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Baudolino - Eco, U: Baudolino

Titel: Baudolino - Eco, U: Baudolino Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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Kaiser, wie er betrübt und aufgebracht in seinem Zimmer hin und her ging, während Rainald von Dassel in einer Ecke wartete, dass er sich beruhigte. Nach einer Weile blieb Friedrich stehen, sah Baudolino in die Augen und sagte: »Junge, du bist mein Zeuge: Ich mühe mich ab, die Städte Italiens unter ein einheitliches Gesetz zu stellen, aber jedes Mal muss ich wieder von vorne anfangen. Vielleicht ist mein Gesetz falsch? Wer sagt mir, ob mein Gesetz richtig ist?« Darauf Baudolino, fast ohne zu überlegen: »Mein lieber Vater, wenn du so zu fragen anfängst, kommst du an kein Ende mehr, dabei gibt es den Kaiser doch gerade deswegen. Er ist nicht Kaiser, weil er die richtigen Ideen hat, sondern die Ideen sind richtig, weil er sie hat, und basta!« Friedrich sah ihn verdattert an, dann sagte er zu Rainald: »Dieser Junge sagt die Dinge besser als ihr alle! Wenn seine Worte jetzt noch in gutes Latein gesetzt wären, klängen sie ganz wunderbar.«
    » Quod principi placuit legis habet vigorem – was dem Fürsten gefällt, hat Gesetzeskraft«, sagte Rainald von Dassel. »Ja, das klingt sehr weise und unumstößlich. Aber es müsste im Evangelium geschrieben stehen, wie soll man sonst alle Welt dazu bringen, diese schöne Idee gutzuheißen?«
    »Wir haben ja gesehen, was in Rom passiert ist«, sagte Friedrich, »wenn ich mich vom Papst salben lasse, akzeptiere ich damit, dass seine Macht größer ist als meine, und wenn ich den Papst am Kragen packe und in den Tiber werfe, gelte ich als eine Geißel Gottes, die nicht einmalein Attila gutheißt. Wo zum Teufel finde ich jemanden, der meine Rechte definieren kann, ohne zu beanspruchen, dass er über mir steht? So jemanden gibt es in der ganzen Welt nicht.«
    »Vielleicht gibt es keine solche Macht«, sagte Baudolino, »aber es gibt das Wissen.«
    »Wie meinst du das?«
    »Als Bischof Otto mir erklärte, was ein Studium ist, sagte er, dass diese Gemeinschaften von Meistern und Schülern aus eigener Kraft funktionieren, die Schüler kommen von überall in der Welt, gleichgültig, wer ihr Souverän ist, und sie bezahlen ihre Meister, die daher nur von den Schülern abhängig sind. So läuft es bei den Magistern der Rechtswissenschaft in Bologna, und so läuft es jetzt auch in Paris, wo die Magister zuerst in der Kathedralenschule lehrten und daher vom Bischof abhängig waren, aber dann sind sie eines schönen Tages auf den Berg der heiligen Genoveva gezogen, und dort suchen sie nun nach der Wahrheit und lehren, ohne dabei auf den Bischof oder den König zu hören.«
    »Wenn ich ihr König wäre, würd' ich's sie schon lehren. Aber angenommen, es wäre so?«
    »Es wäre so, wenn du ein Gesetz machtest, in dem du anerkennst, dass die Magistres von Bologna wirklich unabhängig von jeder anderen Macht sind, sowohl von dir wie vom Papst wie von jedem anderen Souverän, allein dem Recht verpflichtet. Sobald sie mit dieser Würde ausgestattet sind, die auf der Welt einzigartig ist, werden sie erklären, dass – gemäß der Vernunft, der Natur und der Tradition – das einzige Recht nur das römische ist und der einzige, der es repräsentiert, der Kaiser des Heiligen Römischen Reiches – und dass natürlich, wie es Herr Rainald so schön gesagt hat, quod principi placuit legis habet vigorem .«
    »Und warum sollten sie das sagen?«
    »Weil du ihnen dafür das Recht gibst, es sagen zu dürfen , und das ist nicht wenig. So bist du zufrieden, und sie sind zufrieden, und wie mein Vater Gagliaudo immer sagte, ihr beide sitzt in einer Tonne aus Eisen.«
    »Sie werden nicht bereit sein, so etwas zu tun«, murmelte Rainald.
    »O doch«, erwiderte Friedrich, »ich sage dir, sie werden bereit sein. Allerdings müssen sie zuerst diese Erklärung abgeben, und erst dann gebe ich ihnen die Unabhängigkeit, sonst würden alle denken, sie hätten es als Gegenleistung für eine Gabe von mir getan.«
    »Also ich denke, wenn jemand sagen will, dass ihr euch abgesprochen habt, dann wird er das trotzdem sagen«, kommentierte Baudolino skeptisch. »Aber ich möchte den sehen, der sich zu sagen getraut, dass die Doktoren in Bologna keinen Pfifferling wert seien, nachdem sogar der Kaiser hingegangen ist, um sie demütig nach ihrer Meinung zu fragen. Von diesem Moment an ist ihr Wort das Evangelium.«
    So verlief die Sache dann wirklich, noch im selben Jahr in Roncaglia, wo zum zweiten Mal ein großer Reichstag stattfand. Für Baudolino war es zunächst ein großes Spektakel. Wie Rahewin ihm erklärte –

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