BattleTech 56: In die Pflicht genommen
Kommandeuren zu genießen. Als er den Schankraum betrat, sah er sich in dem trüben Spiegel hinter der Bar. Mit dem kurz geschorenen Haar und den rasierten Schläfen sah man ihm dem MechKrieger von weitem an. Aber er bemerkte auch deutliche weiße Strähnen im schwarzen Haar und in den letzten Monaten fast weiß gewordene Koteletten. Dunkle Ringe unter den Augen ließen ihn übernächtigt wirken und die Falten auf seinem Gesicht waren tiefer geworden. Der Krieg hinterließ Spuren, nicht nur seelische, auch körperliche.
Innerhalb weniger Monate hatte sich die Einheit dramatisch verändert. Sie war von einer planetaren Miliz zu einer Truppe geworden, mit der man rechnen musste. Aber nur Archer und eine Handvoll andere erinnerten sich noch, wie alles angefangen hatte. Die Avengers hatten sich von einem zusammengewürfelten Milizregiment auf Thorin zu mehr als einem Bataillon Mechs und Panzer gemausert, verstärkt durch Infanterie.
Einen großen Teil ihrer Ausrüstung hatten sie bei den Kämpfen auf Thorin von der 15. Arkturusgarde erbeutet. Danach hatten die Avengers die MurphridMiliz integriert, einschließlich einer verstärkten Kompanie mit der Bezeichnung Murphrid-Ranger. Auf Syrma hatten sie die kompletten SyrmaVerteidigungseinheiten intakt erbeutet: Fast ein Bataillon Panzer, ältere Luft/Raumjäger und BattleMechs. Und auf Milton hatten die Avengers die beiden Kompanien Mechs und Panzer des Planeten besiegt und bei der Gelegenheit mehrere hundert Davion-Anhänger aus dem Gefängnis befreit. Das 1. Thorin-Regiment war inzwischen weit größer als eine traditionelle Einheit dieser Klasse. Und sie verfügten über mehrere Kompanien, die als Garnisonen auf Thorin und Murphrid geblieben waren, wo sie weitere Rekruten anwarben und ausbildeten.
Die Medien porträtierten Archer - angesichts der Serie von Siegen seit den Anfängen der Rebellion auf Thorin - als einen modernen Stonewall Jackson. Er und die Avengers waren von einem System zum Nächsten gezogen, hatten Miliztruppen überfallen, Welten erobert und waren wieder weitergezogen. Aber er kannte die Wahrheit hinter den Abendschaubildern. Viele seiner neuen Rekruten waren eingerostete Veteranen oder Möchtegernsoldaten aus Milizeinheiten, die gerade erst damit anfingen, ihre Fähigkeiten zu entwickeln. Sie wurden zwar stetig besser, aber er war sicher: Ihnen standen noch harte Prüfungen bevor.
»In Ordnung, Leute«, ergriff er das Wort, und seine Stimme schnitt durch das lockere Plaudern. »Wir haben neue Befehle. Unser nächstes Ziel ist Odessa.«
Es gab eine Pause, als der Rest des Stabs diese Neuigkeit verarbeitete. »Odessa«, wiederholte Katya schließlich. »Die Odessa, die von Luther Fisks Familie regiert wird? Diese Odessa?«
»Luther wer?«, fragte John Kraff. »Ich habe den
Namen schon mal gehört... glaube ich...«
»Das war, bevor Sie zu uns gestoßen sind, Kraff«,
erklärte Darius Hopkins. Er war der einzige Nichtoffizier in der Runde und sprach mit leiser Stimme, als
wolle er Archer die schmerzhafte Erinnerung ersparen. »Das hat überhaupt erst zur Gründung der Einheit
geführt. Luther Fisk hat die Schwester des Generals
ermordet.« Er warf Archer einen schnellen Blick zu.
Die Anfänge der Einheit waren weithin bekannt, aber
kaum jemand erwähnte sie in Archers Gegenwart. Das dieser Eröffnung folgende Schweigen war unangenehm, und Kraff wurde rot. »'tschuldigung, Sir«,
murmelte er.
»Geht schon in Ordnung, Sohn«, bemerkte Archer
ruhig. »Du wusstest es ja nicht. Und ja, Katya, diese
Odessa.«
Alice Getts legte den Kopf zur Seite. »Odessa
stand nicht auf unserer Liste. Was ist passiert?« Archer warf einen Blick hinüber zu Sergeant Gramash, der ein, zwei Schritte außerhalb des Kreises
der Offiziere stand. Dann drehte er sich wieder zu
Getts um. »Drei Worte, Major: Snords Wilder Haufen.«
»Wir sollen gegen Snords Wilden Haufen kämpfen?«, fragte Harry ›Hawkeye‹ Logan, der schlaksige
blonde Captain am anderen Ende des Tisches, ungläubig. Er war ebenso wie Katya erst kürzlich befördert worden.
Archer schüttelte den Kopf. »Nein. Die Söldner
wollen neutral bleiben, aber wir glauben, der Archon
versucht, sie zum Kampf zu zwingen. Ihr Vertrag mit
der Lyranischen Allianz läuft bald aus, deshalb sollen wir sie aus Katherines Diensten abwerben.« »Wir schicken ein ganzes Regiment, um die Aufgabe eines einzelnen Diplomaten zu erledigen?«,
fragte Katya.
»Na ja, die Garnison Odessas wird nicht allzu erfreut über unsere Ankunft
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