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Baudolino - Eco, U: Baudolino

Titel: Baudolino - Eco, U: Baudolino Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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nur Schafe zwischen Ruinen und Ruinen zwischen Schafen? Man hätte mir nicht geglaubt. So habe ich von den mirabilia erzählt, von denen mir erzählt worden war, und habe noch ein paar hinzugefügt, zum Beispiel, dass ich im Lateranpalast einen goldenen und mit Diamanten besetzten Reliquienschrein gesehen hätte, in dem der Nabel und die Vorhaut Unseres Herrn gewesen seien. Alle hingen mir an den Lippen und sagten ein ums andere Mal, wie schade, dass wir an jenem Tag die Römer abschlachten mussten und all diese mirabilia nicht sehen konnten! Nicht anders ist es mir auch später ergangen, in all diesen Jahren habe immer wieder von den Wundern Roms fabulieren hören, in Deutschland und in Burgund und sogar hier in Konstantinopel, bloß weil ich von ihnen gesprochen hatte.«
     
    Inzwischen waren die Genueser zurückgekommen, gekleidet als Mönche, die Glöckchen läutend vor einer Schar düsterer, von Kopf bis Fuß in schmutzig weiße Lumpen gehüllter Gestalten einhergingen. Es war die Familie des Herrn Niketas, seine schwangere Frau mit dem Jüngsten auf dem Arm und die übrigen Söhne und Töchter, höchst anmutige junge Mädchen, eine Reihe weiterer Angehöriger und ein paar Diener. Die Genueser hatten sie durch die Stadt geführt, als wären sie eine Schar von Leprakranken, und sogar die Kreuzpilger waren bei ihrem Anblick rasch zur Seite gewichen.
    »Wie haben sie euch bloß ernst nehmen können?« fragte Baudolino lachend. »Bei den Leprakranken kann ich es ja noch verstehen, aber ihr seht nun wirklich nicht gerade wie Mönche aus!«
    »Mit allem Respekt, diese Kreuzpilger sind eine Bande von Einfaltspinseln«, sagte Taraburlo. »Im übrigen,nachdem wir nun schon so lange hier leben, haben auch wir ein bisschen Griechisch gelernt. Wir haben unterwegs immerzu Kyrieleison pighé pighé vor uns hin gemurmelt, im Singsang, als wär's eine Litanei, und da sind sie beiseite gesprungen, die einen haben sich bekreuzigt, andere haben uns zwei gestreckte Finger entgegengehalten, und wieder andere haben sich an den Sack gefasst.«
    Ein Diener brachte Niketas eine Schatulle, Niketas zog sich in eine Ecke des Raumes zurück, um sie zu öffnen, kam mit ein paar goldenen Münzen zurück und gab sie den Hausherren, die sich überschwänglich bedankten und ihm versicherten, dass er bis zu seiner Abreise nach Belieben über das Haus verfügen könne. Die vielköpfige Familie wurde auf die benachbarten Häuser verteilt, zwischen schmutzige enge Gassen, in die sich kein Lateiner auf der Suche nach Beute hineingetraut hätte.
    Soweit befriedigt, hatte Niketas den Genueser Pevere gerufen, der das höchste Ansehen unter seinen Gastgebern zu genießen schien, und ihm erklärt, dass er, wenn er längere Zeit bei ihnen versteckt bleiben müsse, deswegen nicht auf seine gewohnten Freuden verzichten wolle. Die Stadt brenne zwar, aber im Hafen kämen weiterhin Schiffe an, desgleichen die Boote der Fischer, die ja andernfalls draußen im Goldenen Horn bleiben müssten, ohne ihre Ware entladen zu können. Wenn man Geld habe, könne man die notwendigen Dinge zu einem günstigen Preis bekommen. Was eine annehmbare Küche betreffe, so gebe es unter den soeben Geretteten seinen Vetter Theophilos, der ein ausgezeichneter Koch sei, man brauche sich bloß von ihm sagen zu lassen, welche Zutaten er benötige ... So konnte Niketas am Mittag seinem Gast ein Mahl nach Logothetenbrauch vorsetzen. Es war ein gemästetes Zicklein, gefüllt mit Knoblauch, Zwiebeln und Porree und bestrichen mit einer würzigen Fischtunke.
    »Vor mehr als zweihundert Jahren«, sagte Niketas, »kam hierher nach Konstantinopel, als Gesandter eures Königs Otto, ein Bischof eurer Kirche namens Liutprand, den Basileus Nikephoros zu einem Gastmahl einlud. Es war keine schöne Begegnung, und später erfuhren wir, dassLiutprand einen Bericht über seine Reise verfasst hatte, in dem er uns hiesige Römer als schmutzige, grobe, unkultivierte und schlechtgekleidete Leute beschrieb. Er konnte auch unseren geharzten Wein nicht ertragen, und ihm schienen alle unsere Speisen in Öl zu ertrinken. Aber von einem Gericht sprach er mit Begeisterung, und das war dieses.«
    Baudolino ließ sich das Zicklein schmecken und fuhr fort, auf Niketas' Fragen zu antworten.
     
    »Also, während du unter Soldaten lebtest, hast du schreiben gelernt. Aber lesen konntest du schon?«
    »Ja, aber schreiben ist anstrengender. Zumal in Latein. Denn du musst wissen, wenn der Kaiser Soldaten in ein anderes Land

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