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Baudolino - Eco, U: Baudolino

Titel: Baudolino - Eco, U: Baudolino Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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nicht dieses runde Ding, das auch du auf dem Hals hast, aber eben er nicht? «
    »Was heißen bemerkt?«
    »Gesehen, mitgekriegt, du weißt schon, was!«
    »Vielleicht du meinen, dass er nicht genauso aussehe wie ich, dass meine Mutter ihn nicht kann verwechseln mit mir. Aber auch du nicht genauso aussehe wie dieser dein Freund hier, weil er Narbe auf Wange und du nicht. Und dein Freund auch verschieden von diesem Mohr da, der schwarz wie einer der Magier, und der wieder iste verschieden von dem andern da mit dem schwarzen Rabbinerbart.«
    »Woher weißt du, dass ich einen Rabbinerbart habe?« fragte Solomon hoffnungsvoll, denn er dachte natürlich sofort an die zehn verstreuten Stämme und sah in diesen Worten einen klaren Hinweis darauf, dass sie hier vorbeigekommen waren oder wenigstens irgendwo in der Nähe lebten. »Hast du jemals andere Rabbiner gesehen?«
    »Ich nicht, aber da hinten in Pndapetzim alle sage Rabbinerbart.«
    Da griff Boron ein: »Lasst es gut sein. Dieser Skiapode kann keinen Unterschied zwischen sich und einem Blemmyer erkennen, sowenig wie wir einen zwischen Porcelli und Baudolino. Denkt doch mal nach, das ist wie bei uns, wenn wir Leuten aus fremden Ländern begegnen. Könnt ihr einen Unterschied zwischen zwei Mohren erkennen?«
    »Ja schon«, sagte Baudolino, »aber ein Blemmyer und ein Skiapode sind nicht wie wir und die Mohren, die wir ja nur sehen, wenn wir zu ihnen hinreisen. Die hier leben alle in derselben Provinz, und er unterscheidet zwischen Blemmyer und Blemmyer, wenn er sagt, dass der, den wir eben gesehen haben, sein Freund ist, aber die anderen nicht. Jetzt hör mir mal gut zu, Gavagai: Du hast gesagt, in dieser Provinz leben Panothier. Ich weiß, was Panothier sind, es sind Leute, die fast so aussehen wie wir, nur haben sie zwei Ohren, die so groß sind, dass sie ihnen bis zu den Knien gehen, und wenn sie frieren, hüllen sie sich in sie ein wie in einen Mantel. Sind so die Panothier?«
    »Ja, wie wir. Auch ich zwei Ohren.«
    »Aber nicht bis zu den Knien, Herrgott!«
    »Auch du viel größere Ohren als dein Freund hier.«
    »Aber nicht wie die Panothier, Himmelnochmal!«
    »Jeder Ohren, wie ihm seine Mutter gemacht.«
    »Aber warum sagst du dann, dass ihr Skiapoden euch nicht gut mit den Blemmyern versteht?«
    »Sie denke schlecht.«
    »In welchem Sinne schlecht?«
    »Sie Christen auf falschem Weg. Sie phantasiastoi . Sie sage richtig wie wir, dass Sohn nicht gleiche Natur wie Vater, weil Vater schon da vor aller Zeit, während Sohn geschaffen von Vater, nicht aus Notwendigkeit, sondern aus Wille. Darum Sohn im Grunde nur Adoptivsohn von Gott, nicht? Blemmys nun sage: Ja, Sohn nicht gleiche Natur wie Vater, aber Sohn Logos, und Logos, auch wenn nur Adoptivsohn von Vater, kann nicht werden Fleisch. Also Jesus nie Fleisch geworden, und was Apostel gesehen, war bloß ... wie sage ... phantasma ...«
    »Bloße Erscheinung, Trugbild.«
    »Genau. Sie sage, nur Phantasma von Gott am Kreuz gestorben, nicht geboren in Bethlehem, nicht geboren von Maria, sondern eines Tages am Fluss Jordan vor Johannes dem Täufer erschienen, und alle gerufen oh! Aber wenn Sohn nicht Fleisch geworden, wie kann er dann sagen, dies Brot mein Leib? Und darum mache Blemmys auch nicht Kommunion mit Brot und burq .«
    »Vielleicht weil sie den Wein, oder wie du ihn nennst, durch ein Röhrchen saugen müssten«, sagte der Poet.
    »Und die Panothier?« fragte Baudolino.
    »Oh, ihnen egal, was Sohn mach, wenn runtersteige auf Erde. Sie nur denke an Heiligen Geist. Sie sage, Christen in Abendland denke, dass Heiliger Geist ausgehe von Vater und Sohn. Sie protestiere und sage, dies ›und Sohn‹ später hinzugefügt und in Credo von Konstantinopolis noch nicht drin gewesen. Für sie Heiliger Geist nur ausgehe von Vater. Sie denke Gegenteil von Pygmäen. Pygmäen sage, Heiliger Geist nur ausgehe von Sohn und nicht von Vater. Panothier hasse vor allem Pygmäen.«
    »Freunde«, sagte Baudolino zu seinen Gefährten gewandt. »Es scheint mir klar zu sein, dass die verschiedenen Rassen, die in dieser Provinz leben, überhaupt kein Gewicht auf die Unterschiede in Körperbau, Farbe und Form legen – während wir ja, wenn wir bloß einen Zwerg sehen,ihn schon als eine Laune der Natur betrachten. Statt dessen legen sie, wie es auch viele unserer Gelehrten tun, großes Gewicht auf die Unterschiede in den Ideen über die Natur Christi oder über die Heilige Dreieinigkeit, von der wir in Paris so oft gehört haben. Das ist

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