Baudolino
glaubten, die Verteidiger hätten eine riesige Armee. Da sie in Pndapetzim über Ziegen mit sechs Hörnern verfügten, würde der Effekt höchst eindrucksvoll sein. »Das mag vielleicht gehen, wenn die Feinde nachts kommen«, meinte der Poet skeptisch. Aber für alle Fälle solle Ardzrouni möglichst viele Ziegen und möglichst viele Fackeln bereithalten, man wisse ja nie.
Auf der Grundlage dieser Prinzipien, die einem Vegetius oder Frontinus unbekannt waren, wurden die Unterweisungen und die nötige Ausbildung vorgenommen. Die Ebene wimmelte von
Skiapoden, die sich darin übten, in ihre nagelneuen Blasrohre zu pusten, angeleitet von dem Porcelli, der jedesmal gotteslästerlich fluchte, wenn sie das Ziel verfehlten, wobei es ein Glück war, daß er immer nur Jesus Christus anrief, denn für diese Häretiker war der unnütze Gebrauch des Namens von einem, der bloß
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Adoptivsohn war, keine Sünde. Colandrino kümmerte sich
darum, die Panothier ans Fliegen zu gewöhnen, was sie noch nie probiert hatten, aber auf Anhieb so gut konnten, daß es schien, als habe der Herrgott sie zu nichts anderem erschaffen. Es war schwierig, ungestört durch die Straßen von Pndapetzim zu spazieren, denn immer wenn man am wenigsten darauf gefaßt war, fiel einem ein Panothier auf den Kopf, aber alle hatten den Gedanken akzeptiert, daß man sich auf einen Krieg vorbereitete, und niemand beschwerte sich. Am glücklichsten von allen waren die Panothier selbst, sie waren so überrascht und hingerissen von ihrer niegeahnten Fähigkeit, daß sogar die Frauen und Kinder bei dem Unternehmen mitmachen wollten, was der Poet großmütig gestattete.
Aleramo Scaccabarozzi genannt il Ciula bildete die Giganten im Ergreifen und Schütteln der Pferde aus, aber die einzigen am Ort verfügbaren Pferde waren die der Magier, und nach zwei oder drei Versuchen drohten sie, ihre Seele Gott zu befehlen, so daß man auf Esel zurückgreifen mußte. Das erwies sich als besser, denn die Esel schlugen laut protestierend aus, sie waren schwieriger im Genick zu packen als ein galoppierendes Pferd, und so wurden die Giganten bald Meister in dieser Kunst.
Allerdings mußten sie auch lernen, tief gebückt durch das Farnkraut zu laufen, so tief, daß sie nicht von den Feinden gesehen wurden, und viele von ihnen beschwerten sich, weil ihnen nach jeder Übung der Rücken weh tat.
Der Boidi trainierte die Pygmäen, denn ein Weißer Hunne ist kein Kranich, und sie mußten lernen, mitten zwischen die Augen zu zielen. Der Poet instruierte persönlich die Nubier, die nichts anderes erwarteten, als im Kampf zu sterben, Solomon suchte nach giftigen Tinkturen und probierte immer wieder, eine Pfeilspitze damit zu tränken, aber einmal gelang es ihm nur, ein Kaninchen für kurze Zeit einzuschläfern, und ein andermal brachte er ein Huhn zum Fliegen. Macht nichts, sagte der Poet,
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ein Weißer Hunne, der für die Dauer eines Benedicite einschläft oder aufgeregt mit den Armen zu rudern beginnt, ist schon ein toter Hunne, also nicht verzagen.
Der Cuttica bemühte sich, den Blemmyern beizubringen, unter ein Pferd zu schlüpfen und ihm mit einer Steinaxt den Bauch aufzuschlitzen, aber das mit Eseln zu üben, war eine Strafe.
Was schließlich die Ponkier anging, die ja zum
Kundschafterdienst gehören sollten, so kümmerten sich Boron und Kyot um ihre Ausbildung.
Baudolino berichtete dem Diakon von ihren Bemühungen, und der junge Mann schien wie neugeboren. Er ließ sich mit
Erlaubnis der Eunuchen auf den äußeren Umgang des Turms führen und beobachtete von oben die Truppen bei ihren
Übungen. Er sagte, er wolle lernen, sich auf ein Pferd zu setzen, um seine Untertanen zu führen, aber gleich darauf erlitt er einen Schwächeanfall, vielleicht wegen der allzu großen Erregung, und die Eunuchen brachten ihn zurück in den Thronsaal, wo er erneut in tiefe Trübsal versank.
In jenen Tagen war es, daß Baudolino sich ein bißchen aus Neugier, ein bißchen aus Langeweile fragte, wo eigentlich die Satyrn-die-man-nie-sah leben mochten. Er fragte alle danach, einmal sogar einen der Ponkier, deren Sprache ihm nie zu entschlüsseln gelungen war. Der Befragte antwortete: »Prug frest frinss sorgdmand strochdt drhds pag brlelang gravot chavygny rusth pkalhdrcg«, und das war nicht viel. Sogar Gavagai blieb im vagen. »Dort oben«, sagte er und deutete auf eine bläuliche Hügelkette im Westen, hinter der sich in der Ferne die Berge abzeichneten, aber dorthin sei er nie
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