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Baudolino - Eco, U: Baudolino

Titel: Baudolino - Eco, U: Baudolino Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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ruhig stand. »Er ist aufgezäumt wie der Hund eines Herrn«, sagte die Mutter tränenblind. Dem Umstand, dass er zwei Bannerträger mit den kaiserlichen Insignien rechts und links neben sich hatte, dazu den kaiserlichen Kammerherrn Rudolf und viele andere Edelleute des Reiches und so viele Bischöfe, dass man sie gar nicht zählen konnte, maß niemand mehr viel Bedeutung bei. Wohl aber dem, dass auch die Repräsentanten der anderen lombardischen Städte gekommen waren, namentlich die Herren Lanfranco aus Como, Siro Salimbene aus Pavia, Filippo aus Casale, Gerardo aus Novara, Pattinerio aus Ossona und Malavista aus Brescia.
    Als sich Baudolino direkt vor dem Tor der Stadt aufgebaut hatte, kamen die Alexandriner in langer Reihe heraus, mit den Kleinkindern auf dem Arm und die Alten untergehakt, und auch die Kranken wurden auf Karren mitgezogen, und sogar die Schwachsinnigen und die Lahmen waren dabei, und die Helden der Belagerung, die einen Arm eingebüßt hatten oder ein Bein oder gar beide, so dass sie mit bloßem Rumpf auf einem Brett mit Rädernsaßen, das sie mit den Händen voranbewegten. Da sie nicht wussten, wie lange sie draußen bleiben mussten, hatten sich viele etwas zu essen mitgebracht, die einen Brot und Salami, die anderen gebratene Hühnchen und wieder andere Körbe mit Obst, so dass es am Ende fast aussah, als machten sie einen schönen Ausflug ins Grüne.
    In Wirklichkeit war es noch kalt und auf den Feldern lag Rauhreif, so dass an ein Hinsetzen nicht zu denken war. Die soeben Ausgebürgerten standen frierend da, stampften mit den Füßen und bliesen sich in die Hände, und jemand sagte: »Bringen wir diesen Zirkus rasch hinter uns, zu Hause steht noch der Topf auf dem Feuer.«
    Die Männer des Kaisers begaben sich in die Stadt, und niemand sah, was sie dort taten, auch nicht Baudolino, der draußen wartete. Nach einer Weile kam ein Bischof heraus und verkündete, dies sei die Stadt Caesarea, gegründet vom Kaiser des Heiligen Römischen Reiches. Die hinter Baudolino stehenden Kaiserlichen hoben die Schwerter und Schilde und priesen lauthals den großen Friedrich. Baudolino ließ sein Pferd antraben, näherte sich den ersten Reihen der Herausgekommenen und verkündete in seiner Eigenschaft als kaiserlicher Gesandter, soeben habe Friedrich, ausgehend von den sieben Ortschaften Gamondio, Marengo, Bergoglio, Roboreto, Solero, Foro und Oviglio, diese noble Stadt gegründet, habe ihr den Namen Caesarea verliehen und übergebe sie nun den versammelten Bewohnern vorgenannter Ortschaften mit der Einladung, dieses turmbewehrte Geschenk in Besitz zu nehmen.
    Der Kammerherr verlas einige Artikel des Abkommens, aber alle froren, und so begnügten sie sich mit einer schnellen Aufzählung der Einzelheiten über die Regalien, die Steuern, die Wegzölle und all das, was einen Vertrag in Kraft setzt. »Lass gut sein, Rudolf«, sagte Baudolino. »Ist doch sowieso alles bloß eine Farce, und je eher wir fertig sind, desto besser.«
    Die vorübergehend Ausgebürgerten kehrten in ihre Stadt zurück, und alle waren wieder da – bis auf Oberto del Foro, der die Schmach dieser Huldigung nicht hatte hinnehmen wollen, denn schließlich war er es gewesen,der Friedrich in die Knie gezwungen hatte, weshalb er an seiner Statt die Bürger Anselmo Conanzi und Teobaldo Guasco als nuncii civitatis geschickt hatte.
    An Baudolino vorbeidefilierend, legten die nuncii des neuen Caesarea den förmlichen Treueid ab, wenngleich in einem so grauenhaft schlecht ausgesprochenen Latein, dass man, hätten sie hinterher behauptet, das Gegenteil geschworen zu haben, sie nicht hätte widerlegen können. Was die anderen betraf, so trotteten sie hinterher, winkten müde, um einen Gruß anzudeuten, und brummelten etwas wie: »Grüß dich, Baudolino, wie geht's, Baudolino, hallo, Baudolino, altes Haus, alles noch gut beinander, hä?« Der alte Gagliaudo knurrte im Vorbeigehen, dies sei keine seriöse Veranstaltung, aber er hatte das Feingefühl, seinen Hut zu ziehen, und wenn man bedachte, dass er ihn vor seinem Nichtsnutz von Sohn zog, war das eine größere Huldigung, als wenn er dem Kaiser Friedrich die Füße geküsst hätte.
    Kaum war die Zeremonie vorüber, entfernten sich sowohl die Lombarden als auch die Teutonen so rasch wie möglich, als ob sie sich schämten. Baudolino folgte seinen Landsleuten in die Stadt, und dabei hörte er, wie einige sagten:
    »Aber nun schau bloß mal, was für eine schöne Stadt!«
    »Aber findest du nicht, sie

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