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Bauern, Bonzen und Bomben

Titel: Bauern, Bonzen und Bomben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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Apparat? Sie Lump haben dem Gareis verraten, daß Sie den Brief des Regierungspräsidenten von mir haben. Sie sind das größte Schwein von Altholm. Halten Sie die Schnauze. Tun Sie, was Sie wollen. Wegen Erpressung zeige ich Sie an, Sie Revolverjournalist! Ich werde mich an Herrn Gebhardt wenden, über Sie beschweren werde ich mich. Sie sind unmöglich ab heute in Altholm! Sie gemeiner Hund, Sie. Ach was, halten Sie Ihr Maul. Mit Ihnen rede ich schon lange nicht mehr. Schluß!«
    Zwei Minuten später klingelt das Telefon bei den »Nachrichten«.
    »Hier Stuff. Bitte Herrn Gebhardt. Herr Gebhardt selbst? Ja, Herr Gebhardt, der Manzow hat mich eben angerufen. Irgendwer hat dem Gareis verraten, daß ich den Brief von Manzow habe. Ja, den bewußten Brief. Nein, ich habe mit keinem Menschen darüber gesprochen. Nein, bestimmt nicht. Nein, ich habe nicht geschwatzt. Ich habe seit zehn Tagen keinen Tropfen getrunken. Schwierigkeiten?
Ich
mache doch die Schwierigkeiten nicht. Eben, ich muß beobachtet worden sein. Ja, wir müssen einen Spion auf der Redaktion haben. Nein, nicht am Telefon. Wenn Sie aber vielleicht |383| mal Gareis anrufen würden? Man muß den Manzow verhindern, daß er in der ersten Wut zuviel Mist macht. Was für Mist? Gott, Herr Gebhardt, hier gibt es doch überall Mist. Da ist nun schwer zu sagen, was er grade ausgräbt. Ja, ich halte es für das beste. Ja. Danke schön. Guten Abend, Herr Gebhardt.«
    Zehn Minuten später klingelt das Telefon bei Bürgermeister Gareis.
    »Hier ›Nachrichten‹. Gebhardt. Ja, selbst. Ich sehe eben, Herr Gareis, was der Stuff da angerichtet hat. Komme grade von einer Reise zurück. Nein, ich bin empört. Können wir vielleicht mal darüber sprechen? Nein, ich habe auch noch etwas anderes im Sinne. Morgen vormittag um elf? Ja, das wird gehen. Ganz Ihrer Ansicht. Es muß jetzt Ruhe werden. Guten Abend, Herr Bürgermeister.«

|384| FÜNFTES KAPITEL
Es kracht zum zweitenmal
    1

    Thiel in seiner Dachkammer hat am Tage nicht schlafen können. Trotzdem er nackt auf seinen Woilachen im Winkel lag, brach der Schweiß bächeweise aus ihm. Dazu kamen die Gestänke vom Klosett nebenan, schlimmer als je.
    Er war kaputt. Dieses Warten zermürbte. Niemand kam, aber Tausende hatte er kommen gehört, Zehntausende, in jeder Stunde viele. Durch das schlafende, unruhige, knackende, finstere Haus kamen sie heran, schlichen hier, schlichen dort, lachten mit großen weißen Gesichtern im Laternenschein oder standen in dunklen Ecken, regungslos, das Gesicht im Winkel.
    Diese Nächte hatten ihm den Schlaf weggezogen. Wenn jetzt die Spülung nebenan strömte, dann, war er in der Versuchung, aufzuspringen, gegen die Tür zu trommeln, das Dachfenster aufzureißen, auf die Straße zu blöken: Hier der Bombenschmeißer von Stolpe! Zehntausend für den ersten, der oben ist!
    Ganz gegen Abend – im Haus war es schon stiller geworden, und die Setzmaschinen klapperten nicht mehr – war er eingeschlafen, hastig und tot.
    Nun ist ihm, als sei er plötzlich wach geworden von einem Geräusch. Er setzt sich auf und lauscht.
    Es ist ganz dunkel und das Haus völlig still.
    Er brennt ein Streichholz an und sieht auf die Uhr: fast zwölf.
    Dann zieht er eine Hose über (und nichts mehr) und findet auf dem Stuhl an der Tür das von Padberg hingestellte Essen und eine Flasche Mosel.
    Padberg ist also hiergewesen und hat ihn schlafen lassen, |385| nicht geweckt, der Schuft, der elende. Neue vierundzwanzig Stunden, in denen er zu keinem Menschen ein Wort sprechen kann.
    Thiel ißt hastig und lauscht immer wieder. Ihm scheint das Haus Unheils voll, es wartet auf ihn mit all den leeren Zimmern, mit den Arbeitsräumen, die noch angefüllt sind mit den Bewegungen der Menschen, die leben dürfen, während er umhergeht wie ein Traum.
    Dann tastet er sich die Treppe hinab in den Garten.
    Zuerst in den Garten, in die Luft, unter Sterne, zwischen Grün. Er hat seinen Mosel mitgenommen, und hier, auf einem vermanschten Grasplatz, trinkt er ihn.
    Dann steht er wieder auf, er erinnert sich später genau, daß er in dieser Stunde besonders froh und wach und aufgeräumt war, und geht zum Maschinenhaus. Dort, in einem Verschlag, sind zwei Brausen. Er stellt sich unter eine und duscht sich gründlich ab.
    Nun ist ihm ganz wohl. Er nimmt einen Drahthaken von einem Nagel und tändelt damit das Schloß einer Schieblade auf. In der hat der Maschinenmeister allen möglichen Privatkram, auch Zigaretten, und von denen nimmt er sich

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