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Baudolino - Eco, U: Baudolino

Titel: Baudolino - Eco, U: Baudolino Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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Erfindung zu ahnen, riefen sie: »Die Kraniche, die Kraniche!« und im Glauben, ihre ewigen Feinde vor sich zu haben, vergaßen sie die Hunnen und schossen eine Salve von Pfeilen auf die Reihen der Blemmyer. Diese wehrten sich gegen die Pygmäen und riefen, da sie an einen Verrat glaubten: »Tod den Häretikern!« Die Pygmäen glaubten ihrerseits an einen Verrat der Blemmyer, und als sie sich nun von diesen der Häresie bezichtigt hörten, während sie selbst sich als die einzigen Wächter des Glaubens erachteten, riefen sie ihrerseits: »Nieder mit den Phantasiasten!« Die Hunnen fielen über dieses Getümmel her und metzelten ihre Feinde der Reihe nach nieder, während diese einander bekämpften. Gavagai berichtete, er habe gesehen, wie der Cuttica ganz allein versuchte, die Feinde aufzuhalten. Aber dann sei er gestürzt und von ihren Pferden überrannt worden.
    Als der Boidi den Freund aus Alexandria sterben sah, gab er beide Schlachtreihen verloren, sprang auf sein Pferd und versuchte, zu den Nubiern durchzukommen, um sie zu warnen. Aber die Farne behinderten seinen Ritt, so wie sie übrigens auch das Vordringen der Feinde erschwerten. Er erreichte mit Mühe die Nubier, stellte sich hinter sie und spornte sie an, in kompakter Reihe gegen die Hunnen vorzugehen. Doch kaum sahen sie diese, nach Blut dürstend, vor sich, folgten die verdammten Circumcellionen ihrer Natur, sprich: ihrem natürlichen Hang zum Martyrium. Sie dachten, der erhabene Moment des Opfers sei gekommen, und das Beste sei, ihn zu beschleunigen. So knieten sie einer neben dem anderen nieder und riefen: »Töte mich, töte mich!« Die Hunnen konnten es gar nicht glauben, sie zückten ihre kurzen Schwerter und gingen daran, die Circumcellionen zu enthaupten, die sie umdrängten, ihnen ihre Hälse hinhielten und nach der reinigenden Tat verlangten.
    Der Boidi ballte die Fäuste zum Himmel und floh zum Feldherrnhügel, den er gerade noch rechtzeitig erreichte, bevor der Farnwald in Flammen aufging.
    Boron und Kyot hatten nämlich, als sie in der Stadt von der drohenden Invasion hörten, es für gut befunden, die Ziegen zum Einsatz zu bringen, die von Ardzrouni für seine am hellen Tage unnütze Kriegslist bereitgestellt worden waren. Sie hatten die Zungenlosen veranlasst, Hunderte von Tieren mit brennenden Fackeln an den Hörnern in die Ebene zu treiben. Die Jahreszeit war fortgeschritten, die Halme waren schon ziemlich trocken und fingen sofort Feuer. Das Farnmeer verwandelte sich in ein Flammenmeer. Vielleicht hatten Boron und Kyot gedacht, das Feuer würde sich damit begnügen, eine Barriere zu bilden, oder es würde die feindliche Kavallerie zurücktreiben, doch sie hatten die Windrichtung nicht bedacht. Das Feuer gewann rasch an Stärke, breitete sich aber zur Stadt aus. Das kam natürlich den Hunnen zugute, brauchten sie doch nur zu warten, bis das Farnkraut niedergebrannt und die Asche ausgekühlt war, und sie hatten freie Bahn für ihren finalen Galopp. Doch zuerst einmal hielt es sie für mindestens eine Stunde auf. Die Hunnen wussten freilich, dass sie Zeit hatten. Sie begnügten sich damit, an die Ränder des Feuers zu reiten, ihre Bögen zum Himmel zu heben und so viele Pfeile abzuschießen, dass der Himmel verdunkelt wurde, um sie jenseits der Feuerwand niedergehen zu lassen, ohne zu wissen, ob dort noch andere Feinde warteten.
    Einer der Pfeile kam zischend heruntergesaust und bohrte sich in Ardzrounis Hals. Der Getroffene stürzte mit einem erstickten Schrei zu Boden und spuckte Blut. Als er die Hände hob, um sich den Pfeil herauszureißen, sah er, dass sie sich mit weißen Flecken überzogen. Baudolino und der Poet beugten sich über ihn und raunten ihm zu, dasselbe geschehe gerade mit seinem Gesicht. »Siehst du, Solomon hatte recht«, sagte der Poet, »es gibt ein Heilmittel. Vielleicht sind die Pfeile der Hunnen mit einem Gift getränkt, das für dich ein Gegengift ist und die Wirkung der schwarzen Steine aufhebt.«
    »Was kümmert's mich, ob ich weiß oder schwarz sterbe«, röchelte Ardzrouni und starb mit noch unbestimmter Farbe. Doch weitere Pfeile hagelten nun immer dichter, und sie mussten den Hügel verlassen. Sie flohen zur Stadt, undmit versteinertem Gesicht sagte der Poet: »Es ist vorbei, ich habe ein Reich verspielt. Vom Widerstand der Panothier dürfen wir uns nicht allzu viel erwarten. Wir können nur hoffen, dass uns die Flammen noch etwas Zeit lassen. Holen wir unsere Sachen und verschwinden wir hier. Nach Westen

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