BattleTech 58: Drohendes Verhängnis
geradezu warm, der Nordwestwind ließ ihn aber trotzdem frösteln, und er wünschte, sich besser abgetrocknet zu haben. Eine Erkältung konnte er sich jetzt wirklich nicht leisten. Wenigstens war er schlau genug gewesen, den Overall überzuwerfen. Allein die Vorstellung, nur in der traditionellen MechKriegermontur aus Kühlweste, Shorts und Kampfstiefeln in diesem Wetter zu stehen, so angenehm es für die Jahreszeit auch sein mochte, jagte ihm unwillkürliche Schauer über den Leib.
Als er knirschende Schritte hörte, schaute er über die Schulter und sah den Rest der BefehlsLanze von den abgestellten Mechs herüberkommen. Die Hitze, die der Templer im Verlauf der Gefechtsübung aufgebaut hatte, ließ Dampfschwaden vom heißen Metall in die kalte Luft aufsteigen. Seine Lanzenkameraden schienen durch eine Nebelwand zu gehen. Das war natürlich nichts Ungewöhnliches. Und durch das intensive Training der letzten Monate hatte er ohnehin selbst das Gefühl, ständig durch einen geistigen Nebel zu waten.
Jonathan Tomlinson kam herüber. »Ah, der Nektar der Götter«, sagte er und hielt Grayson eine kleine metallene Klapptasse entgegen.
Grayson grinste, öffnete die Feldflasche und schenkte ihm einen Schuss ein. Dennis Jenks grinste ebenfalls und hielt ihm eine Tasse derselben Sorte hin.
»Adela«, sagte Grayson und schwenkte die Flasche heftig genug, um den Inhalt hörbar plätschern zu lassen. Sie lehnte jedes Mal ab, doch er bot es ihr trotzdem immer wieder an. Er respektierte ihre Wünsche, aber das war eine Schneekobra-Tradition.
Sie strahlte ihn an, schüttelte allerdings den Kopf.
»Ach, Schönheit, eines Tages finde ich einen Weg, dich zu kriegen«, erklärte Jonathan.
»Erstens trinke ich eher Flugbenzin als eine Saure Kobra«, schoss sie zurück, »und zweitens versuchst du das schon lange genug. Und was hat es dir gebracht?«
Dennis heulte und alle anderen glucksten.
»Oh, das hat wehgetan. Das tut wirklich weh, Adela«, erklärte Jonathan.
»Na, du könntest wenigstens versuchen, verletzt auszusehen, während du das sagst.«
»Oder so zu klingen«, bemerkte Dennis.
Jonathan hob die Hände, als wolle er einen Angriff abwehren. »He, ich bemühe mich. Nehmt ein wenig Rücksicht. Außerdem habe ich von der Sauren Kobra gesprochen, nicht von mir. Der arme Drink ist gerade böse beleidigt worden.«
Das löste weiteres Gelächter aus, und zwei Gläser und eine Feldflasche - zusammen mit Adelas Feldflasche mit Wasser - hoben sich zum Trinkspruch. Sie trank nie mit, respektierte jedoch die Tradition der Einheit.
»Auf den Biss der Kobras«, sprachen vier Stimmen im Chor, dann kippten die drei Männer das Zeug. Grayson spürte, wie ihm der bittere Schock das Wasser in die Augen trieb, während Jonathan zufrieden knurrte.
Die Saure Kobra war im Grunde die Variante eines Drinks, der älter war als die Raumfahrt, nämlich ein Whiskey Sour ohne Zucker. Theoretisch bestand sie aus zwei Fingerbreit Bourbon, einem Teelöffel frischem Limonensaft, einem Teelöffel frischem Zitronensaft und einer Tasse gestoßenes Eises. Im Feld mixte man sie allerdings aus dem, was zur Hand war. Der Bourbon war kein Problem, aber Limonen- und Zitronensaft waren Pulverextrakte, und das Eis war aus dem Gletscher gehackt worden. Nachdem man das alles eine Weile in der Feldflasche geschüttelt hatte, erhielt man entweder einen Drink, mit dem die 8. seit mindestens einem Jahrhundert anstießen - niemand konnte sich erinnern, wann oder wie diese Tradition entstanden war -, oder ein Mittel, um den Dreck von der Mechpanzerung zu scheuern. Letzteres hatte Grayson zwar noch nie versucht, hatte sich aber sagen lassen, dass es erstklassig funktionierte.
Ein leises Wummern drang an ihre Ohren und steigerte sich schnell zum lauten Dröhnen von Mechschritten. Als sie unter den Beinen des Templer hindurchlugten, sahen Grayson und die anderen die größer werdende Silhouette eines Hatamoto-Chi. Es war Chad Deans Mech.
Es war noch immer seltsam, eine so eng mit dem Draconis-Kombinat verbundene Maschine auf den Gletschern von New Syrtis zu sehen. Umso mehr vielleicht, weil die draconischen Herrscher über Jahrhunderte für ihre Abneigung gegen Söldner berühmt gewesen waren. Der Bushido-Ehrenkodex vertrug sich nicht mit der Existenz der >Mammonkrieger<. Unter Koordinator Theodore Kurita war die >Todden-Söldnern<-Politik seines Vaters zwar aufgehoben worden, aber auch jetzt noch waren Söldner unter dem Drachenbanner eine Ausnahme. Daher stellte ein
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