BattleTech 50: MechWarrior Trilogie
sicher gehen. Als er beruhigt war, verstaute er die Kiste hinter der Liege und setzte sich an die Kontrollen. Er schloß das Kanzeldach und öffnete den Uniformoverall. Darunter kamen eine Kühlweste und Shorts zum Vorschein. Er zog den Overall aus und verstaute ihn neben der Kiste.
Dann zog er Goldjunges Neurohelm aus dem Netz der Kabel herab und über seinen Kopf. Die Neurokontakte lagen fest an, und Sturm fuhr langsam die einzelnen Bordsysteme hoch, eines nach dem anderen. Er übersprang die üblichen Überprüfungen. Dazu hatte er erstens keine Zeit, und zweitens konnte er sich darauf verlassen, daß die Lancier-Techs den Mech in perfektem Zustand zurückgelassen hatten. Sein Blick zuckte noch ein letztes Mal über die Anzeigen. Alles war bereit zum Einsatz.
Sturm preßte einen Knopf auf der Befehlskonsole, und ein tiefes Wummern dröhnte durch den Mechhangar. Schwere Maschinen brummten und krachten, und eisige Gebirgsluft schlug in den Saal, als sich die gigantischen Außentore langsam öffneten. Sturm sah mehrere der Techs am Boden überrascht aufblicken, als er den Steuerknüppel sanft nach vorne schob, und der Goshawk aus seiner Nische trat und sich auf die Tore zu in Bewegung setzte.
Beeilung, trieb er den Tormechanismus in Gedanken an, als die Flügel wie in Zeitlupe aufschwangen. Er ließ den Goshawk langsam auf das Tor zugehen. Als er es erreicht hatte, war die Öffnung gerade breit genug, daß er mit Goldjunge hinaus in die dunkle Nacht schlüpfen konnte. Sobald er im Freien war, gab Sturm den Schließbefehl, und die Torflügel kehrten ihre Bewegungsrichtung um. Ein Blinklicht auf der Sichtprojektion meldete eine eingehende Kommsendung. Jemand versuchte, ihn zu erreichen. Sturm ignorierte die Meldung und ließ das Funkgerät ausgeschaltet. Er war nicht in der Stimmung für Erklärungen. Schnell war er ein gutes Stück im Tal, und die Tore hatten sich hinter ihm wieder geschlossen. Damit konnte auch kein Licht mehr aus dem Hangar fallen, und über das Tal legte sich wieder die Dunkelheit der Nacht, unterbrochen nur vom schwachen Licht der Sterne.
Sturm hatte keine Schwierigkeiten damit, einen Weg durch das Tal zu finden. Er war schon einige Male hier entlanggekommen, und die Lichtverstärker des Goshawk lieferten ihm selbst ohne Positionslichter reichlich Sicht. Magnetanomaliedetektoren und Infrarotsensoren waren hier im Gebirge nicht sonderlich zuverlässig, aber er brauchte sie auch nicht. Bald hatte er den Paß erreicht. Jetzt begann der Weg über die offene Tundra Kores zur Lancier-Basis.
Am Rande des Passes blieb er noch einmal stehen und sah zurück zum Depot. Unter der natürlichen und künstlichen Tarnung war es perfekt versteckt, aber Sturm wußte, wo es lag.
Tut mir leid, Kren, dachte er. Ich habe eine Verantwortung dir und den Lanciers gegenüber, aber mein Vater kommt zuerst. Ich habe ihn schon oft genug enttäuscht, aber jetzt, wo er meine Hilfe braucht wie noch nie zuvor, werde ich ihn auf keinen Fall im Stich lassen. Vielleicht habe ich meine Mutter nicht retten können, aber ich kann, verdammt nochmal, wenigstens versuchen, ihn zu retten. Ihr kommt auch ohne mich zurecht. Ihr habt ja immer noch Lon Volker. So lange Ryan meinen Vater in der Gewalt hat, nütze ich euch ohnehin nichts. Ich werde ihn allein da rausholen oder bei dem Versuch sterben.
22
Korisches Tiefland, außerhalb Niffelheims, Kore Peripherie
22. April 3060
Goldjunge trug Sturm Kintaro schnell über die dunkle Permafrostlandschaft Kores. Der Mech kam gut voran, mit rund sechzig Stundenkilometern, für die riesige Kampfmaschine ein schneller Trab. Sturm wollte sich nicht zu schnell bewegen, um den Mech nicht unnötig aufzuheizen und so die Gefahr einer Entdeckung zu vergrößern. Die meisten Wärmetauscher des Goshawk arbeiteten ohnehin im Leerlauf, um die an die Außenluft abgegebene Hitze auf das absolute Minimum zu begrenzen. Er wollte nicht von irgendwelchen Sensoren oder Routinepatrouillen der Piraten bemerkt werden. Dadurch war das Innere der Pilotenkanzel ungewöhnlich warm, und Sturm schwitzte bereits in Strömen, als er aus dem Gebirge kam. Er war sich allerdings nicht sicher, ob das am Hitzestau des Mechs oder an seiner Nervosität lag. Was er hier veranstaltete, war gleichermaßen waghalsig und gefährlich. Wenn Krenner das geahnt hätte ...
Aber Krenner ahnt nichts davon, dachte Sturm. Der alte Feldwebel würde ihn mit einem Donnerwetter empfangen, wenn er erst zurück war, aber Sturm hatte keine andere Wahl
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