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Bauern, Bonzen und Bomben

Titel: Bauern, Bonzen und Bomben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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Bürgermeister Gareis so getadelte ›Chronik‹ als erste schon vor Tagen auf den Boykott und das ausfallende Fahrturnier aufmerksam gemacht hat. Ich bin damals bei Ihnen gewesen, Herr Bürgermeister, und Sie haben mir gesagt: Das ist Schwindel, das Reitturnier bleibt in Altholm. Nun hat die ›Chronik‹ nicht geschwindelt, sondern …
    Also, meine Herren, wir haben schon damals bei den Gastwirten |283| Rundfrage gehalten nach dem Schaden, der durch den Ausfall des Turniers entsteht. Wir haben die uns mitgeteilten Zahlen sorgfältig geprüft, wir haben Abstriche gemacht, und wir sind doch auf die horrende Zahl von einundzwanzigtausend Mark gekommen. Die hier anwesenden Vertreter der andern Gewerbezweige werden sich sicher auch noch zu diesem Punkte äußern …
    Ja, aber angesichts dieser Tatsachen bin ich nun doch der Ansicht, daß wir uns auf keinen Kampf mit der Bauernschaft einlassen, denn was Herr Bürgermeister vorschlägt, ist doch Kampf.
    Wir haben fast alle Verbindungen mit dem Lande, ich schlage vor, daß wir diese Verbindungen nutzen. Ich schlage vor, daß wir eine Kommission wählen, die die Versöhnung mit der Bauernschaft betreiben soll, und daß diese Kommission sich sofort mit den Bauern an den Verhandlungstisch setzt.«
    Obermeister Besen hat ausgeredet, und Assessor Stein erteilt Herrn Medizinalrat Doktor Lienau das Wort.
    »Meine Herren, da haben Sie den Salat! Wir drei Vertreter des nationalen Gedankens haben gewarnt und gewarnt, aber auf uns hat man natürlich nicht gehört. Da hieß es immer Kompromisse schustern mit den Roten, nun sitzen Sie drin!
    Und nun erleben wir die, gelinde gesagt, starke Zumutung von Herrn Bürgermeister Gareis, daß er uns hier einlädt und unverblümt erklärt: Ja, meine Herren, wir von der Polizei haben den Karren verfahren, nun machen Sie mir Vorschläge, wie er aus dem Dreck zu ziehen ist.
    Ich stelle den Antrag, daß die Versammelten den unerhörten Polizeiterror mißbilligen und der Bauernschaft ihr tiefstes Bedauern aussprechen.«
    »Herr Kaufmann Braun hat das Wort.«
    »Ja, meine Herren, mir ist es ähnlich gegangen wie Herrn Besen. Auch ich war pessimistisch, wurde optimistisch und sehe jetzt alles schwarz. Aber ich möchte mir doch den Vorschlag erlauben, ob man nicht den Antrag von Herrn Bürgermeister mit dem von Herrn Besen verbinden kann, das |284| heißt: Wirkung gegen den Boykott und sofort aufzunehmende Verhandlungen.«
    »Herr Superintendent Schwarz.«
    »Meine sehr verehrten Herren! Ich vertrete hier keine materiellen Interessen. Ich nehme auch an, daß ich nur zu Informationszwecken geladen bin. Aber als Vertreter der Kirche möchte ich doch warnen, den Weg zu betreten, den Herr Bürgermeister Gareis empfiehlt.
    Wir sollen sagen, der Boykott ist wirkungslos, trotzdem wir hier allerseits hören, daß er sehr wirkungsvoll ist. Wir sollen also, zu deutsch gesagt, lügen. Und, meine Herren, es ist doch noch immer so auf der Welt, daß man mit Lügen nur kurze Zeit durchkommt.
    Als Vertreter der Kirche kann ich nur zum Frieden raten. Machen Sie Ihren Frieden mit den Bauern. Meine Herren, der Vorschlag von Herrn Obermeister Besen ist der richtige: Wählen Sie einen Ausschuß, verhandeln Sie mit den Bauern. Und tun Sie auch das, was Herr Medizinalrat Lienau gesagt hat: Sprechen Sie den Bauern Ihr Bedauern aus. Man kann das, ohne Stellung zu nehmen. Die Sache mag liegen, wie sie will, aber menschlich ist sie jedenfalls tief beklagenswert. Sprechen Sie das unverhohlen aus. Das ist keine Schande, da braucht man sich nicht zu schämen.
    Und wenn Sie diesen Weg gehen, dann werden Sie immer der Unterstützung der Kirche sicher sein.«
    »Herr Chefredakteur Heinsius.«
    »Meine hochverehrten Anwesenden! Sehr geehrte Herren! Sie wissen alle, daß ich selten mein Redaktionszimmer verlasse. Der elektrische Funke trägt in die Wände meines Arbeitszimmers Kunde von dem, was in der Welt geschieht, und nur, wenn man stille ist, abseits vom Getümmel und Getriebe der Meinungen, ist das Ohr scharf genug, den Pulsschlag der Zeit abzuhorchen.
    Wenn ich dieses Mal von meiner Gewohnheit abgegangen bin, wenn ich als Vertreter der größten Zeitung Ihrer Vaterstadt in die Arena des Streites hinabsteige und nun selbst zu |285| Ihnen rede, so darum, weil wir vom ersten Tage an die Entwicklung der Dinge mit größter Besorgnis verfolgt haben.
    Schon als die Demonstration erst als ein Projekt erwähnt wurde, haben wir aufgehorcht und gefragt: Was will das werden?
    Und als dann

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