sah Diana eine vertraute Gestalt, die locker an der Mauer lehnte und auf sie zu warten schien. Einen Augenblick lang fiel ihr der Name des jungen Mannes nicht mehr ein. Dann erinnerte sie sich, ihm in der Holovidarena begegnet zu sein. Leif. Er wirkte immer noch so entspannt und stark wie zuvor, aber im hellen Tageslicht sah er noch jünger aus als in der dunklen Nacht ihrer ersten Begegnung.
Als sie näherkam, lächelte sie. Sie war froh, daß Joanna nicht hier war und ihn sah. Sie war zusammen mit Hengst abgezogen, um die Reparatur ihres Mechs zu beaufsichtigen.
»Du hast dich gut geschlagen«, erklärte Leif. »Ich habe es auf Holovid gesehen.«
»Hast du mich angefeuert?«
Sein Grinsen wurde breiter. »Also, dich anzufeuern wäre in dem Holovidraum nicht allzu gut angekommen. Aber innerlich habe ich deinen Sieg begrüßt.«
»Und warst du entsetzt zu sehen, wie ich den Sterncommander aus der Kanzel gezerrt habe?«
»Nicht entsetzt. Es war ein Risiko, das ich wahrscheinlich nicht eingegangen wäre, aber ich habe deinen Mut bewundert. Es war sehr... sehr wahrgeboren.«
Sie mußte lachen. »Was für ein Witz ist das denn?«
»Kein Witz. Ich stimme deinem Streben zu, wenn ich es so nennen darf. Ich will nicht, daß du gewinnst, aber nicht, weil du technisch gesehen freigeboren bist, sondern weil ich diesen Blutnamen will.«
»Ich habe mir das Holovidband deiner ersten Runde angesehen. Ein guter Kampf, aber ziemlich kurz.«
»Ich verschwende keine Zeit.«
»Nein, das tust du wirklich nicht. Dir ist natürlich klar, daß wir, da wir in verschiedenen Strängen der Auslosung sind, wahrscheinlich erst im Endkampf aufeinandertreffen, frapos?«
»Der Gedanke ist mir auch schon gekommen. Ich freue mich auf das Duell. Ich ziehe es vor, den Blutnamen gegen einen würdigen Gegner zu erringen.«
»Du bist äußerst zuvorkommend - für einen Jadefalken-Krieger.«
»Wahrscheinlich ein genetischer Rückfall. Ich werde mich davon befreien, so schnell ich kann.«
»Tu das. Ich werde versuchen, zuvorkommend zu sein, wenn ich dich besiege.«
Leif lächelte nur freundlich und verabschiedete sich. Als er an ihr vorbeiging, berührte er sanft ihren Unterarm. Sie starrte ihm nach. Er drehte sich nicht um. Sie konnte die Berührung noch spüren. Das überraschte sie nicht. Krieger berührten einander nur selten so beiläufig. Was für eine Art Krieger war dieser Leif?
20
Jadefalkenhaus, Halle der Khane, nahe Katjuscha, Strana Metschty
Kerensky-Sternhaufen, Clan-Raum
6. März 3060
Marthe Pryde kochte vor Wut. Es gab definitive Grenzen dessen, was sie sich von den anderen Khanen in Konklavesitzungen wie der soeben beendeten bieten ließ. Die Menge der Beschränkungen, die Khanen auferlegt wurden, ließ sie sich danach sehnen, wie eine einfache Kriegerin zu sein, mit dem Befehl über eine Galaxis oder sogar nur einen einzigen Stern. Mit jedem Schritt, den sie auf der Leiter zur Position der Khanin gegangen war, schien sie einen wichtigen Teil ihrer selbst verloren zu haben. Der Wechsel von der Kadettin zur Kriegerin hatte für immer den Charakter ihrer Kameradschaft mit Aidan verändert. In ihrer ersten Einheit hatte sie durch ihre rigiden Ansichten und ihr kühles Auftreten einiges von der üblichen Kameraderie unter Kriegern eingebüßt. Mit
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