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Baudolino - Eco, U: Baudolino

Titel: Baudolino - Eco, U: Baudolino Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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hatten Gavagai an dievorderste Linie geschickt, damit er sie über alles, was geschah, auf dem Laufenden hielt. Der brave Skiapode war davongeflitzt mit dem Kampfruf: »Hoch die allerheiligsten Magier, hoch Pndapetzim!«
    Hinter den Bergen im Osten wurde es bereits hell, als eine von den wachsamen Ponkiern genährte Rauchsäule verkündete, dass die Hunnen am Horizont auftauchten.
    Tatsächlich erschienen sie dort in breiter Front, alle nebeneinander reitend, so dass es von weitem aussah, als ob sie sich gar nicht vorwärts bewegten, sondern nur auf und ab wogten oder zuckten, und so blieb es für eine lange Zeit, die gar nicht aufhören wollte. Dass sie näher kamen, merkte man nur daran, dass nach einer Weile die Hufe ihrer Pferde nicht mehr zu sehen waren, da sie für den fernen Betrachter schon von den Farnen verdeckt wurden, und so ging es weiter bis zu dem Augenblick, als sie kurz vor den im Farn verborgenen Reihen der Skiapoden angelangt waren und man jeden Moment erwartete, dass die braven Einfüßler aufspringen würden. Doch die Zeit verrann, die Hunnen drangen immer tiefer in den Farnwald ein, und langsam dämmerte den Beobachtern, dass dort hinten etwas Sonderbares geschah.
    Während die Hunnen bereits sehr deutlich zu sehen waren und die Skiapoden noch immer kein Lebenszeichen von sich gaben, erhoben sich plötzlich, vor der vereinbarten Zeit, die Giganten, hoch aufragend aus der dichten Vegetation. Doch anstatt die Feinde anzugreifen, stürzten sie sich zwischen die Farne, offenbar in einen Kampf vertieft mit ... ja, wie es aussah, mit den Skiapoden! Baudolino und der Poet konnten aus der Entfernung nicht recht erkennen, was da ablief, aber dank des mutigen Gavagai, der blitzschnell von einem Ende der Ebene zum anderen geflitzt kam, ließen sich die Phasen der Schlacht alsbald Schritt für Schritt rekonstruieren. Aufgrund gattungsgeschichtlicher Prägung ist der Skiapode gewohnt, sich beim Aufgang der Sonne auf den Rücken zu legen und seinen Fuß als Schattenspender über den Kopf zu halten. So hatten es auch die Krieger jener Sturmtruppe getan. Die Giganten, wiewohl nicht allzu schnell von Begriff, hattengemerkt, dass etwas nicht so lief, wie es sollte, und hatten begonnen, sie zum Kampf anzuspornen, aber nach ihrem häretischen Brauch titulierten sie die Skiapoden dabei als verdammte Homoousiasten und Exkremente des Arius.
    »Skiapode gut und gläubig«, jammerte Gavagai, während er das berichtete, »Skiapode mutig und überhaupt nicht feige, aber nicht kann ertragen Beleidigung von häretischem Käsefresser, du das musse verstehen!« Kurzum, zuerst hatte es einen theologischen Streit mit Worten gegeben, dann eine Rauferei mit bloßen Händen, und die Giganten hatten naturgemäß bald die Oberhand gewonnen. Aleramo Scaccabarozzi genannt il Ciula hatte versucht, seine einäugigen Riesen von dieser heillosen Konfrontation abzubringen, aber sie hatten inzwischen das segensreiche Gut des Verstandes verloren und stießen ihn mit Handkantenschlägen zurück, die ihn zehn Meter durch die Luft wirbelten. So merkten sie gar nicht, dass die Hunnen schon über sie gekommen waren, und die Folge war ein Massaker. Es fielen die Skiapoden, es fielen die Giganten, auch wenn einige der letzteren noch versuchten, sich dadurch zu verteidigen, dass sie einen Skiapoden am Fuß ergriffen und wie eine Keule um ihren Kopf schwangen, aber vergebens. Der Porcelli und der Scaccabarozzi warfen sich in das Getümmel, um ihre Truppen wieder zu ordnen, aber sie wurden von den Hunnen umzingelt. Sie wehrten sich tapfer und ließen ihre Schwerter wirbeln, aber sie waren bald von hundert Pfeilen durchbohrt.
    Jetzt sah man die Hunnen immer weiter vordringen, die Farne niedertreten und sich zwischen den Opfern ihres Massakers einen Weg bahnen. Der Boidi und der Cuttica konnten von den zwei Seiten der Ebene aus nicht erkennen, was passierte, und es musste erst Gavagai zu ihnen geschickt werden, damit sie die eigentlich für später vorgesehene laterale Intervention der Blemmyer und der Pygmäen antizipierten. Die Hunnen sahen sich von zwei Seiten attackiert, aber sie hatten eine blendende Idee: Ihre Vorhut preschte über die gefallenen Skiapoden und Giganten hinweg nach vorne, ihre Nachhut zog sich nach hinten zurück, und so liefen die Pygmäen auf der einen Seite und dieBlemmyer auf der anderen unversehens aufeinander zu. Als die Pygmäen nun jene Vogelköpfe aus dem Farnkraut aufragen sahen, ohne etwas von Ardzrounis schöner

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