BattleTech 48: Truegerische Siege
Durchblick.«
Julian wartete nicht auf die Freigabe durch die Studiomannschaft. Das rote Licht an der Kamera war kaum erloschen, als er bereits auf den Beinen war und nach seinem Assistenten rief. »Wo ist der Hubschrauber, den ich bestellt habe?«
»Er wartet auf dem Dach, Herr Nero. Die Kameracrew ist schon an Bord.«
Julian nickte kurz und machte sich auf den Weg zu den Aufzügen. Er unterdrückte ein Auflachen, als er die schockierten Mienen seiner Kollegen sah. Julian Nero verließ seinen Thron? Wie viele von ihnen würden sich wohl jetzt um seinen Sendeplatz schlagen, ohne zu ahnen, dass er das Kommando aus dem Feld führen und dem Studio den Platz im Scheinwerferlicht rauben würde? Große Ereignisse warfen ihre Schatten voraus, und er dachte nicht daran, sich weiter auf Informationen aus zweiter Hand zu verlassen. Der Zeitpunkt war gekommen, heute war sein großer Tag. Dafür würde er schon sorgen. Einmal war Julian das Glück in den Schoß gefallen, als die Sensation sich zufälligerweise in seiner Wache ereignet hatte, praktisch fertig verpackt - und eine Garantie für sofortige Berühmtheit. Aber diesmal hatte er nicht vor zu warten, bis die große Story zu ihm kam.
Er würde sie sich holen und zu seiner Story machen. Das war...
* * *
Der Punkt, neben dem alles andere verblasste. Michael Searcy würde unter den Waffen seiner Banshee sterben. Auf dem Schlachtfeld besiegt, so wie Katrina Steiner ihren Bruder auf dem Schlachtfeld der Politik unterworfen hatte. Das würde Victor Vandergriffs Ruhm als Krieger nach den langen Jahren der Missachtung wiederherstellen und ihm seinen Platz unter den Besten zurückgeben.
Ein anderer Ausgang war nicht vorstellbar. Zumindest sah Victor selbst das so, als er durch den Mechhangar des Skye-Tiger-Guts rannte, die Leiter zum Cockpit hinaufkletterte und sich hastig auf der Pilotenliege anschnallte. Was kümmerte es ihn, dass Adam Kristof Searcy als die Antwort auf die Probleme der Stadt feierte - oder dieser verfluchte Julian Nero den Eindruck erweckte, Victor wäre ein leerer Sprücheklopfer? Hatten sie seinen Überfall auf Black Hills schon vergessen? Den Angriff, der den Krieg ins Heimatgebiet der Davionisten getragen hatte, als seine Kräfte tief in deren Sektor vorgestoßen waren?
Nein, sie hatten ihn nicht vergessen. Die Medien hatten sich einfach entschieden, seine Siege zu ignorieren -so wie immer. Nachdem sie ihn eine Woche lang als den lyranischen Champion aufgebaut hatten, wahrscheinlich auch das nur, weil sie keinen besseren Kandidaten hatten, waren sie jetzt entschlossen, ihn zu demontieren. Vielleicht lag es daran, dass Jerry Stroud noch immer vermisst wurde, sodass niemand zur Stelle war, um die lyranische Propagandamaschine in Gang zu halten. Wie auch immer, es würde Victor den widerwilligen Respekt kosten, den er sich unter den lyranischen Fans und MechKriegern erworben hatte. Es wäre nicht das erste Mal, dass er erst von den Medien verraten und dann von Publikum und Kollegen verlassen wurde. Aber beim Archon, es würde das letzte Mal sein!
Er lockerte die beengenden Gurte etwas, dann zog er den wuchtigen Neurohelm über den Kopf auf die Schulterpolster des Kühlanzugs. Wenn er nur die Gelegenheit bekommen hätte, das Grosse Turnier zu beenden. Wie anders würde es jetzt aussehen. Seine Karriere wäre wiederhergestellt und die Medien würden ihn hofieren, so wie sie jetzt um ihren Davion-Goldjungen scharwenzelten. Searcy war erst seit drei Jahren auf Solaris VII, aber alle Welt tat so, als sei er unfehlbar. Was war das schon im Vergleich zu Victors fünfzehn Jahren in der Arena? Michael Searcy hatte keine Chance, jetzt, da Victor das Selbstvertrauen und den Stolz seiner früheren Jahre zurückgewonnen hatte.
»Heute bringen wir es zu Ende, Searcy.« Seine Stimme hallte in der Enge des Helms laut wider.
Die Initiierungssequenz des Computers ließ die Lichter auf der Steuerkonsole der Banshee blinzeln. Die Lämpchen erwachten blinkend zum Leben, während die verschiedenen Bordsysteme überprüft wurden, bevor sie mit stetem Leuchten deren einwandfreies Arbeiten bestätigten. Er fühlte das tiefe Wummern, mit dem der Fusionsreaktor des überschweren BattleMechs hochfuhr, mehr als dass er es hörte. Die Vibrationen drangen durch den Kanzelboden in seine Füße und die Beine empor. Dann legten sich die eisigen Hände des Kühlanzugs um seinen Leib. Er fühlte sich angeschlossen. Lebendig.
»Bitte identifizieren Sie sich«, forderte die synthetische Stimme
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