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Baudolino - Eco, U: Baudolino

Titel: Baudolino - Eco, U: Baudolino Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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Panothier mit ihren Ohren schaffen, zum Glück schlügen sie diese ja nicht im Leeren. Somit wären die Panothier für jenen fatalen Moment zu reservieren, in dem die Weißen Hunnen nach Überwindung der ersten Verteidigungslinien in die Stadt eindringen würden. Die Panothier würden sie hoch oben in ihren Felsennestern erwarten, würden sich durch die Luft auf sie stürzen und könnten ihnen die Kehlen durchschneiden, sofern man sie entsprechend gut im Gebrauch eines Messers, sei es auch aus Obsidian, unterwiesen hatte. Die Blemmyer waren nicht gut als Späher verwendbar, da sie zum Ausschauhalten mit dem ganzen Oberkörper aus der Deckung gehen müssten, was unter Kriegsbedingungen einem Selbstmord gleichkäme. Aber passend eingesetzt wären sie als Sturmtruppe nicht zu verachten, denn der Weiße Hunne war gewohnt (nahm man an), auf den Kopf zu zielen, und wenn man plötzlich einen Feind ohne Kopf vor sich hat, ist man zumindest für einen Augenblick ratlos. Genau diesen Augenblick könnten die Blemmyer nutzen, um mit Steinäxten unter die Pferde zu schlüpfen.
    Die Ponkier waren der wunde Punkt in der Kriegskunst des Poeten, denn wie sollte man Leute einsetzen, die den Penis an der Brust haben, also sehr leicht beim ersten Zusammenstoß eins in die Eier kriegen und sich dann wimmernd am Boden wälzen? Allerdings konnte man sie als Späher verwenden, denn wie sich herausgestellt hatte, war dieser Penis so etwas wie der Fühler bei manchen Insekten, insofern er sich bei der geringsten Veränderung des Windes oder der Temperatur aufrichtete und zu vibrieren begann. Infolgedessen könnten sie als Kundschafter im Vorfeld der Truppe eingesetzt werden, und sollten sie dann als erste fallen, sei das eben nicht zu ändern, sagte der Poet, Krieg sei nun mal Krieg und lasse keinen Raum für christliche Nächstenliebe.
    Die Zungenlosen wollten sie zuerst in ihrem eigenen Saft schmoren lassen, denn undiszipliniert, wie sie waren, konnten sie einem Heerführer mehr Probleme bereiten als der Feind. Dann aber wurde beschlossen, dass sie, gehörig mit Peitschenhieben traktiert, in der Etappe arbeiten könnten, etwa indem sie den Jüngsten unter den Eunuchen halfen, sich unter Solomons Anleitung um die Verwundeten zu kümmern, oder indem sie die Frauen und Kinder aller Rassen betreuten und aufpassten, dass sie den Kopf nicht aus ihren Löchern streckten.
    Als sie Gavagai das erste Mal begegnet waren, hatte er auch die Satyrn-die-man-nie-sieht erwähnt, und der Poet nahm an, dass sie mit ihren Hörnern stoßen könnten und auf Bocksfüßen durch die Gegend sprangen, aber auf jede Frage über dieses Volk bekam er nur ausweichende Antworten. Sie lebten im Gebirge, jenseits des Sees (welches Sees?), und niemand hatte sie je gesehen. Formal dem Priester untertan, lebten sie ganz für sich, ohne irgendwelchen Verkehr mit anderen zu unterhalten, und es war, als ob sie gar nicht existierten. Was soll's, sagte der Poet, womöglich haben sie gewundene Hörner mit nach innen oder nach außen gedrehten Spitzen und müssen sich zum Stoßen auf den Rücken legen oder auf alle viere niederlassen. Nein, ehrlich, mit Ziegen kann man nicht Krieg führen.
    »Man kann sehr wohl auch mit Ziegen Krieg führen«,widersprach Ardzrouni und erzählte von einem großen Heerführer, der Fackeln an die Hörner der Ziegen gebunden und diese dann nachts zu Tausenden in die Ebene geschickt hatte, in der die Feinde anrückten, so dass diese glaubten, die Verteidiger hätten eine riesige Armee. Da sie in Pndapetzim über Ziegen mit sechs Hörnern verfügten, würde der Effekt höchst eindrucksvoll sein. »Das mag vielleicht gehen, wenn die Feinde nachts kommen«, meinte der Poet skeptisch. Aber für alle Fälle solle Ardzrouni möglichst viele Ziegen und möglichst viele Fackeln bereithalten, man wisse ja nie.
    Auf der Grundlage dieser Prinzipien, die einem Vegetius oder Frontinus unbekannt waren, wurden die Unterweisungen und die nötige Ausbildung vorgenommen. Die Ebene wimmelte von Skiapoden, die sich darin übten, in ihre nagelneuen Blasrohre zu pusten, angeleitet von dem Porcelli, der jedes Mal gotteslästerlich fluchte, wenn sie das Ziel verfehlten, wobei es ein Glück war, dass er immer nur Jesus Christus anrief, denn für diese Häretiker war der unnütze Gebrauch des Namens von einem, der bloß Adoptivsohn war, keine Sünde. Colandrino kümmerte sich darum, die Panothier ans Fliegen zu gewöhnen, was sie noch nie probiert hatten, aber auf Anhieb so gut

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