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Bauern, Bonzen und Bomben

Titel: Bauern, Bonzen und Bomben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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Berlin.«
    Er steht da und schaukelt den massigen Bauch in Weste und Hose. Er lacht.
    »Die Ochsen hier sagen, ich will Oberbürgermeister werden. Gott ja, vielleicht will ich das auch ein bißchen werden, schon um das Verwaltungsgenie, den Niederdahl, zu ärgern. Aber mein Lebtag arbeiten hier in Altholm …? Danke! Ein gemütliches Heim mit Garten und abends Rosen züchten und bei jedem städtischen Etat denselben stinkenden Handel mit den Parteien …? Danke, nein. Berlin!«
    Er läßt sich mit aller Wucht in einen Sessel fallen, der erzittert. »Oder meinethalben auch Duisburg. Oder Chemnitz. Oder ein Dings mit zehntausend Einwohnern vor den Toren von Berlin, das man ankurbeln kann. Aber Altholm? Altholm? Was denken Sie sich eigentlich unter Altholm?«
    »Ich glaube«, sagt der Assessor spitz, »Sie waren heute morgen noch nicht in Ihrem Büro.«
    »War ich auch nicht. Und wenn ich Ihr Gesicht seh, Steinchen, hab ich alle Lust, heute mal die Schule zu schwänzen und ins Land zu fahren. Was meinen Sie, wenn wir uns den Wagen kommen ließen und irgendwo an die See, in die Dünen fahren würden? Baden, Schwimmen. Hinterher irgendwo fressen. Es wird ja noch einen Landgasthof geben, wo sie meine Visage nicht kennen und uns trotz Boykott was zu essen geben. Und dann durch die Nacht ganz sachte nach Haus …«
    »Hier bei uns sind schon längst alle Lampen ausgedreht«, sagt rätselhaft der Assessor.
    »Ich dreh sie wieder an, Steinchen, ich tu’s. Also ist wohl wieder irgendein Mist passiert, den Tag, wo ich weg war. Das ist immer so. Ich brauch nur mal einen Nachmittag Koffer zu |360| packen, gleich schlagen sich die Leute auf dem Marktplatz tot.«
    »Ich würde doch mal rübergehen, Bürgermeister.«
    »Wenn ich weiß, ich muß in Schiet treten, warum denn so eilig? Ist es wieder Bauernschiet?«
    Assessor Stein nickt kummervoll.
    »Wissen Sie, die Bauernsache interessiert mich nicht mehr. Die ist mir so egal. Die ist erledigt. Steinchen, ich war beim Minister. Wir haben alles durchgeklönt, das ist noch ein Mann. Da kriegt man wieder Mut zur Partei, daß das nicht nur Streithammel und Geschäftemacher sind, sondern auch Leute, die was schaffen wollen. Ganz egal, wie. – Nee, der Bauernrummel ist vorbei. Die Herren von der Rechten werden im Landtag ihre Antwort bekommen, und die wird klar sein. Deutlich wird die sein, die fragen nicht wieder. Assessor, der Minister steht hinter uns.«
    »Der Regierungspräsident aber nicht.«
    »Der Temborius? Das Aktenmännchen? Der Paragraphenkuchen, mit Staub bestreut? Was kann der noch wollen, wenn sein Chef entschieden hat?«
    »Wenn der aber vorher entschieden hat?«
    Der Dicke lehnt sich ganz in seinen Sessel zurück, schließt die Augen, dreht die Daumen.
    »Also«, sagt er langsam, »Herr Assessor Stein, dann treten wir mal wieder mit dem Vollgewicht unserer Persönlichkeit in die Scheiße. Was ist los?«
    »Temborius hat geschrieben. An den Magistrat. Auch an Sie. Ihr Brief liegt noch auf Ihrem Platz. Aber der an den Magistrat genügt schon. Höchstes Mißfallen.«
    »Das habe ich schon vorher gewußt.«
    »Frerksen ist seines Postens enthoben.«
    Der Dicke schnellt aus seinem Sessel. »Frerksen enthoben! Das ist unmöglich. Das ist Verrat. Der Verwaltungshengst fällt uns in den Rücken. Die Regierung kriecht vor den Bauern. Die Regierung verrät ihre eigene Polizei. Das geht nicht. Er darf dem Minister nicht vorgreifen!«
    |361| »Er hat es getan.«
    »Schnell, Assessor! Laufen Sie! Den Brief will ich haben. Holen Sie mir meinen Brief. Glauben Sie, ich habe Zeit? Ich will diesem Gesellen in Stolpe zeigen, wer die Nerven hat, wer kämpfen kann, hinter wem die Arbeiterschaft steht … Laufen Sie!«
    Der Assessor kommt schon wieder. Er gibt an Gareis den Brief.
    Der fetzt ihn auf, im Stehen. Der überfliegt ihn. Liest ihn noch einmal. Dann läßt er ihn sinken.
    »Da soll ein Mensch noch arbeiten. Dieses Verwaltungsgenie! Meinen ganzen Laden hat er mit zertöppert. Jetzt, sage ich Ihnen, Assessor, ist der Boykott konsolidiert. Wehe Altholm! Der Regierungspräsident schlachtet dich.«
    Der Dicke wendet sich, geht gegen die Fensterscheiben, starrt hinaus.
    Kommt wieder zurück. »Ziehen Sie doch die Vorhänge zu. Diese pralle Augustsonne ist unerträglich. Also, Assessor, Sie können es ruhig lesen. Herr Regierungspräsident Temborius mißbilligt aufs schärfste. Die Demonstration war zu verbieten. Wenn aber die Polizei vorging, so hätte sie das nach den Richtlinien des

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