BattleTech 47: Die Spitze des Dolches
dafür bezahlt.
»Ein Uhr, zehn Meter, Jeep«, sagte Jin leise. »Ja«, bestätigte Ament und fand das Fahrzeug, ein Dutzend Meter von dem Punkt entfernt, an dem ihr vorheriges Opfer lag.
»Hinter der Motorhaube kauert ein Mann. Er muss jede Sekunde wieder den Kopf heben.«
Ament schaute durch das Zielfernrohr. Tatsächlich, ein rothaariger Bursche hob den Kopf ein paar Zentimeter aus der Deckung des mattgrün lackierten Geländefahrzeugs. Sie beobachtete ihn, wie er vorsichtig um den Bug des Wagens gekrochen kam und sich für den Sprint hinüber zu ihrem ersten Opfer bereitmachte, dem feindlichen Offizier. Er trug eine große grüne Nylontasche in der linken Hand. Sowohl die Tasche als auch die Uniformärmel des Mannes waren mit einem weißen Vollkreis dekoriert, auf dem ein großes rotes Kreuz prangte.
Ohne Zögern bewegte Nessa Ament das Fadenkreuz hinter das linke Ohr des Mannes und drückte ab. Der MedTech brach mit zertrümmertem Schädel zusammen.
Ein leises, winselndes Brummen drang an ihr Ohr, aber sie ignorierte es und suchte nach einem neuen Ziel.
»Nessa, sie fahren einen BattleMech hoch.« Racans drängendes Flüstern erklärte das Geräusch. Es war das Wummern eines anlaufenden Mechreaktors. »Seine Sensoren könnten unsere Position lokalisieren. Wir müssen hier weg. Sofort.«
Ament nickte schweigend. Es spielte keine Rolle, dass sie aus einer versteckten Position feuerte und einen Dämpfer benutzte, der nicht nur das Mündungsfeuer und den Pulverdampf ihres Gewehrs verschluckte, sondern auch den Knall reduzierte. Die strenge Einsatzdoktrin der Todeskommandos setzte drei Schüsse als normale taktische Obergrenze für einen Heckenschützen fest. Die leistungsstarken Ortungssysteme eines Kampfkolosses hätten dessen Piloten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gestattet, sie aufzuspüren, und selbst die schweren 13-mm-Patronen ihres Scharfschützengewehrs hatten keine Chance, die zentimeterdicke Panzerung eines Mechs zu durchschlagen.
Ohne ein Wort zog sie sich rückwärts aus dem Unterschlupf zurück, in dem sie und Racan die letzten zwei Tage gewartet hatten. Die Beute war die Mühe wert gewesen. Ein Offizier, ein MedTech und ein Fußsoldat waren tot. Dem Feind musste inzwischen klar sein, dass ihn kein ruhiger Posten erwartete. Die Schlacht um Milos würde kein sauberer Militärfeldzug werden. Soweit es Nessa Ament betraf, erwarteten die Leichte Eridani-Reiterei alle Schrecken eines Guerillakriegs.
18
Orpheus, Milos
Xin-Sheng-Kommunalität, Konföderation Capella
17. Februar 3062
Wie viele Dörfer und Städte auf Milos war auch Orpheus beinahe ausschließlich zur See hin orientiert. Der um einen kleinen, gut geschützten Hafen entstandene Ort verfügte über eine Flotte von Fischerbooten und schwimmenden Fabriken, die Miloser Hurricantang zu Medikamenten verarbeitete oder das hochbegehrte, zarte Fleisch der einheimischen Seefauna für Feinschmecker in der ganzen Inneren Sphäre transportklar zubereitete. Soweit es Zhongshao Cheng Shao betraf, war Orpheus allerdings das uninteressanteste Nest, das er in seinen ganzen neununddreißig Jahren je zu Gesicht bekommen hatte.
Nach der schmerzhaften Niederlage gegen die zahlenmäßig und technologisch überlegene Leichte Eridani-Reiterei hatten Shao und seine Truppen sich in das kleine Fischerdorf zurückgezogen, um sich neu zu gruppieren. Orpheus lag nur dreißig Kilometer südwestlich von Touchstone und war bestens für die nächste Phase des Feldzugs geeignet, die gerade in den Gedanken des Todeskommandosoldaten Gestalt annahm. Weniger als die Hälfte von Shaos ursprünglicher Einheit hatte die Schlacht gegen die Leichte Reiterei um den Besitz der Hauptstadt überlebt. Die schwersten Verluste hatten seine Panzer- und Infanteriebataillone erlitten.
Wichtiger noch war, dass einer seiner Kameraden aus den Todeskommandos dem Ruf der Einheit alle Ehre gemacht hatte, indem er bis zum letzten Blutstropfen gekämpft und einen Leichte-Eridani-Mech sowie eine unbekannte Anzahl von Infanteristen mit ins Grab genommen hatte. Nach diesem Gefecht blieben ihm nur noch achtzehn einsatzklare BattleMechs, zu wenig, um eine Rückeroberung Touchstones aus den Klauen der Invasoren zu versuchen. Shao dankte den Göttern, dass er auf diesen Versuch vermutlich würde verzichten können.
Er saß im einzigen anständigen Restaurant von ganz Orpheus, überhaupt im Einzigen, dessen Menü nicht ausschließlich aus Fischgerichten bestand. Abgesehen von ihm und
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