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Baudolino - Eco, U: Baudolino

Titel: Baudolino - Eco, U: Baudolino Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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Nichtsnutz, Vater«, sagte er, »ich kann kein Blut sehen und wollte mir die Hände nicht schmutzig machen, ich wollte weitere Tote vermeiden, und schau, was für ein Gemetzel ich angerichtet habe, all diese Toten habe ich auf dem Gewissen!«
    »Wirklich ein Jammer, dass dein Plan durchkreuzt worden ist!« antwortete Friedrich, der eher betrübt als zornig schien. »Denn – aber sag das niemandem weiter – diesen Vorwand hätte ich gut gebrauchen können. Ich habe neue Nachrichten bekommen: Die Liga rührt sich, vielleicht werden wir schon morgen an zwei Fronten kämpfenmüssen. Dein Sankt Peter hätte die Soldaten überzeugt, aber jetzt sind zu viele gestorben, und meine Barone wollen Rache. Sie sagen, es sei der richtige Zeitpunkt, denen in der Stadt eine Lektion zu erteilen, man habe sie ja nur anzusehen brauchen, als sie herauskamen: Sie waren magerer als wir und boten wirklich die letzten Kräfte auf.«
    Es war inzwischen Karsamstag. Die Luft war lau, die Felder schmückten sich mit Blumen, die Bäume schlugen aus. Alle waren traurig wie bei einem Begräbnis, die Kaiserlichen, weil jeder sagte, es sei jetzt Zeit zum Angriff, aber keiner angreifen wollte, und die Alexandriner, weil sie besonders nach der Anstrengung des letzten Ausfalls den Kopf im siebenten Himmel trugen und den Bauch in Kniehöhe zwischen den Beinen. So geschah es, dass sich der produktive Geist Baudolinos wieder an die Arbeit machte.
    Er ritt aufs neue zur Mauer und fand den Trotti, den Guasco und die anderen Anführer ziemlich niedergeschlagen. Auch sie wussten von der Ankunft der Liga, aber sie hatten aus sicherer Quelle gehört, dass die verschiedenen Kommunen sehr geteilter Meinung über das weitere Vorgehen waren und nicht wussten, ob sie Friedrich wirklich angreifen sollten.
     
    »Denn es ist eine Sache – beachte das gut, Kyrios Niketas, dies ist eine sehr subtile Unterscheidung, die zu begreifen die Byzantiner vielleicht nicht subtil genug sind –, es ist eine Sache, sich zu verteidigen, wenn der Kaiser einen belagert, und eine andere, dem Kaiser aus eigenem Antrieb eine Schlacht zu liefern. Anders gesagt, wenn dein Vater dich mit dem Gürtel verprügelt, hast du das Recht zu versuchen, ihm den Gürtel aus der Hand zu reißen – und das ist Verteidigung –, aber wenn du die Hand gegen deinen Vater erhebst, dann ist das Vatermord. Und wenn du es einmal entschieden am Respekt gegenüber dem Kaiser des Heiligen Römischen Reiches hast fehlen lassen, was bleibt dir dann noch, um die italienischen Kommunen zusammenzuhalten? Verstehst du, sie hatten zwar gerade die Truppen Friedrichs in der Luft zerfetzt, aber sie akzeptierten ihnweiter als ihren einzigen Herrn, oder anders gesagt, sie wollten ihn nicht zwischen den Füßen haben, aber wehe, wenn es ihn nicht mehr gäbe: sie würden einander die Köpfe einschlagen, ohne überhaupt noch zu wissen, ob sie Gutes oder Böses taten, denn das Kriterium zur Unterscheidung von Gut und Böse war letzten Endes der Kaiser.«
     
    »Daher wär's das beste«, meinte Guasco, »wenn Friedrich jetzt die Belagerung Alexandrias abbrechen würde, und ich versichere dir, die Kommunen würden ihn nach Pavia durchlassen.« Aber wie konnte man ihm ermöglichen, sein Gesicht zu wahren? Mit einem Zeichen vom Himmel hatte man's schon versucht, die Alexandriner hatten einen schönen Erfolg erzielt, aber nun waren sie wieder am gleichen Punkt wie zuvor. Vielleicht sei die Idee mit Sankt Peter ein bisschen zu ambitioniert gewesen, gab Baudolino zu bedenken, und außerdem sei eine Vision oder Erscheinung, wie immer man's nennen wolle, etwas Wirkliches und zugleich Unwirkliches, und am nächsten Tag sei es leicht, sie abzuleugnen. Und schließlich, wozu die Heiligen bemühen? Diese Söldner da seien Leute, die nicht mal an Gottvater glaubten, das einzige, woran sie glaubten, sei ein voller Bauch und ein steifer Schwanz ...
    »Mal angenommen«, sagte da der alte Gagliaudo mit jener Weisheit, die – wie jeder weiß – der Herrgott nur den Seinen verleiht, »mal angenommen, die Kaiserlichen fangen eine von unseren Kühen und finden sie so voller Getreide, dass der Bauch fast platzt. Dann werden der Barbarossa und seine Leute doch denken, wir hätten noch so viel zu essen, dass wir noch ewig und in sculasculorum standhalten könnten, und dann sind es die Herren selbst und die Soldaten, die sagen, lasst uns hier abziehen, sonst sind wir nächstes Ostern noch hier ...«
    »So eine dumme Idee hab ich noch nie gehört«,

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