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Bauern, Bonzen und Bomben

Titel: Bauern, Bonzen und Bomben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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erledigt.
    Wir müssen ankämpfen gegen den Unverstand in der eigenen Stadt. Das geht natürlich nicht, daß Kaufmann Schulze, dem seit drei Jahren dreißig unverkäufliche Hosen auf der Stange hängen, zum Kaufmann Schmidt sagt: Dreißig Hosen hab ich nicht verkauft wegen des Bauernboykotts. Und es geht nicht an, daß immer von neuem das Feuer geschürt wird, daß die Presse nicht aufhört, kleine, aufreizende Nachrichten zu bringen oder gar von Polizeiterror zu reden. In der Not muß man zusammenstehen.
    Wir haben hier unter uns Herrn Hauptschriftleiter Heinsius, einen treuen Sohn unserer Stadt Altholm und eifrigen Verfechter vaterländischer Interessen. Ich glaube, er wird mit uns heute einig werden, daß die Heimatpresse erst einmal einen Gürtel des Schweigens um die Ereignisse des sechsundzwanzigsten Juli legt. Sie zucken die Schultern, Herr Heinsius. Ich denke, Sie werden noch mit dem Kopf nicken.«
    Rehfelder ruft: »Stuff! Redakteur Stuff!«
    »Meine Herren, um Redakteur Stuff wollen wir uns doch nicht sorgen. Ich glaube, Sie unterschätzen da die Macht und Einflußsphäre unseres Herrn Heinsius. Wenn Herr Heinsius erklärt: Die bürgerliche Presse schweigt, dann schweigt auch Herr Stuff. – Nun ja, ich schweige ja auch schon, Herr Heinsius.
    Das waren zwei Sachen, die ich vorzuschlagen hätte: Leugnen |281| der Wirkung des Boykotts. Schweigen über den sechsundzwanzigsten Juli.
    Das dritte – nun, meine Herren, wir wollen keinen Boykott gegen die Bauern beschließen. Mögen sie ruhig weiter zu uns auf den Markt kommen. Aber, wenn die Herren Gatten ihren Frau Gemahlinnen vielleicht nahelegen möchten, unsere heimischen Geschäftsleute besonders bei ihren Einkäufen zu berücksichtigen, namentlich auch im Hinblick auf die etwa ausfallenden Bauerneinnahmen … nun, ich bin überzeugt, so ein Hinweis wird schon seine Wirkung tun. Unter uns sind ja natürlich keine Pantoffelhelden, die einen solchen Hinweis vergeblich aussprechen würden …«
    Beifälliges, dankbares Gelächter.
    »Meine Herren, ich sehe fast überall aufgeklärte, heitere Gesichter. Manch Ding ist von weitem schwarz, aber in der Nähe weiß. Einer Sache dürfen Sie sicher sein, der Nachteil, den uns die im Augenblick ausbleibenden Bauern bringen, wird verschwindend sein gegen die Vorteile, die wir auf der andern Seite haben.«
    »Redensarten!«
    »Ich habe schon Verhandlungen angeknüpft mit einer ganzen Reihe von Arbeiterorganisationen. Dort ist man allgemein der Ansicht, daß Altholm für den Boykott durch die Bauern gewissermaßen entschädigt werden muß. Die Arbeiter werden ihre Veranstaltungen bevorzugt in Altholm abhalten.
    Das alles bringt Geld und Leute in Massen hierher. Und demgegenüber spielt es nur eine geringe Rolle, daß das Reitturnier nun wirklich abgesagt ist.
    Ich bitte um Wortmeldungen.«
    Bürgermeister Gareis setzt sich rasch und erwartet mit gesenkten Lidern den Sturm, der nach seiner letzten Mitteilung losbrechen wird.

    |282| 3

    Assessor Stein, das dunkle, bebrillte Männchen, erhebt sich und liest nervös von seinem Zettel ab: »Zuerst hat sich Herr Obermeister Besen zum Wort gemeldet. Ich bitte Herrn Obermeister Besen, das Wort zu ergreifen.«
    Assessor Stein taucht unter in das Durcheinander hin und her fahrender Köpfe. Der Obermeister der Gastwirteinnung erhebt sich im Schmuck seiner weißen Haare. »Ja, meine Herren, was soll ich sagen …?«
    »Wenn du’s nicht weißt, halt’s Maul!«
    »Was soll ich sagen, meine Herren? Da hat uns Herr Bürgermeister Gareis eine schöne Rede gehalten, und ich denke, er hat uns fast alle überzeugt. Ich bin pessimistisch hierhergegangen, es geht der Stadt Altholm schon so schlecht und nun der Bauernboykott, unter dem besonders das Gastwirtsgewerbe zu leiden hat … Aber wie ich die Vorschläge des Herrn Bürgermeisters gehört habe, da habe ich gedacht: Ja, so geht es …
    Ja, meine Herren, aber dann hören wir so ganz nebenbei, daß das Reitturnier abgesagt worden ist. Und da werden uns Aussichten gemacht auf irgendwelche Arbeiterveranstaltungen, sehr ungewisse Aussichten, scheint es auch noch.
    Ich will Herrn Bürgermeister und seiner Partei gewiß nicht zu nahetreten. Aber das wissen wir Gastwirte doch, was Arbeiter auf solchen Veranstaltungen verzehren und was Bauern verzehren. Nein, Herr Bürgermeister, bringen Sie alle Arbeiterorganisationen nach Altholm, das macht dies eine Fahrturnier nicht wett.
    Und ich möchte doch hervorheben, daß die heute von Herrn

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