BattleTech 49: Gezeiten der Macht
Gedanken schon ein angeheirateter Sandoval. Kannte seine Einbildung überhaupt keine Grenzen?
»Eine Schande, dass Dorann keinerlei militärisches Talent besitzt«, bemerkte Jessica, während sie den beiden hinterher sah. »Aber sie hat Charme.«
Tancred musterte sie mit demselben Misstrauen wie bei einer Begegnung mit seinem Vater. Seine Tante unterwarf sich in Staatsangelegenheiten den Entscheidungen ihres Bruders, aber er wusste ganz genau, dass ihr Verstand jedem das Wasser reichen konnte »Was tust du hier, Tante Jess?«
Die schiefergrauen Augen spießten Tancred auf »Deinem Vater geht es gut, und die Mark hat vier wichtige draconische Systeme erobert. Deine Besorgnis ist lobenswert, Tancred.« Ihre ledrige Stimme verriet keine Spur von Missfallen oder Amüsiertheit. »Nein? Ohne Umschweife zum Geschäft? Von mir aus Ich bin hier, um mich um Familienangelegenheiten zu kümmern.«
Er hatte erwartet, dass sie das neueste Angebot oder Ultimatum seines Vaters überbrachte. Das war beunruhigend. »Was soll das heißen?«, fragte er.
»Es soll heißen, es wird Zeit, dass du aufhörst, dich wie Victor Davion zu benehmen und wieder wie ein Sandoval zu denken lernst.«
Also das war es. Es lief erneut auf Tancreds Entscheidung hinaus, Victor den Vorzug vor Katherine zu geben. Er fühlte sein Gesicht warm werden, als die Wut in ihm aufstieg. »Was ist falsch daran, Victor nachzueifern?«
»Zum Beispiel hast du keinen Kai Allard-Liao im Rücken, der dich auffängt, wenn du dich übernimmst.«
»Das ist unfair«, schoss er zurück, zuckte aber unwillkürlich bei der Erinnerung an Victors Expedition nach Newtown Square zusammen, die nur durch das Eintreffen der 244. ComGuards an einer Katastrophe vorbeigeschliddert war. Von Victor selbst hatte Tancred noch nichts gehört, und inzwischen schlug Katherine in den Medien reichlich Profit aus ComStars Unfähigkeit, die eigenen Einheiten unter Kontrolle zu halten.
Jessica erkannte, dass sie einen wunden Punkt getroffen hatte, und gestattete sich, in ihrem Lächeln eine Spur guten Willens durchscheinen zu lassen. »Finde ich nicht. Übrigens war das keineswegs so beleidigend gemeint, wie du es aufgefasst hast, Tancred. Victors Freundschaften waren schon immer seine Stärke, oder zumindest eine seiner Hauptstärken. Man kann einen Mann danach beurteilen, mit welchen Freunden er sich umgibt, und einen Fürsten nach seinen Anhängern. In dieser Hinsicht aber schneidet Victor hervorragend ab.« Die Gräfin blickte zurück zur Tür, durch die Dorann mit Jason Yalos verschwunden war. »Ganz im Gegensatz zu dir.«
»Yalos' Familie kontrolliert die Mayetta-RKG, und sie haben sich auf Victors Seite gestellt. Hier findet der Kampf statt.«
»Und ist es ein Kampf, den man gewinnen kann?«
»Ja«, antwortete Tancred. Dann senkte er die Stimme, obwohl niemand sonst in der Nähe war. »Mit meiner Hilfe und den 3. Crucis-Lanciers kann nicht einmal Jason Yalos diesen Kampf verlieren.«
»Gesprochen wie ein echter Davion.« Jessica Sandoval-Gröll schnalzte tadelnd. »Immer bereit, für die gute Sache in die Schlacht zu ziehen. Und warum? Weil sie da ist. Beziehungsweise hier.«
»Du versuchst mir doch wohl nicht zu erzählen, ich soll mich nicht in Victors Kampf einmischen, oder? Das habe ich bereits mit Vater durchgekaut.«
»Und du bist genauso stur wie er, deshalb erwarte ich nicht von dir, dass du deine Meinung änderst. Möglicherweise bin ich sogar deiner Meinung. Aber du denkst immer noch nicht wie ein Sandoval Tancred, was für einen Unterschied macht es, ob Mayetta Katherine oder Victor unterstützt?«
Tancred setzte zu einer Antwort an, dann schloss er wieder den Mund. Mit einer schnellen, leichtfertigen Antwort konnte er bei seiner Tante keine Punkte machen. Die Sandovals legten großen Wert auf Überlegung und Vorbereitung. »Ich hatte einen Plan«, erklärte er schließlich sehr zögernd. Seine Tante hatte seiner Entscheidung, Victor zu unterstützen, gerade zugestimmt, aber war das nur persönliche Sympathie gewesen oder ein Hilfsangebot? »Eine Serie von Schritten, um zu erreichen, was Victor wirklich braucht.«
»Robinson«, sprach sie es mit einer Spur von Verärgerung über ihn aus. »Tancred, wenn du dir wirklich einbildest, ich wüsste nicht, worum es dir geht, oder dass dein Vater nicht auch schon auf diesen Gedanken gekommen ist, bist du in noch traurigerer Verfassung, als ich geglaubt habe. Victor braucht die Mark Draconis. Sie wird das erste Schlachtfeld sein, wenn er das
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